Die Tochter der Wanderhure
gerichteten Brief sofort aufriss, wartete sein Bruder ab, was Magnus zu sagen hatte.
Das Gesicht des älteren Hennebergs wurde mit jeder Zeile, die er entzifferte, länger. Schließlich warf er den Brief mit einem unflätigen Ausdruck auf den Boden.
Pratzendorfer, der sich auf seine leisetreterische Art zu der Gruppe gesellt hatte, wies Junker Markus flüsternd an, den Brief aufzuheben und ihm zu reichen. Bevor der Prälat das Schreiben lesen konnte, nahm der Bischof es ihm ab und überflog es. Dann las er den Brief mit grimmig klingender Stimme vor.
»Wir, Friedrich, erwählter König der Deutschen, Herzog von Österreich, der Steiermark, von Karantanien und der Krain … et cetera, geben kund und zu wissen, dass Magnus, Graf von Henneberg, für die Freilassung seines Bruders, des Grafen Otto von Henneberg, der in feindlicher Absicht eine Unserer Burgen besetzt hielt, einen heiligen Eid auf die Reliquien der heiligen Ursula und des heiligen Kilian geleistet hat, niemals das Schwert gegen Uns und das Reich zu erheben.
Diesen Eid hat er gebrochen, als er ein Heer in die freie Reichsherrschaft Kibitzstein geführt und deren Burg belagert hat. Als König des Reiches und Beschirmer der freien, nur Uns untertanen Herrschaft Kibitzstein verhängen Wir die Reichsacht über Magnus von Henneberg und erklären ihn aller Titel und Würden ledig!«
Es handelte sich nur um ein paar Worte, die mit gezierter Schrift zu Papier gebracht worden waren. Die Wirkung auf die Umstehenden war jedoch so, als wäre gerade ein weiterer Pulverwagen explodiert. Magnus von Henneberg sah aus, als würde er den Brief am liebsten packen und in tausend Stücke zerreißen. Sein Bruder blickte derweil auf seinen Brief und zuckte mit den Schultern.
»Ich glaube nicht, dass ich das noch lesen muss.« Er steckte das Schreiben unter seinen Waffenrock und trat auf den Bischof zu.Als er zu sprechen begann, klang seine Stimme weniger bedrückt als erleichtert.
»Ich bedauere, Euer Exzellenz nicht länger als Feldhauptmann dieses Heeres dienen zu können. Der Spruch des Königs macht mir dies unmöglich.«
»Das ist doch Unsinn!«, rief Pratzendorfer aus. »Der Wisch hat überhaupt nichts zu besagen. Dieser König vermag nicht einmal den Bauern in seinem eigenen Land etwas zu befehlen, geschweige denn so einem hohen Herrn wie Euch!«
»Seid still!«, schnauzte der Bischof ihn an und versank dann in dumpfes Brüten.
Die Androhung der Reichsacht richtete sich zwar gegen die beiden Henneberger, doch Gottfried Schenk zu Limpurg begriff, wer der eigentliche Adressat der königlichen Warnung war. Sollte er weiterhin auf der Unterwerfung Kibitzsteins bestehen, würde Friedrich III. nicht zögern, die Reichsacht auch über ihn zu verhängen. Der König hatte zwar nicht die Macht, selbst gegen ihn vorzugehen, doch er konnte die Reichsexekutionen an jemand anderen übergeben. Etliche Würzburger Nachbarn, allen voran der ehrgeizige Markgraf von Brandenburg-Ansbach, würden nicht zögern, im Namen des Reiches Krieg gegen ihn zu führen. Auch einige der fränkischen Reichsstädte wie Hall, das sich aus Trutz gegen die Würzburger Zugriffe dem Schwäbischen Städtebund angeschlossen hatte, würden sich mit Begeisterung zu seinen Feinden gesellen. Seine Sippe war bei Hall begütert, und das würden die Bürger dieser Stadt mit Sicherheit ausnützen, um ihren Machtbereich zu vergrößern.
Der Bischof schnaufte wie nach einem schweren Marsch. Sollte er dies alles wegen der einen Burg riskieren? Es gab genug Herrschaften in dieser Gegend, die früher dem Hochstift untertan gewesen waren und derer er sich gefahrlos bemächtigen konnte. Ein letzter Blick auf Kibitzstein gab den Ausschlag. Die Burgbesaßweder einen besonderen strategischen Wert, noch war sie in anderer Weise bedeutend. Außerdem hatte er einer Erweiterung der Kibitzsteiner Macht mit dem Erbvertrag für den Markt Dettelbach bereits einen Riegel vorgeschoben.
Mit Ingrimm im Herzen, aber auch dem Wissen, dass er keine andere Wahl hatte, wandte er sich an Peter von Eichenloh. »Ich werde die Belagerung dieser Burg einstweilen einstellen und die Gerichte bemühen, um die Würzburger Pfandrechte auf zwei Dörfer dieser Herrschaft zu beweisen.«
»Da gibt es nichts zu beweisen! Kibitzstein wurde uns ohne jede Verpflichtung übergeben. Der hochwürdige Bischof Johann von Brunn hat dies eigenhändig gesiegelt!« Trudi hielt die Anspannung nicht mehr aus und mischte sich nun in die Unterhaltung ein.
Peter
Weitere Kostenlose Bücher