Die Tochter des Goldsuchers
machten sie Halt, und einen Moment lang überlegte Sarah, ob sie ihrem Pferd die Sporen geben und um ihr Leben reiten sollte. Doch in diesem Moment wurde sie bereits vom Pony gezerrt und zu Boden gestoßen. Benommen versuchte sie, sich zurechtzufinden.
Drei der Männer füllten am Bach Lederschläuche mit Wasser. Einer erschien ihr kaum dem Kindesalter entwachsen zu sein, doch spielte das Alter hier wohl kaum eine Rolle. Sie tränkten die Pferde und kümmerten sich nicht um sie.
Auf einen Ellbogen gestützt, sah sie das Narbengesicht mit einem anderen Indianer reden, welcher der Anführer der Truppe zu sein schien. Sein hageres Gesicht war wie gemeißelt, der Ausdruck kalt. Eine Adlerfeder steckte in seinem Haar, und um den Hals trug er eine Schnur, auf der kleine, gebleichte Knöchelchen aufgereiht waren. Er musterte sie kühl, dann gab er dem anderen Mann ein Zeichen.
Verzweifelt begann Sarah zu beten, als der narbengesichtige Krieger auf sie zukam. Er zog sie auf die Füße und fing an, mit ihrem Haar zu spielen. Der Anführer befahl dem Mann etwas, worauf dieser lediglich mit einem knurrenden Laut reagierte. Er griff ihr nach der Kehle. Sarah hielt den Atem an, als er ihr die Brosche von der Hemdbluse riss. Offenbar fürs Erste zufriedengestellt, stieß er sie in Richtung des Baches und ließ sie trinken.
Und sie trank mit gierigen Schlucken. Vielleicht war der Tod doch nicht so nahe, wie sie befürchtet hatte. Vielleicht konnte sie ihm noch irgendwie entrinnen. Jedenfalls ist es zu früh, die Hoffnung aufzugeben, dachte sie, während sie sich das erhitzte Gesicht mit dem eisigen Wasser kühlte. Jemand würde ihr schon folgen.
Jake.
Fast hätte sie seinen Namen laut herausgeschrien, als sie wieder auf die Füße gezerrt wurde. Ihr Bewacher hatte sich die Brosche an seine Wildlederweste geheftet. Wie eine Trophäe, dachte sie. Wütend griff sie danach und wurde roh zu Boden geschlagen. Gleich darauf wurde sie wieder hochgezerrt, und sie fühlte, wie ihre Bluse an der Schulter zerriss. Instinktiv fing sie zu kratzen und zu beißen an, hörte einen Schmerzensschrei, gefolgt von kehligem, männlichem Lachen. Obwohl sie sich, schluchzend vor Wut, nach Leibeskräften wehrte, band ihr das Narbengesicht die Handgelenke mit einem Lederriemen zusammen, setzte sie auf das Pony, zurrte ihr diesmal die Füße fest unter dem Leib des Pferdes zusammen.
Sie schmeckte Blut auf der Zunge, fühlte Tränen in den Augen. Und im nächsten Moment ging es weiter bergauf.
Bald wurden die Schmerzen in Armen und Beinen schier unerträglich. Sie ritten in schwindelerregender Höhe am Rand einer schmalen Schlucht entlang. Es geht in die Hölle, dachte sie, während ihr die Augenlider schwer wurden. Geradewegs in die Hölle.
Endlos lang, so erschien es Sarah, ritten sie einen gewundenen Pfad hinauf. Es wurde dämmerig. Um sich herum konnte sie die Rufe der Nachtvögel hören, unter denen sich der hohle Schrei einer Eule hervorhob. In den Wipfeln rauschte der Wind.
Endlich hielten sie an. Sie war erschöpft und schrecklich müde. Ihre Fußfesseln wurden durchschnitten, danach wurde sie vom Pferd gezogen. Sogleich sank sie auf den Erdboden, weil ihr die Beine den Dienst versagten. Sogar zum Weinen fehlte ihr bald die Kraft, so lag sie nur da und lauschte den nächtlichen Geräuschen.
Sie musste eingeschlafen sein, denn als sie wieder zu sich kam, hörte sie das Prasseln eines Feuers und die leisen Stimmen der Männer, die beim Essen waren.
Ein Stöhnen unterdrückend, versuchte sie sich aufzustützen, doch bevor ihr dies gelang, legte ihr jemand eine Hand auf die Schulter und drückte sie wieder auf den Rücken.
Ihr Bewacher beugte sich über sie, in seinen dunklen Augen spiegelte sich das Feuer wider. Er sagte etwas, doch sie verstand seine Worte nicht. Ich werde kämpfen, schwor sie sich, auch wenn sie wusste, dass es vergeblich war. Er strich ihr mit den Fingern durchs Haar, hob es an und ließ es los. Das musste ihm gefallen haben, denn er lachte, bevor er das Messer zog.
Sie dachte – hoffte es fast –, er würde sie gleich umbringen, und alles wäre vorbei. Stattdessen begann er, ihren Rock aufzuschneiden. Sie trat nach ihm, so kräftig sie konnte, doch er wehrte ihre Tritte mühelos ab und klemmte dann ihre Beine unter seinen Knien fest. Als sie ihren Rock weiter reißen hörte, schlug sie blindlings mit den gefesselten Händen um sich. Plötzlich ertönte ein Ruf vom Lagerfeuer her. Die Entführer sprangen auf, die
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