Die Tochter des Hauslehrers (German Edition)
Eau de Cologne. Sie hatte es erst vor Kurzem dort hingestellt, weil sie fand, wenn sie den Duft schon nicht tragen konnte, sollte wenigstens das Fläschchen als Dekorationselement dienen.
Lizzie kam zu ihr und zog dabei eine Zeitschrift im Quartformat hinter ihrem Rücken hervor. »Ich habe schon befürchtet, dass du liest, deshalb habe ich mich gewappnet.« Sie hielt die neueste Ausgabe des Lady's Magazine hoch; der Untertitel dieser Zeitschrift lautete: Unterhaltsamer Begleiter für das schöne Geschlecht, gewidmet einzig den Frauen zum Zeitvertreib .
Emma verdrehte die Augen, konnte aber nicht anders, als das spitzbübische Lächeln des Mädchens zu erwidern. Sie setzte sich aufs Bett und beugte sich vor, um nach einem Reisetagebuch zu greifen. »Leg sie wenigstens hier hinein, damit ich so tun kann, als ob du etwas Richtiges liest.«
»Sei bitte kein Snob, Emma«, sagte Lizzie mit gespieltem Ernst. »Diese höchst achtbare Zeitschrift enthält Berichte aus dem Ausland, aus unserem Land und poetische Essays.«
Emma hob eine Braue. »Das mag ja sein – aber liest du irgendetwas davon?«
Lizzie schauderte. »Himmel, nein! Ich lese sie nur wegen der Modebilder. Und natürlich wegen der Beschreibungen, was die königlichen Prinzessinnen beim Geburtstag der Königin trugen.«
Amüsiert griff Emma wieder zu ihrem Buch. »Ich lese gerade die Geschichte Cornwalls. Dabei bin ich jetzt schon zum zweiten Mal auf den Namen John Heale aus Stratton gestoßen, anscheinend war er ein berüchtigter Schmuggler.« Emma lachte. »Lady Westons Mädchenname war Heale, nicht wahr? Ist sie vielleicht mit ihm verwandt?«
Lizzie sagte rasch: »Pass bloß auf, dass sie das nicht hört!«
Emma erschrak über den scharfen Ton. Sie hatte erwartet, dass Lizzie über den Scherz lachte, machte sie doch selbst gern kleine, boshafte Scherze über Lady Weston. Jetzt hatte sie ein schlechtes Gewissen. Sie hätte sich nicht zu solch gewöhnlichem Geschwätz herablassen dürfen.
»Du hast recht. Es tut mir leid.«
Lizzie zwang sich zu einem kleinen Lachen. »Das viele Lesen wird noch einmal dein Untergang sein.«
»Bitte?«
Die schroffe Haltung des Mädchens wurde weicher, ihre dunklen Augen blitzten ausgelassen. »Ach, Emma! Du weißt doch, wie gern ich dich necke. Deine Reaktionen sind unbezahlbar, wirklich! Wenn du dich nur sehen könntest!«
Wie launisch Lizzie Henshaw doch war, dachte Emma. Sie wusste nicht recht, was sie davon halten sollte.
Durch das offene Fenster drangen Stimmen herein. Emma, neugierig, stand auf und ging durchs Zimmer. Draußen stand Julian im Hinterhof und sprach mit dem rothaarigen Mr Teague. Was konnte er mit diesem Mann zu besprechen haben?
Lizzie warf ihre Zeitschrift auf den Sessel und trat zu ihr ans Fenster, ein mutwilliges Lächeln im Gesicht. »Spionieren wir ein bisschen?«
Doch als sie hinausschaute, erstarb ihr Lächeln und sie murmelte: »Dummkopf!«
Emma war nicht ganz sicher, welchen der beiden Männer dort unten sie meinte, und Lizzie erklärte es auch nicht.
Emma flüsterte: »Ich habe nicht spioniert. Ich habe Stimmen gehört und mich nur gefragt, wer das ist.«
Plötzlich blickte Teague hoch. Als er sie im Fenster stehen sah, verstummte er mitten im Satz und hob eine Hand, um auch Julian zum Schweigen zu bringen. Julian folgte Teagues Blick; der Mann schaute mit drohend zusammengekniffenen Augen zu ihr hoch.
Lizzie zog sie vom Fenster fort. »Sei vorsichtig, Emma«, flüsterte sie. »Durch Neugier kam die Katze ums Leben.«
Verstört über Teagues bösartigen Blick, begriff Emma nur langsam, was Lizzie zu ihr sagte. »Das … das ist aus Viel Lärm um Nichts , glaube ich. Hast du … hast du Shakespeare gelesen?«
Lizzie warf ihr einen Seitenblick zu. »Was glaubst du denn?«
Emma setzte sich wieder aufs Bett, doch Lizzie fing an, im Zimmer auf und ab zu gehen. Sie nahm Emmas Teetasse in die Hand. »Warum hast du die hier hingestellt?«
»Sie war ein Geschenk meiner Mutter«, antwortete Emma und fügte zögernd hinzu: »Hat deine Mutter dir auch etwas hinterlassen?«
»Meine Mutter? Pfff «, murmelte sie. »Nichts, wenn man ihn nicht mitzählt.«
»Bitte?«
»Sie ist wirklich sehr hübsch.« Lizzie stellte die Tasse wieder hin. Dann fiel ihr Blick auf etwas anderes. Einen Moment lang schwebte ihre Hand über dem Tisch, dann nahm sie das hübsche Fläschchen Eau de Cologne, das dort ebenso unbenutzt stand wie die Teetasse.
Das Mädchen sagte: »Ich hatte einmal ein ganz
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