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Die Tochter der Wälder

Die Tochter der Wälder

Titel: Die Tochter der Wälder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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Der Rote bat mich, mich hinzusetzen und einen Kelch zu nehmen, aber ich trank nur einen Schluck oder zwei. Mein Magen war immer noch unruhig, und ich war sehr müde. Und es waren zu viele Menschen hier, zu viel Licht, zu viele Geräusche. Ich wollte nur eine Weile allein sein und mich ausruhen. Und dann wollte ich einen Spinnrocken und eine Spindel und einen Webstuhl und Zeit, viel Zeit.
    »Sie hat nicht viel zu sagen, wie?« meinte die Mutter des Roten. »Kann sie sich nützlich machen?«
    Der Rote verzog den Mund zu einem Lächeln, das seine Augen nicht so recht erreichte.
    »Ich denke, du wirst feststellen, dass Jenny sich recht gut selbst beschäftigen kann«, sagte er. »Sie ist sehr geschickt mit Nadel und Faden. Aber sie wird hier nicht arbeiten; ich erwarte, dass ihr Frauen sie als euresgleichen aufnehmt.«
    »Ich bin entsetzt, dass du das von mir erwartest, Junge. Vielleicht hatte ich über alle Hoffnung hinaus gehofft, dass du Simon sicher nach Hause bringen würdest. Stattdessen bringst du den Feind, der ihn getötet hat, und bittest mich, aus diesem Feind einen Freund zu machen.« Unter der Maske der Höflichkeit war sie wütend auf ihn.
    Der Rote sah erst sie an und dann mich. »Jenny sagt nichts«, meinte er, »weil sie nicht sprechen kann. Aber du wirst feststellen, dass sie sich sehr gut verständlich machen kann. Und sie versteht alles, was du sagst.« Mit dieser Antwort, die eigentlich keine Antwort war, musste sie sich zufrieden geben, aber steile Falten standen auf ihrer Stirn, und ich erkannte das Ausmaß des Ärgers in ihrem Blick.
    »Du lässt uns keine Wahl«, sagte sie resigniert.
    Ich musste an Simon denken und was er über seine Familie erzählt hatte. In dieser Geschichte von zwei Brüdern war der Jüngere nie so recht gut genug gewesen, nie ganz dasselbe wie der Ältere. Warum hatte er geglaubt, dass sie ihn nicht liebten? Selbst abwesend stand er zwischen dieser Mutter und ihrem Sohn – so lebendig, als wäre er tatsächlich hier.
    Das Gespräch wandte sich sicheren Themen zu. Sie sprachen vom Landsitz, von Vieh und Ernte und von ihren Bauern. Der Rote stellte eine Frage nach der anderen; er schien begierig danach, die Zügel des Haushalts wieder aufzunehmen. Ich schweifte in Gedanken ab und erlebte noch einmal jene Tage, als Simon sich unter meiner Obhut befand, erinnerte mich an die langen Geschichten, die ich ihm erzählt hatte, die fiebrigen, dämonenerfüllten Nächte, das langsame Heilen von Geist und Körper. Ich erinnerte mich an sein Messer an meiner Kehle; ich erinnerte mich an seine Tränen wilden Selbsthasses. Diese geistigen Bilder waren stark; ich sah kaum mehr, was um mich herum vorging. Außerdem wurde ich müde vom Wein und von dem langen Tag, also zuckte ich regelrecht zusammen, als ich etwas Kaltes, Feuchtes an meinem Fußknöchel spürte. Ich spähte nach unten. Unter der Bank, auf der ich saß, kam eine sehr kleine, ziemlich alte, graue Hündin hervor, die mit traurigen, verquollenen Augen zu mir aufstarrte und leicht ächzte. Ich bückte mich und streckte ihr die Hand zum Schnuppern hin; sie bebte und streckte dann eine kleine rosa Zunge zu einem Begrüßungslecken heraus. Dann ließ sie sich seufzend auf meinen Füßen nieder, als wollte sie lange dort bleiben. Ich unterdrückte ein Gähnen.
    »Du bist müde«, sagte der Rote zu mir. »Die Frauen meiner Mutter werden dir einen Schlafplatz suchen. Es war ein langer Tag.« Ungelenk kam er wieder auf die Beine.
    »Dein Bein«, sagte seine Mutter, der zum ersten Mal auffiel, dass er verletzt war. »Was ist mit deinem Bein?«
    »Ach, nichts weiter«, meinte der Rote, wie ich schon vorhergesehen hatte. »Ein kleiner Schnitt. Mach dir deshalb keine Sorgen.« Er warf mir einen Blick zu, sah meine Miene, und ich bemerkte das leichte Zucken seines Mundwinkels, das bei einem anderen Mann ein unterdrücktes Lächeln sein mochte. Seine Mutter beobachtete uns, und ihr Stirnrunzeln vertiefte sich.
    »Megan«, rief sie. Eine junge Frau mit wirren, braunen Locken trat vor und machte eine Art Knicks.
    »Finde eine angemessene Kammer für … für … unseren Besuch, Megan«, sagte die Dame des Hauses, und es klang sehr danach, als müsse sie sich zu diesen Worten zwingen. »Bring ihr Waschwasser und etwas Einfaches zu essen. Zeig ihr, wo sie uns am Morgen finden wird.«
    »Jawohl, Lady Anne«, erwiderte Megan, knickste abermals und schlug bescheiden den Blick nieder. Aber als wir die Halle verließen, ich in ihrem Gefolge und

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