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Die Tochter des Fotografen

Die Tochter des Fotografen

Titel: Die Tochter des Fotografen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Edwards
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schwangen und Caroline – was immer sie auch gerade machte – zwangen innezuhalten, weil die Welt sie plötzlich wie Licht durchflutete. »Schön«, murmelte Al und zog sie fester an sich. Auch als die Musik zu einer schnelleren Rocknummer wechselte und sie die Tanzfläche verließen, hielt Al sie weiterhin im Arm.
    Mit leichtem Schwindelgefühl suchte Caroline aus Gewohnheit den Raum nach Phoebe ab und fühlte erste Anzeichen der Beunruhigung, als sie sie nicht sah.
    »Ich habe sie nach unten geschickt, um Nachschub an Bowle zu holen«, rief Linda, die hinter dem Tisch stand. Sie wies auf das schwindende Buffet. »Du glaubst nicht, was hier los ist, Caroline. Die Kekse sind auch schon fast alle weg.«
    »Ich hole welche«, schlug Caroline vor und war froh, einen Vorwand gefunden zu haben, nach Phoebe zu sehen.
    »Sie schafft das schon alleine«, sagte Al, faßte sie an der Hand und wies auf den Stuhl neben sich.
    »Ich schau nur kurz nach. Bin in einer Minute wieder hier.«
    Sie schritt durch die leeren Korridore, die hell und still dalagen, und fühlte noch immer Als Berührung auf ihrer Haut. Sie ging hinunter in die Küche, drückte die metallischen |450| Schwingtüren mit einer Hand auf und tastete mit der anderen nach dem Lichtschalter. Die plötzliche Helligkeit fing sie ein wie eine Fotografie: Phoebe, in ihrem geblümten Kleid mit dem Rücken zur Anrichte, Robert, die Arme um sie gelegt und dicht bei ihr, seine Hand, die über ihr Bein strich. In dem Augenblick, bevor sie sich umdrehten, sah Caroline, daß er sie küssen wollte, daß Phoebe geküßt werden wollte und bereit war, den Kuß zu erwidern: für Robert, ihre erste große Liebe. Ihre Augen waren geschlossen gewesen, ihr Gesicht von Wohlgefallen überströmt.
    »Phoebe«, sagte Caroline in scharfem Ton. »Phoebe und Robert, es reicht.«
    Erschreckt, aber ohne Reue ließen sie voneinander ab.
    »Wo ist das Problem?« sagte Robert. »Phoebe ist meine Freundin.«
    »Wir werden heiraten«, fügte Phoebe hinzu.
    Caroline zitterte und versuchte sich zu beherrschen. Phoebe war immerhin eine erwachsene Frau.
    »Robert«, sagte Caroline. »Läßt du mich bitte eine Minute mit Phoebe allein?«
    Robert zögerte und ging dann an Caroline vorbei. Von seiner überschwenglichen Herzlichkeit keine Spur mehr. »Wir tun nichts, was verboten wäre«, sagte er und blieb am Ausgang stehen. »Phoebe und ich – wir lieben uns.«
    »Ich weiß«, sagte Caroline, als die Türen hinter ihm zurückschwangen und sich schlossen.
    Phoebe stand unter dem kalten Licht und fingerte an ihrer Halskette herum.
    »Man darf jemanden küssen, den man liebt, Mom. Du küßt Al auch.«
    Caroline nickte und dachte an Als Hand auf ihrer Hüfte. »Das stimmt, Schatz. Aber das sah nach ein bißchen mehr als Küssen aus.«
    »Mom.« Phoebe war verzweifelt. »Robert und ich werden
heiraten

    |451| Caroline antwortete, ohne nachzudenken: »Du kannst nicht heiraten, mein Engel.«
    Auf Phoebes Gesicht lag ein störrischer Ausdruck, den Caroline sehr gut kannte.
    »Warum nicht?«
    »Heiraten, mein Engel …« Caroline hielt inne und dachte an Al, seine Müdigkeit zuletzt, die Distanz, die jedesmal zwischen ihnen aufkam, wenn er unterwegs war. »Hör zu, Schatz, das ist nicht so einfach. Du kannst Robert ja auch lieben, ohne ihn zu heiraten.«
    »Nein. Robert und ich, wir werden heiraten.«
    Caroline seufzte. »Okay. Nehmen wir mal an, ihr würdet es tun – wo würdet ihr leben?«
    »Wir werden ein Haus kaufen«, sagte Phoebe, nun mit ernstem, entschlossenem Gesichtsausdruck. »Dort werden wir leben, Mom. Wir werden Kinder haben.«
    »Kinder machen verdammt viel Arbeit«, sagte Caroline. »Ich frage mich, ob ihr wißt, wieviel Arbeit Kinder machen. Und sie kosten viel Geld, Schatz. Wie wollt ihr das Haus bezahlen? Wie wollt ihr über die Runden kommen?«
    »Robert hat einen Job. Und ich auch. Wir haben
viel
Geld.«
    »Aber du wirst nicht arbeiten können, während du auf die Kinder aufpaßt.«
    Phoebe dachte darüber nach, legte die Stirn in Falten, und Carolines Herz wurde schwer. Derart grundlegende und einfache Wünsche – und sie konnten nicht in Erfüllung gehen. Wo blieb die Gerechtigkeit?
    »Ich liebe Robert«, ließ Phoebe nicht locker. »Robert liebt mich. Außerdem hat Avery auch ein Kind bekommen.«
    »O Schatz«, sagte Caroline. Sie hatte das Bild vor Augen, wie Avery Swan auf dem Bürgersteig einen Kinderwagen vor sich herschob und anhielt, damit Phoebe sich darüberbeugen und das

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