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Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison

Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison

Titel: Die Tochter des Giftmischers - Poole, S: Tochter des Giftmischers - Poison Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Poole
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einnahmen. In einigen waren Handschriften, die viele Jahrhunderte zählten, andere Bücher darin waren mit den neumodischen Druckmaschinen hergestellt worden, die es seit kurzem gab. Borgia war ein großer Buchliebhaber und versuchte, sehr viel zu lesen, obwohl er nur wenig Muße dazu hatte.
    »Wie sagt schon Terentius? Auribus tenere lupum .«
    Ich war nicht sonderlich überrascht, dass er die Worte, die seine Situation beschrieben, nicht in der Bibel fand, sondern
in den Werken eines römischen Sklaven, der dank seiner genialen Stücke befreit und römischer Bürger geworden war. Und doch war ich beeindruckt, wie genau Borgia den Ernst der Lage einschätzte.
    »Genau so ist es«, sagte ich. »Ihr haltet wahrlich einen Wolf bei den Ohren. Wenn Ihr ihn loslasst, verschlingt er Euch. Aber Morozzi …«
    Der Kardinal wischte meine Sorgen mit einer Handbewegung beiseite.
    »Ich habe aus Erfahrung gelernt, dass man einen Mann am besten kennenlernt, indem man ihn unter Druck setzt und zusieht, wie er damit fertig wird. Stimmt Ihr mir zu?«
    »Vermutlich, aber …«
    »Morozzi hätte meine Einladung genauso gut ablehnen können. Was hat es für eine Bedeutung, dass er es nicht getan hat? Dass er kam und sich obendrein in aller Öffentlichkeit so unverschämt aufgeführt hat? Bedeutet das, dass er eitel ist und vor Selbstbewusstsein strotzt? Ist er jemand, der sich aufhängt, wenn man ihm einen Strick gibt?«
    »Mag sein, aber …«
    »Oder will er uns vielmehr sagen, dass er allen Grund hat, selbstbewusst zu sein? Dass er einen Plan verfolgt, der nicht fehlschlagen kann?«
    »Den Plan, Euch zu töten?« Wie schon die alten Römer sagten: In vino veritas . An diesem Abend schien meine Zunge einen eigenen Willen zu entwickeln.
    Bevor ich meine Offenheit bedauern konnte, füllte Borgia auch das zweite Glas und schob es mir hin.
    »Das scheint mir eine logische Folgerung«, sagte er.
    Angesichts der brutalen Wahrheit vergaß ich die Sorge
um meine Nüchternheit und trank einen großen Schluck, bevor ich weitersprach.
    »Morozzi ist im Besitz eines tödlichen Gifts.« Ich hatte dieses Eingeständnis so lange wie möglich hinausgeschoben. doch jede weitere Verzögerung bedeutete, dass ich meine Pflicht verletzte. Dieses Bekenntnis kostete mich einen großen Teil meines Stolzes.
    Der Kardinal zog eine Braue in die Höhe.
    »Und woher wisst Ihr das?«
    »Weil ich dieses Gift persönlich hergestellt habe, bevor ich in die Engelsburg ging. Es war für meine eigene Sicherheit bestimmt. Ich trug es in einem Medaillon bei mir, das mir mein Vater geschenkt hat.«
    »Ihr wart bereit, Euch selbst zu töten, falls Ihr gefangen werdet?« Er war überrascht. Als ob er nie daran gedacht hätte, dass ich so weit gehen könnte.
    »Mir war klar, dass ich auf jeden Fall unter der Folter sterben würde. Natürlich erst, nachdem man mir ein Geständnis abgerungen hätte. Diesem Schicksal wollte ich nicht ins Auge sehen und lieber vorher sterben.«
    Keiner von uns erwähnte den Mann mit der Papstmedaille, der auf die Weise ums Leben gekommen war, die ich am meisten fürchtete.
    »Eine … vernünftige Entscheidung«, bemerkte Borgia, »der jedoch nur die wenigsten ins Auge sehen können.«
    »Weil sie nicht mit den Methoden vertraut sind, denke ich.« Und weil sie vielleicht nach der Lehre der Kirche um ihre unsterbliche Seele fürchteten. Auch Borgia vertrat diese Kirche, die heutzutage ihren Willen mit Folter und Gewalt durchsetzte.

    »Wie dem auch sei. Bevor wir in die Engelsburg gingen, wollte Morozzi sehen, womit ich den Papst umbringen wollte. Um ihm nicht die ganze Wahrheit sagen zu müssen, zeigte ich ihm den Inhalt des Medaillons. Als er uns in die Falle gelockt hat, riss er es mir in letzter Sekunde vom Hals.«
    »Als er Euch und den Juden in die Falle gelockt hat?«
    »Ja, richtig. Der Jude heißt David ben Eliezer.« Dass er einen Namen hatte und ein wichtiger Mann war, musste einmal jemand zur Sprache bringen. Offenbar fiel mir diese Aufgabe zu.
    Borgia zuckte die Achseln.
    »Ich kenne seinen Namen, und ich weiß auch, was er plant. Ein Aufstand im jüdischen Viertel ist reiner Wahnsinn. «
    Das saß. Umso mehr, als ich es nicht leugnen konnte. Ich konnte mich nur an die Fakten halten.
    »Verzweifelte Menschen tun verzweifelte Dinge.«
    »Die Juden haben jedes Recht, verzweifelt zu sein. Ihre Existenz steht auf Messers Schneide. Falls ich nicht zum Papst gewählt werde, werden sie hier und in der übrigen Christenheit ihrer Vernichtung

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