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Die Tochter des Hauslehrers (German Edition)

Die Tochter des Hauslehrers (German Edition)

Titel: Die Tochter des Hauslehrers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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ist.«
    Die Tür öffnete sich ein paar Zentimeter. Nahezu schwarze Augen, umrahmt von Haar, so dunkel wie seines, blickten ihn an. »Ah! Mista Weston!« Auf dem goldbraunen Gesicht zeigte sich ein Lächeln, das zwei Goldzähne enthüllte, und die Tür wurde weit aufgerissen.
    Der Mann – der Anführer der kleinen Schar und, wie Henry bald feststellte, Besitzer des unglückseligen Schiffs, war der Einzige, der englisch sprach, wenn auch mit starkem Akzent. Er erklärte, dass sie letzte Nacht von Männern aufgesucht worden seien, die ihnen das Wenige stehlen wollten, das sie bei dem Schiffbruch gerettet hatten – drei große Säcke, zwei mit Orangen, einer mit Zitronen und mehrere Fässer Portwein, an dem der Zoll sicherlich großes Interesse hätte.
    »Er sagte, sie würden uns kielholen, wenn wir sie ihnen nicht geben«, er deutete auf eines der Fässer, »Rohr …?«
    »Fass.«
    »Ja. Er hat zwei genommen.«
    »Wer war es?«
    »Ich weiß nicht den Namen. Großer Mann. Wie heißt cabelo vermelho …?«
    »Rotes Haar?«, soufflierte Henry.
    Der Mann nickte lebhaft. »Ja.«
    Teague, dachte Henry. Er wünschte sich wahrhaftig keine weitere Konfrontation mit dem Mann, wusste aber, dass er nicht umhinkommen würde, ihn darauf anzusprechen. Schließlich hatte er nicht sein Leben riskiert, um diese Männer zu retten, nur damit sie jetzt von einem gierigen Strandräuber umgebracht wurden.
    Sie unterhielten sich noch ein wenig über die Pläne der Männer, die sobald wie möglich nach Portugal zurückkehren wollten, falls sie ein Schiff fanden. Bray hatte sich offenbar erboten, ihnen zu helfen. Die Männer waren zufrieden und hatten im Moment anscheinend alles, was sie brauchten, deshalb trat Henry zur Tür, um wieder zu gehen.
    Die Männer bedankten sich noch einmal bei Henry, mit Umarmungen und sogar Küssen, die dieser mit einer Grimasse ertrug; er war insgeheim erleichtert, dass kein Engländer hier war und Zeuge dieser begeisterten Dankbarkeitsbezeugung wurde. Die Männer bestanden darauf, dass er einen Sack mit Orangen mitnehme, als ein kleines Zeichen ihrer Dankbarkeit. Da er sie nicht in ihrem Stolz kränken wollte, nahm er an und dankte ihnen.
    Er überlegte, ob Miss Smallwood wohl Orangen mochte.
    Doch zuerst musste er Mr Teague aufsuchen.
    Er wusste, dass der Mann in einem der Cottages am Hafen wohnte, aber er wusste nicht genau, in welchem. Deshalb fragte er einenJungen in Kniehosen, der auf das letzte Cottage in der Reihe deutete, das ein wenig zurückgesetzt von den anderen stand und ein Strohdach hatte.
    Henry betete um Weisheit und klopfte.
    Teague öffnete. Als er Henry sah, zog er die Brauen hoch. »Sieh mal einer an!«
    »Mr Teague.«
    »Weston.« Der Mann stank nach Port, seine Zähne waren purpurn.
    Henry begann: »Ich habe gehört, dass Sie den Seeleuten, die sich gerade erst von dem Schiffbruch erholt haben und von dem Schrecken, dass sie fast ertrunken wären, einen Besuch abgestattet haben.«
    »Ach? Wann waren Sie denn bei denen? Wundert mich, dass Sie sich Ihre kostbaren Stiefel schmutzig machen!«
    Henry knirschte mit den Zähnen, zwang sich aber, ruhig zu bleiben. »Ich komme gerade von ihnen. Die Männer in dem Schuppen sind unsere persönlichen Gäste. Es war sehr freundlich von Ihnen, dass Sie sie besucht haben. Gutnachbarliche Fürsorge, vermute ich. Wenn Sie jedoch noch ein einziges Mal dort auftauchen, werde ich meinerseits unserem neuen Zollinspektor – der, wie ich hörte, nicht so leicht zu bestechen ist wie der letzte – einen Besuch abstatten.«
    »Ich hab mir nur geholt, was mir zusteht, oder? Ich hab nicht alles genommen.«
    Henry hätte den Mann am liebsten einen Dieb gescholten, um ihn daran zu erinnern, dass nicht nur die Mannschaft, sondern auch der Besitzer des Schiffes überlebt hatte. Doch es wäre unklug gewesen, Teague in dem triefäugigen, streitlustigen Zustand, in dem er sich befand, noch weiter zu provozieren. Er würde die Ansichten dieses Menschen über Richtig und Falsch ohnehin niemals ändern können. Die Drohung mit dem Zoll war wahrscheinlich das Einzige, was Teague sich zu Herzen nehmen würde.
    Henry ging zurück nach Ebbington Manor. Der Weg die Klippe hinauf kam ihm sehr viel mühseliger vor, als er es in Erinnerunghatte. Er nahm an, dass seine Kräfte noch von der gestrigen Rettungsaktion geschwächt waren; auch seine Beinmuskeln hatten sich noch nicht ganz erholt. Der Sack auf seiner Schulter machte die Sache nicht gerade leichter.
    Am Haus angelangt,

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