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Die Tochter der Suendenheilerin

Die Tochter der Suendenheilerin

Titel: Die Tochter der Suendenheilerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Metzenthin
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gebracht? Wenn du nicht willst, dann bleib ein Sklave. Oder stirb. Das wäre wahrscheinlich gnädiger.‹ Er lachte gehässig und hob sein Schwert. In jenem Moment zerriss etwas in mir. Ohne nachzudenken schlug ich ihm die Führleine, die ich noch immer umklammert hielt, ins Gesicht. Er schrie auf, ich packte seinen rechten Arm, riss ihm das Schwert aus der Hand und zog es durch. Ambroise Lacroix stürzte zu Boden. Mit brechendem Blick starrte mich der Sterbende ungläubig an. Sofort zogen die drei anderen ihre Schwerter. Der Mann, der Jamila bislang festgehalten hatte, stieß sein Opfer zu Boden.
    ›Hinter mich!‹, rief ich ihr zu, und sie gehorchte sofort. Lange hatte ich kein Schwert mehr in Händen gehalten, aber die einmal erlernten Bewegungen hatte ich nicht vergessen. In mir glühte der Hass – es war genau so, wie du es beschrieben hast, Karim. Da gab es kein Denken mehr, da gab es nur noch die ungezügelte Wut, die mir ungeahnte Kräfte verlieh.
    Als Hakans Männer kamen, waren Lacroix und zwei seiner Begleiter bereits tot. Der vierte erwischte mich am linken Oberarm. Keine gefährliche Wunde, aber sie blutete heftig. Beim Anblick von Rafiks Wächtern wollte er fliehen. Vergebens, denn einer der Männer war ein hervorragender Bogenschütze, und sein Pfeil traf tödlich. Ich stieß mein Schwert in die Erde und presste die Hand auf die Wunde. Hakan starrte mich an, als hätte er mich noch nie gesehen. Da war immer noch die alte Feindseligkeit im Blick, aber auch etwas anderes. Er hatte Angst, obwohl ich unbewaffnet und blutend vor ihm stand. Jamila hauchte mir ihren Dank ins Ohr. Dann lief sie hastig ins Haus, um sich vor den Blicken der Männer zu verbergen. Was sie an jenem Tag da draußen zu suchen hatte, habe ich nie erfahren. Ich selbst schickte mich an, zu Rafiks Stadthaus zurückzukehren wie jeden Tag, wenn ich die Pferde auf die Weide gebracht hatte. Hakan verfolgte mich mit flackerndem Blick, aber hielt mich nicht auf. Da meine Wunde immer noch blutete, suchte ich Bespina auf und ließ mich von ihr verbinden. Der Überfall hatte sich bereits herumgesprochen. Thomas und Amira stürzten in der kleinen Stube hinter der Gesindeküche auf mich zu. Kurz darauf erschien auch Wakur. Mit finsterer Miene. ›Da hat sich ja die ganze Familie versammelt‹, zischte er. ›Was habt ihr beide hier zu suchen?‹, herrschte er Thomas und Amira an. ›Warum seid ihr nicht bei der Arbeit?‹
    ›Ich erfuhr von Stephans Verwundung‹, antwortete Thomas. ›Ich wollte nach ihm sehen.‹
    ›Ist es schlimm?‹, fragte Wakur. Bespina verneinte.
    ›Da hast du’s gehört – es ist nicht schlimm. Und nun schert euch zurück an die Arbeit, bevor ich euch mit der Peitsche antreibe!‹
    Kopfschüttelnd warf mir Thomas einen langen Blick zu und verließ den Raum. Dermaßen schlecht gelaunt hatten wir Wakur selten erlebt. Wakur wartete, bis Bespina meine Wunde versorgt hatte, dann forderte er mich auf, ihm zu folgen.
    ›Du bist in Schwierigkeiten‹, sagte er. ›Hakan behauptet, du seist gefährlich. Er sitzt beim Herrn und rät ihm, dich zu verkaufen, bevor du hier Unheil anrichtest.‹
    ›Ich dachte, ich hätte Unheil abgewendet.‹
    ›Ich weiß‹, bestätigte Wakur. ›Aber Hakan hasst dich. Sei vorsichtig! Der Herr will dich sehen. Erwarte keine Dankbarkeit!‹
    Zum ersten Mal betrat ich die Wohnräume von Rafik ben Tahir. Hakan stand aufrecht neben der Polsterbank, auf der Rafik wie ein König thronte. Wakur stieß mich kaum merklich an. Ich sollte niederknien. Nun ja, die Übung kannte ich bereits zur Genüge, und es kostete mich keine Überwindung mehr.
    ›Hakan behauptet, du hättest allein gegen vier Männer gekämpft und drei von ihnen getötet, obwohl du unbewaffnet warst. Ist das wahr?‹
    ›Ja.‹
    ›Das hätten nicht viele Männer geschafft. Warst du etwa ein besonders herausragender Krieger unter den Kreuzrittern?‹
    Ich schwieg.
    ›Antworte gefälligst!‹, herrschte Hakan mich an.
    ›Ich war einer unter vielen.‹
    ›Aber dennoch wurdet ihr vernichtet. Dem Sturm des Islam und dem Schwert des Sultans vermag sich niemand zu widersetzen‹, höhnte Hakan.
    Ich schwieg erneut, dafür ergriff Wakur das Wort. ›Damit hast du doch selbst die Antwort gegeben, Hakan. Niemand kann sich uns widersetzen, und das hat er auch nicht getan, sondern das Eigentum und die Ehre der Tochter seines Herrn verteidigt.‹
    ›Dennoch ist er eine Gefahr!‹, schrie Hakan. ›Er ist ein unberechenbares Raubtier, das du

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