Die Tochter der Wälder
meinem Garten gearbeitet«, sagte ich. »Ich erwartete nicht, gerufen zu werden.«
»Hmm«, sagte sie, und ihr Blick glitt von meinem zerzausten Haar zu den schmutzigen Füßen. »Und du bist schon beinahe dreizehn. Das kommt davon, wenn man in einem Haus voller Jungen aufwächst, nehme ich an. Aber das werden wir alles ändern, meine Liebe. Wie enttäuscht deine Mutter gewesen wäre, dich so verwildert zu sehen, und das an der Schwelle deines Lebens als Frau! Es ist gut, dass sie nicht hier ist und sieht, wie sehr deine Erziehung vernachlässigt wurde.«
Ich war zutiefst beleidigt. »Sie wäre nicht enttäuscht!« sagte ich zornig. »Unsere Mutter hat uns geliebt, sie hat uns vertraut. Sie hat meinen Brüdern gesagt, sie sollten sich um mich kümmern, und das haben sie getan. Vielleicht entspreche ich nicht deiner Vorstellung einer Lady, aber …«
Sie unterbrach mich mit einer Kaskade ihres Lachens und legte mir den Arm um die Schultern. Ich spannte mich bei der Berührung an.
»O meine Liebe«, schnurrte sie, »du bist so jung. Selbstverständlich verteidigst du deine Brüder, und ich nehme an, sie haben getan, was sie konnten. Aber sie sind immerhin nur Jungen, und nichts ersetzt die Hand einer Frau, meinst du nicht auch? Und es ist nie zu spät, damit anzufangen. Wir haben noch ein Jahr oder zwei, bevor wir an eine Verlobung denken können. Wir müssen deine Manieren aufpolieren, und auch dein Aussehen.«
Ich wich vor ihr zurück. »Wieso sollte ich poliert und verbessert werden wie etwas, das man verkaufen will? Vielleicht will ich nicht einmal heiraten! Und außerdem habe ich viele Fähigkeiten, ich kann lesen und schreiben und Flöte und Harfe spielen. Wieso sollte ich mich, um einem Mann zu gefallen, verändern? Wenn er mich so, wie ich bin, nicht will, dann soll er sich eine andere Frau suchen.«
Sie lachte abermals, aber es lag eine gewisse Schärfe darin, ebenso wie in ihrem Blick.
»Du hast keine Angst vor Ehrlichkeit, wie? Das ist ein Charakterzug, den du mit einigen deiner Brüder teilst, wie mir aufgefallen ist. Nun, darüber werden wir später noch sprechen. Ich hoffe, du wirst lernen, mir zu vertrauen, Sorcha.«
Ich schwieg.
Oonagh ging hinüber zum Bett, wo eine Unmenge von Stoff lag. Sie hob einen weichen, grünen Stoff hoch.
»Für die Hochzeit dachte ich an das hier. Es gibt eine hervorragende Schneiderin im Dorf, höre ich, die dein Kleid an einem einzigen Tag nähen wird. Komm her, meine Liebe.«
Ich war machtlos und konnte mich nicht weigern. Sie stellte mich vor einen Spiegel, den ich nie zuvor gesehen hatte. Seine glatte Oberfläche war von Zwillingsgeschöpfen umgeben. Ihre roten Edelsteinaugen waren auf mich gerichtet, als ich mein Spiegelbild ansah. Klein, dünn, blass. Ein unordentlicher Wirrwarr dunkler Locken, grob zurückgebunden. Eine gerade Nase, ein breiter Mund, trotzige grüne Augen. Meine Version des Familiengesichts hatte nicht die weitsichtige Ruhe Conors oder die bleiche Intensität von Finbar. Es war weicher als Liams Gesicht und feinknochiger als das von Padraic. Die Grübchen, die Cormacks und Diarmids Lächeln so bezaubernd machten, fehlten auf meinen schmalen Wangen. Dennoch sah ich die Abbilder meiner Brüder, als ich mein eigenes betrachtete.
Lady Oonagh hatte nach einer Bürste gegriffen, und als ich vor dem Spiegel stand, löste sie das Band, mit dem ich mir die Locken aus dem Gesicht gehalten hatte, und begann, mein Haar auszubürsten. Ich ballte die Fäuste und regte mich nicht. Etwas in der gleichmäßigen Bewegung des Bürstens und der Art, wie sie mich in der polierten Bronze des Spiegels betrachtete, ließ mir einen Schauder über den Rücken laufen. In mir erklang eine leise Stimme, und ich spürte wieder etwas Wärme; ich konzentrierte mich auf die Worte: Du wirst einen Weg finden, Tochter des Waldes. Du wirst einen geraden Weg finden.
»Du hast hübsches Haar«, sagte sie. Die Bürste bewegte sich rhythmisch. »Ungepflegt, aber hübsch. Du solltest es mich schneiden lassen. Nur ein wenig Ordnung schaffen – auf diese Weise wird es unter einem Schleier besser aussehen. Oh! Was ist denn hier passiert?« Ihre beutegierigen Finger hatten die kurze Strähne über meiner Stirn gefunden, wo Simon mit dem Messer eine Locke abgeschnitten hatte.
»Ich …« Ich versuchte noch, mir eine Ausrede auszudenken, als meine Augen im Spiegel ihrem Blick begegneten. Dieser Blick war kalt, so kalt, dass er nicht ganz menschlich schien. Die Bürste fiel zu
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