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Die Tochter der Wälder

Die Tochter der Wälder

Titel: Die Tochter der Wälder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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erstreckte sich das Schweigen länger. Ich schauderte. Ich dachte, sie müssten mich alle ansehen und sich fragen, wer ich war und wohin ich gehörte. War es einfach ein blinder Schlag gewesen, hatte er nur geraten? Wie war es möglich, dass Richard über die Wahrheit gestolpert war?
    »Das wäre wirklich herzzerreißend, sieben Kinder auf einmal zu verlieren«, sagte Margery leise. »Es könnte einen Mann um den Verstand bringen.«
    »Ich würde es meinem schlimmsten Feind nicht wünschen«, meinte Lady Anne. »Aber es tut mir weh, dass du so über Simons Schicksal spottest, Richard. Ich hoffe, du wirst versuchen, noch mehr über seinen Verbleib zu erfahren, wenn du dorthin zurückkehrst. Ich kann nicht glauben, dass es keine Spuren von ihm gab. Auch wenn es das ist, was Hugh mir sagt.«
    Richards Miene nahm einen Ausdruck brüderlicher Besorgnis an. »Selbstverständlich werde ich Nachforschungen anstellen«, sagte er. »Ich habe ein hervorragendes Netzwerk von Informanten, die mir auch dienen, wenn ich weit von dieser Region entfernt bin. Du wärest überrascht, was ich alles höre. Aber ich denke, du musst begreifen, Schwester, dass die Häuptlinge von Eire so brutal sind wie ihre Kämpfer. Sie geben nichts auf Gefangene, nachdem diese erst einmal ihren … ihren Zweck erfüllt haben. Und Simon war noch sehr jung. Ich denke, nach so langer Zeit solltest du nicht viel mehr erwarten. Wenn es denn, wie du sagst, ein Zeichen, einen Hinweis gegeben hätte …«
    Wieder sah er mich an, ein dünnes Lächeln auf den Lippen.
    »Ich habe dich vielleicht nicht richtig verstanden, Onkel«, sagte der Rote leise. »Willst du damit andeuten, wenn man meinen Bruder gefangen genommen und gefoltert hätte, wäre er nicht imstande gewesen, dem zu widerstehen? Es tut mir Leid, dass ich so offen davon spreche, Mutter«, fügte er hinzu, »vielleicht sollten wir uns unter vier Augen unterhalten«, meinte er dann, wieder zu seinem Onkel gewandt.
    »Das ist nicht nötig, mein Junge«, meinte Richard freundlich. »Wir sind hier alle Freunde. Von der kleinen Jenny vielleicht einmal abgesehen, die eine solch einzigartige Stellung in deinem Haushalt hat, dass ich einfach nicht herausfinden kann, welche. Und sie kann nicht sprechen, daher brauchen wir uns keine Sorgen darüber zu machen, was sie hört, oder?«
    »Simon mag ein fehlgeleiteter junger Mann gewesen sein«, warf John ein, »aber niemand hätte je behaupten können, dass es ihm an Rückgrat fehlt. Seine Willenskraft war für einen so jungen Mann beeindruckend.« Das entsprach der Wahrheit, dachte ich und erinnerte mich an die Verzweiflung in diesen blauen Augen, an den Hass, den er gegen sich selbst gewandt hatte. Er konnte es nicht ertragen, sich für einen Verräter zu halten. Ich war überzeugt, dass er auch keiner war.
    »Er war erst sechzehn«, sagte Lady Anne. »Wir wissen, aus welchem Stoff er gemacht war; ich muss dich nur ansehen, Hugh, um ihn wieder vor mir zu haben. Aber er war bei allem Mut und aller Entschlossenheit mein Junge. Vielleicht war es mehr, als er ertragen konnte.« Ihre Stimme war heiser von ungeweinten Tränen.
    »Das ist reine Spekulation«, sagte Ben mit leichtem Stirnrunzeln. »Außerdem würde es sich kein irischer Lord erlauben, einen solchen Gefangenen entkommen zu lassen. Was ist mit dem Lösegeld? Und sie würden sich schon denken können, wer er war, ob er es ihnen gesagt hat oder nicht. Es ist einfach unsinnig.«
    Richard schritt anmutig durchs Zimmer. Er ließ sich Zeit, bevor er wieder sprach, als wolle er seine Worte sorgfältig abwägen. »Es ist nicht abzustreiten«, meinte er schließlich, »dass alle meine Männer getötet wurden. Jeder Einzelne von ihnen. Außer Simon. Wieso sollte der Feind so etwas tun? Zweifellos hat man das Leben des Jungen nicht bewahrt, weil man wusste, wer er war, denn es wurde niemals Lösegeld gefordert. Hat er einfach seine Kameraden aus Furcht verlassen und ist verschwunden? Kaum. Außerdem dürfte es ihm schwer gefallen sein, sich einfach unter dieses Volk aus schwarzhaarigen, bleichgesichtigen Fanatikern zu mischen. Und wie ihr schon sagt, was immer seine Fehler sein mögen, der Junge hatte überdurchschnittlichen Mut. Und daher ist es alles andere als Spekulation, darüber nachzudenken, dass sie es aus ihm herausgezwungen haben – jene Information, die seine Kameraden verriet und den Feind in der Nacht zu ihnen führte. Aber wir dürfen ihm keine Schuld geben. Wie du sagst, Schwester, er war kaum

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