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Die Tochter des Hauslehrers (German Edition)

Die Tochter des Hauslehrers (German Edition)

Titel: Die Tochter des Hauslehrers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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auf dem Boden, zwanglos wie Kinder. Der Tisch war offenbar zu klein gewesen für das riesige Schlachtfeld mit den vielen Regimentern und den hier und dort platzierten Gegenständen, die bestimmte Terrains markierten. Der Hut war möglicherweise ein Hügel und der Handspiegel konnte ein See sein.
    Emma schaute noch ein Weilchen zu; der Anblick dieser Szene erfreute sie zutiefst. Dann beschloss sie, die beiden nicht zu stören und Henry jetzt nicht wegen der Königin zu belästigen, und zog sich leise zurück.
    Henry sah seinen älteren Bruder an, der so viel talentierter war als er. Und gleichzeitig so viel gequälter, verletzlicher. Er dachte an die vielen tief greifenden Veränderungen, die Adam durchgemacht hatte – den Verlust seiner Mutter, seines Zuhauses, seiner ganzen Familie. Obwohl Mr und Mrs Hobbes ihn offenbar gut behandelt hatten, musste er sich dennoch verlassen, ja verraten gefühlt haben und verbittert sein. Er überlegte, ob die Hobbes ihm wohl von Gott erzählt hatten, ob sie ihn in die Kirche mitgenommen und mit ihm gebetet hatten, oder ob er auch von diesen Erfahrungen ausgeschlossen gewesen war.
    Henry gelang ein größerer Vorstoß auf ihrem Schlachtfeld. Danach fragte er ruhig: »Adam, was weißt du von Gott?«
    »Gott?«
    »Ja. Du weißt – unser Schöpfer. ›Vater unser im Himmel …‹?«
    Adam nickte. »Ma und Pa haben mir von Gott erzählt. Wir haben ihn in der Kirche besucht.«
    »Ah. Gut.« Henry erinnerte sich an sein Gespräch mit Miss Smallwood und beschloss, vorsichtiger vorzugehen. Er sagte: »Betest du manchmal?«
    Wieder nickte Adam. »Ma sagt, es ist gut zu beten.«
    Henry fragte sich, ob das Beten mehr als eine Routinehandlungfür seinen Bruder war. Er suchte nach Worten. »Glaubst du, dass Gott … dich hört?«
    Adam zuckte die Achseln und versetzte eine Flagge nach vorn. »Ich rede, mehr nicht.«
    »Du spürst Gottes … Gegenwart nicht?«
    Adams Gesicht legte sich in Falten. »Ich weiß nicht, was das bedeutet. Ich spüre das nicht.«
    Henry spürte, wie seine Brauen sich in konzentrierter Anstrengung zusammenzogen. Es war, als müsse er etwas Abstraktes – den Glauben – in einer fremden Sprache erklären, in der er nur rudimentäre Kenntnisse besaß. Er sagte: »Es ist in Ordnung, wenn du es nicht spürst. Glaube ist sehr viel mehr als ein Gefühl.«
    Adam wirkte völlig ungerührt. Unbeeindruckt.
    Henry holte tief Luft und drehte den Kopf zum Fenster auf der Suche nach Erleuchtung. Er sah die obersten Zweige der großen Eiche, die sich im Südwestwind bewegten. Er streckte seine langen Beine, stand unbeholfen auf und trat ans Fenster. »Adam, kannst du mal einen Moment herkommen?«
    Adam stand auf und kam zu ihm ans Fenster.
    Henry bat Gott, ihm die richtigen Worte einzugeben. Er sagte: »Von hier aus können wir den Wind nicht spüren. Woher wissen wir, dass er real ist?«
    Adam dachte nach. »Wir sehen es.«
    »Du siehst den Wind? Du musst aber gute Augen haben, Adam. Wo ist er?«
    Adam deutete aus dem Fenster. »Ich sehe, dass er die Zweige bewegt.«
    »Richtig. Wir können ihn von hier aus nicht spüren und auch nicht selbst sehen. Aber wir wissen, dass er da ist, weil wir seine Auswirkungen sehen. Das, was er bewirkt.«
    Adam sagte nichts und auf seinem Gesicht zeichnete sich auch kein Verstehen ab, wie Henry gehofft hatte.
    Henry versuchte es erneut. »Siehst du diese Zeder, den kräftigen Baum dort, der den Hof überschattet?«
    Adam drehte den Kopf und nickte.
    »Den hat dein Großvater an dem Tag gepflanzt, an dem du geboren wurdest. Für sein Alter sollte er inzwischen eigentlich doppelt so groß sein, doch die Winde, die über die Kammlinie wehen, haben das verhindert. Deshalb ist er in die Breite statt in die Höhe gewachsen. Die Winde haben den Baum geformt.«
    Adam nickte.
    Henry fuhr fort: »Auch ich spüre nicht immer, dass Gott mir zuhört oder zu mir spricht, aber ich habe gesehen, dass er meine Gebete und die Gebete anderer erhört hat – zwar nicht immer, wie ich es gern wollte, und auch nicht immer so schnell, wie meine Ungeduld es gern gehabt hätte. Aber ich habe die Auswirkungen der Gebete gesehen.«
    Plötzlich sagte Adam: »Ich habe Gott gebeten, mir all die bösen Dinge, die ich getan habe, zu vergeben.«
    Henry sah seinen Bruder erstaunt an. »Was für böse Dinge kannst du denn getan haben?«
    Er fragte sich, ob Adam vielleicht noch mehr getan hatte, als sich nachts in Miss Smallwoods Zimmer zu schleichen. Mehr, als das Parfum seiner

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