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Die Tochter des Hauslehrers (German Edition)

Die Tochter des Hauslehrers (German Edition)

Titel: Die Tochter des Hauslehrers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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langen Schluck Tee.
    »Wenn Sie Mr Davies suchen«, sagte sie, »er ist draußen und bespricht etwas mit Mr Weston.«
    »Vergebliche Mühe«, meinte er.
    »Wirklich? Ich weiß nicht, was sie zu besprechen haben. Es sieht nach einem Bauplan aus.«
    »Genau. Bauen einen Schandfleck und ein riesiges Problem.«
    »Ich bin sicher, Mr Weston würde keins von beidem bauen.«
    Teague schüttelte den Kopf. »Doch, das würde er, und er findet auch noch gut, was er macht. Jugend und Geld passen nicht zusammen, sage ich immer. Die Jungen sind viel zu selbstgerecht.«
    Emma blinzelte und bemühte sich, nicht die Stirn zu runzeln. Sie wusste nicht, was der Mann meinte, doch die abfällige Bemerkung über Henry Weston missfiel ihr.
    Mr Teague wandte sich wieder seiner Zeitung zu. Er las nicht die neuesten Meldungen, fiel ihr auf, sondern die Anzeigen und Mitteilungen.
    Plötzlich war sie neugierig. Sie sagte mutig: »Wir wurden einander noch gar nicht richtig vorgestellt. Ich kenne nur Ihren Namen – Mr Teague. Ich bin Miss Smallwood. Mein Vater unterrichtet die jüngeren Weston-Brüder hier auf Ebbington und ich assistiere ihm.«
    »Ich weiß wohl, wer Sie sind.« Seine Stimme klang alles andere als freundlich. Doch er tat ihr nicht den Gefallen, den sie erhofft hatte, seine Verbindung zur Familie zu erklären oder zu sagen, was er hier machte.
    Emma, die ihren Hunger vergessen hatte, wollte ganz plötzlich überall lieber sein als in diesem Zimmer, zusammen mit diesem ungehobelten, unfreundlichen Mann. »Nun, wenn Sie mich entschuldigen wollen«, sagte sie, »ich glaube, ich werde mal nachsehen, was die Männer bauen wollen.«
    »Probleme, das bauen sie. Aber es wird nicht von Bestand sein, das sage ich Ihnen!«
    Emma holte ihren Mantel, ihre Haube und ihre Handschuhe, ging wieder nach unten und verließ das Haus. Sie schritt durch das Gartentor und spazierte über das Gras. Die Sonne war warm, doch ein kühler Wind zerrte an den Bändern ihrer Haube.
    Ein Stückchen weiter vorn hatte Rowan bereits seine Staffelei aufgebaut und holte gerade seine Farben heraus. Der Wind warf die Staffelei um und er hatte Mühe, sie aufzurichten und wieder richtig hinzustellen. Sie lief zu ihm und griff nach der Leinwand, die über das Gras flog.
    »Hallo, Rowan«, sagte sie und reichte sie ihm. »Was malst du denn heute?«
    »Die Männer, die am Glockenturm arbeiten.«
    »Am Glockenturm? Hier draußen?«
    »Eine Art Warnglocke, glaube ich.«
    »Oh.« Emma blickte zu den Arbeitern hinüber, die gerade den ersten Pfosten im Boden verankerten. »Ich glaube, das schaue ich mir mal genauer an und überlasse dich deiner Malerei.«
    Er nickte und sie wanderte nach vorn zur Landzunge. Die Arbeiter setzten den zweiten Pfosten und trugen dann einen Querbalken herbei. Henry blickte von den Plänen, die Davies in der Hand hielt, auf, lief hinüber und hielt den Querbalken fest, während der Zimmermann des Anwesens diesen erst an dem einen, dann an dem anderen Pfosten befestigte.
    Emma schaute mehrere Minuten lang zu, wie sie die gleiche Prozedur mit dem dritten und vierten Pfosten wiederholten. Dann hielten die Arbeiter kurz inne und wischten sich den Schweiß von der Stirn. Henry blickte sich um; als er sie sah, hob er grüßend die Hand und kam zu ihr.
    »Hallo, Miss Smallwood. Was führt Sie an einem so windigen Tag hier heraus?«
    »Ich war neugierig, was Sie da tun.«
    »Ach so. Wir bauen einen Wachturm. Von dieser Höhe aus sehen wir ein Schiff, das in Seenot ist, wahrscheinlich viel früher als die Leute unten im Dorf, und wenn wir dann Alarm schlagen, hat die Mannschaft im Hafen mehr Zeit, um Rettungsmaßnahmen einzuleiten.« Er ging zu Davies, nahm ihm die Pläne ab, entrollte sie und zeigte ihr einen Turm, der aussah wie ein Gerüst, mit einer von einem Geländer umgebenen Aussichtsplattform und einer Glocke.
    »Ich setze mich schon seit mehreren Jahren für einen offiziellen Rettungsdienst im Hafen ein«, fuhr er fort, »doch meine Bemühungen stoßen auf beharrlichen Widerstand bei den Fischern, den Dorfbewohnern und den Gutsbesitzern; sie alle haben ihre ganz persönlichen Gründe, das Projekt zu boykottieren. Aber nach dem Schiffbruch Anfang dieses Jahres habe ich beschlossen, nicht mehr länger zu warten. Wenigstens gegen den Bau dieses Turms kann niemand Einwände erheben.«
    Henry entschuldigte sich für einen Moment. Er erklärte die Arbeit für diesen Tag für beendet, dankte den Männern und bat sie, am nächsten Tag frühmorgens

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