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Die Tochter der Wälder

Die Tochter der Wälder

Titel: Die Tochter der Wälder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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selben Bach. Dasselbe Leben fließt in uns allen. Von Eifersucht zu reden ist einfach albern.«
    »Setz dich, Liebste.« Oonaghs Stimme war ruhig; sie reagierte nicht auf meinen Ausbruch. »Selbstverständlich verteidigst du deinen Bruder – das ist nur natürlich, da du all diese Jahre keine andere Gesellschaft hattest. Welche Möglichkeiten zum Vergleich hattest du schon in dieser engen, kleinen Welt? Es ist nicht überraschend, dass du seine Beschränkungen nicht erkennst.«
    Endlich gelang es mir zu fliehen, aber ich konnte ihre Worte nicht vergessen und fragte mich abermals, was sie von mir, von uns wollte. Ich verspürte ein intensives Bedürfnis, all meine Brüder um mich zu haben, sie zu berühren, mit ihnen zu sprechen, ihre Kraft zu spüren, ihre tröstliche Ähnlichkeit. Also sah ich mich nach ihnen um; aber Cormack steckte mitten in einem Stockkampf und forderte Donal grinsend heraus, einen Weg an seiner wirbelnden Waffe und der Fußarbeit vorbei zu finden. Und Padraic war mit etwas beschäftigt, was er baute. Auf dem Boxenrand saß ein Rabe und drehte den Kopf hierhin und dahin, während Padraic arbeitete. »Was ist das?« fragte ich meinen jüngsten Bruder und betrachtete den kunstvollen Faltrahmen aus feinen Holzstöcken und darüber gespanntem Leinen.
    »Nicht ganz ein Flügel, nicht ganz ein Segel«, murmelte Padraic. »Damit wird ein kleines Boot sehr schnell übers Wasser kommen; selbst beim geringsten Wind. Siehst du, wie die Segel sich bewegen, wenn ich an diesem Faden ziehe?« Es war tatsächlich genial – und das sagte ich ihm auch. Ich streichelte den alten Esel und spähte in die Box, wo ein paar neugeborene Kätzchen in einer Ecke des warmen Strohs lagen. Der Rabe folgte mir, immer noch ein wenig hinkend von einer Verletzung – Padraic glaubte, er sei von anderen Vögeln angegriffen worden, aber er heilte gut. Er machte einen weiten Bogen um die Katzen.
    Unten am See ging Liam mit Eilis spazieren. Er hielt ihr mit dem Arm seinen Umhang um die Schultern, kümmerte sich nicht darum, wer das sehen könnte, und hatte den Kopf gesenkt, um mit ihr zu sprechen. Eilis hatte sich ihm zugewandt, und sie sah ihn an, als wolle sie den Rest der Welt ausschließen. Einen Augenblick lang spürte ich eine dunkle Vorahnung, einen Schatten über den beiden, dessen Kälte sich bis zu mir hin ausbreitete. Dann verschwanden sie unter den Bäumen, und ich ging wieder zum Haus zurück.
    In der Küche war viel los, Wagen kamen und fuhren wieder fort, Fässer mit Bier und riesige Fleischstücke wurden herangetragen und verstaut. Der Geruch nach Gebackenem und Gebratenem hing in der kalten Luft, und Pferde stapften und schnaubten. Linn grüßte mich an der Tür, schob ihre feuchte Nase in meine Hand, ging aber nicht hinein. In diesem Augenblick bemerkte ich unter den Wagen ein vertrautes Gefährt. Und das war seltsam. Wieso sollte Vater Brien jetzt hier sein, einen Tag vor der Hochzeit? Ich war sicher gewesen, dass er früh am Morgen herkommen und vor Einbruch der Dunkelheit zurückfahren würde, denn wie konnte er Simon allein lassen?
    Ich ging hinein, aber keiner meiner Brüder war da, und die dicke Janis behauptete, sie hätte gerade genug, um sich Sorgen zu machen, mit all dieser Backerei und den Männern, die einfach hereinkamen und sich selbst bedienten, ohne dass ihr noch Kinder vor die Füße liefen. Als sie mich zur Tür schob, steckte sie mir zwinkernd ein Stück warmen Honigkuchen in die Hand.
    Ich fand sie schließlich, wo ich angefangen hatte zu suchen, in meinem eigenen Kräutergarten. Es war vielleicht der zurückgezogenste Ort, den es gab, mit den hohen Steinmauern und dem einzelnen Tor, das nach drinnen ins Haus führte. Vater Brien saß auf dem moosigen Steinsitz, und Conor lehnte sich neben ihn und redete ernst auf ihn ein, während Finbar im Schneidersitz auf dem Gras saß. Als ich die Tür knarrend weiter öffnete, schwiegen sie und drehten sich alle drei zu mir um. Es war, als hätten sie auf mich gewartet, es war eindeutig etwas nicht in Ordnung.
    »Was ist?« fragte ich. »Was ist los?« Meine beiden Brüder sahen Vater Brien an, und er seufzte, stand auf und nahm meine Hände, als ich zu ihm rannte. »Diese Nachrichten werden dir nicht gefallen, Sorcha«, sagte er ernst. »Ich wünschte, ich hätte bessere.«
    »Was ist passiert?« Ich gestattete mir nicht, nachzudenken.
    »Dein Patient ist weg«, sagte Vater Brien ohne weitere Umschweife. »An dem Tag, als ich weg war, kam ich bei

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