Die Tochter der Konkubine
Edelsteinen besetzt, andere besaßen Gold - und Silberverzierungen oder waren aus Elfenbein geschnitzt. Doch es gab auch Kunden, die die schlichte Schweineknochenpfeife des einfachen Mannes bevorzugten. Die Schwester saß an der Seite des schlafenden Drachens und hielt schwarzen Swatow-Tee und kühle Handtücher bereit, um seinen Kopf zu klären, wenn die Reise ins Paradies zu Ende war.
27. KAPITEL
Der Taipan
Die Lehrlingsjahre näherten sich ihrem Ende, als Siu-Sing eines Tages allein in die luxuriöse Wohnung der Goldenen gerufen wurde.
Tamiko-san saß an einem Frisiertisch und betrachtete prüfend ihr Gesicht. Bei Siu-Sings Eintreten drehte sie sich um und erwiderte deren Verneigung mit einem Kopfnicken. Die mama-san , die Siu-Sing noch nie ohne die aufwändige Maske ihrer Schminke oder eine ihrer prachtvollen Perücken gesehen hatte, war kleiner und dünner als gedacht.
Die Goldene wandte sich mit einem beifälligen Lächeln vom Spiegel ab. »Wie ich es mir erhofft hatte, bist du von demjenigen, dem du gefallen sollst, erwählt worden. Er hat dich im Lichterpalast beobachtet und dich wesentlich interessanter gefunden als alle anderen. Seine einzige Sorge war, ob du noch Jungfrau bist, und das hat man ihm versichert. Er möchte dir die Ehre zuteil werden lassen, seine Pfeifenmacherin zu werden, aber ich habe ihm gesagt, du seist noch nicht bereit, ihm mehr als das zu sein. Du seist verfügbar, sobald ich deine Ausbildung für abgeschlossen hielte, vielleicht in einem Monat oder zwei. Unterdessen wird er ungeduldig werden, und genau das soll er auch. In dieser Zeit wirst du ihm die Pfeife zubereiten und sicherstellen, dass seine Träume nur von dir begleitet werden.«
Eine Antwort wurde nicht erwartet, und so lauschte Siu-Sing nur pflichtbewusst jedem Wort. Dass sie ohne ihre Zustimmung verkauft werden sollte, bekräftigte ihren Entschluss, die Flucht zu ergreifen.
»Auf dem Anwesen steht ein Sommerhaus, das als meine persönliche
Zuflucht gedacht war, aber er bezahlt mich gut dafür, sie benutzen zu dürfen. Dort wirst du einziehen und ihn erwarten.
Es gibt einfache Regeln, die du nicht vergessen darfst. Stelle ihm niemals Fragen. Was er dich wissen lassen möchte, das wird er dir sagen. Deine Pflichten als Pfeifenmacherin schließen sein Bett nicht mit ein. Tue alles, was in deiner Macht steht, um sein Verlangen zu wecken - bezaubere ihn, fasziniere ihn -, aber widerstehe seiner Umarmung, bis du ihm gehörst. Hast du verstanden?«
Siu-Sing verneigte sich und fragte dann: »Und was, Gütige Mutter, werde ich sein, wenn er im Besitz meines sung-tip ist? Seine Dienerin? Werde ich eine Geliebte, Konkubine oder tai-tai sein? Soll ich ihm Kinder gebären, und falls ja, wo wäre mein Platz in seinem Haushalt?«
Die Goldene sah sie mit ernster Miene an. »Das hat er zu entscheiden und wird von deinem Können abhängen. Wenn du alles hier Gelernte klug einsetzt, kannst du ihm alles sein. Er ist nicht mehr jung und sollte leicht zu verführen sein. Du bist anders als die anderen, Topas. Hast mehr Niveau. In dir sehe ich das Zeug zu einer Meisterin. Das bin ich auch, und ich habe dir gebührenden Respekt gezeigt, indem ich nicht an dir gezweifelt habe. Deshalb setze ich mich einmal darüber hinweg, dass es vertraulich ist, und sage dir, dass er einer der reichsten und gefürchtetsten Taipane Hongkongs ist und aus einem Hakka-Clan von Landbesitzern stammt. Dieser hat sein Vermögen in den fernen Bergen von Yunan mit dem bescheidenen Teebusch gemacht. Und daraus hat sich dann sein internationales Imperium entwickelt.«
Die Goldene ergriff vom kleinen Tisch neben sich ein Goldkästchen, entnahm diesem eine dünne schwarze Zigarette mit einer Goldspitze und klopfte mit dieser auf den Deckel. »Er besitzt einen Großteil des Goldenen Hügels und viel Land in den New Territories, einschließlich der Besatzungsgrenze bei Fanling, die er der britischen Armee verpachtet. Das verschafft ihm großen Einfluss bei den Verhandlungen zwischen den britischen Herrschern Hongkongs und der chinesischen Regierung in Peking.«
Sie lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück und steckte die Zigarette betont sorgfältig in eine lange, schmale Zigarettenspitze aus weißer Jade. »Solch ein Mann hat viele Geheimnisse, bedeutende Freunde an höchster Stelle, was wiederum überaus gefährliche Freunde zur Folge hat. Er heißt Jack ›Teagarden‹ Ching und ist in der Geschäftswelt als J. T. bekannt. Sein Vergnügen sucht er sich weder
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