Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tochter des Hauslehrers (German Edition)

Die Tochter des Hauslehrers (German Edition)

Titel: Die Tochter des Hauslehrers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
Vom Netzwerk:
hatte, den Kopf über Wasser zu halten.
    Henry kletterte hinter Emma hinein. Das Boot schaukelte stark, obwohl das Wasser hier auf der Südseite des Hafens weniger aufgewühlt war als draußen auf dem offenen Meer. Henry setzte sich an die Riemen und versuchte zu verhindern, dass das Boot sich mit der Breitseite gegen die Wellen drehte.
    »Wirf Julian das Seil zu«, befahl er mit zusammengebissenen Zähnen.
    Rowan schüttelte den Kopf; sein Gesicht war kalkweiß. »Er bringt uns zum Kentern. Mit Absicht.«
    »Wir müssen ihn retten«, rief Emma.
    Rowan sah Henry an.
    Henry nickte und rief Julian zu: »Halte dich fest. Wir ziehen dich ans Ufer.«
    Mit zusammengebissenen Lippen warf Rowan Julian das Seil zu. Julian packte es und konnte seinen Kopf so etwas weiter aus dem Wasser heben.
    Julians Gewicht bedeutete eine zusätzliche Last, doch Henry ruderte mit aller Kraft. Seine Muskeln schmerzten, seine Lungen brannten. Beinahe wäre das Boot gekentert, doch schließlich schrammte der Bug auf Sand.
    »Gott sei Dank«, seufzte Henry.
    »Amen«, bekräftigte Emma.
    Wahrscheinlich durch die Glocke alarmiert, strömten die Dorfbewohner zum Hafen, unter ihnen Mr Bray.
    Derrick Teague watete in die Brandung, packte den immer noch kämpfenden Julian am Arm und zog ihn ans Ufer. Dann warf er ihn wie ein Stück Treibgut auf den Rücken und fluchte: »Das hast du gründlich vermasselt, mein Junge.«
    Julian hustete und rollte sich auf die Seite, klatschnass und um sich schlagend, aber in Sicherheit.
    Henry half Emma aus dem Boot, dann verharrte er an Ort und Stelle, die Hände auf den Knien, vornübergebeugt, und keuchte. Er blickte zu Teague hinüber, sah, wie dieser ihn anstarrte und seine rauen Hände zu Fäusten ballte. Henry bezweifelte, dass er im Moment die Kraft hatte, sich gegen den Mann zu wehren.
    Teague trat einen Schritt auf ihn zu, doch Mr Bray packte ihn an der Schulter.
    Teague riss sich los und fuhr zu dem alten Wachtmeister herum. »Was ist?«
    Bray sagte freundlich: »Ich wollte Ihnen nur danken, dass Sie den Jungen gerettet haben. Warum gehen Sie nicht nach Hause und ruhen sich aus?« Unter der freundlichen Stimme hörte man stahlharte Entschlossenheit heraus. Die beiden Männer starrten sich an.
    Teague wandte als Erster den Blick ab. »Richtig. Ich habe dem Jungen geholfen. Vergessen Sie das nicht.« Er drehte sich um und stapfte davon.
    Lizzie lief zu Henry; sie watete durch die Brandung, ohne auf ihr Kleid zu achten. »Oh Henry! Ich sah das Licht im Fenster und dein Pferd am Strand, da habe ich die Glocke geläutet. Ich hatte solche Angst, weil ich wusste, dass du da drin gefangen warst.« Sie warf ihm die Arme um den Hals.
    Henry wusste, dass das Mädchen in ihm nur einen älteren Bruder sah, und widerstand dem Drang, sie von sich fortzuschieben; stattdessen klopfte er ihr verlegen auf die Schulter. »Zum Glück hat Rowan uns noch rechtzeitig erreicht.«
    Dann blickte er über ihren Kopf hinweg zu Julian hinüber und rief: »Was zum Teufel hast du dir dabei gedacht, Julian? Du hast uns eine Menge zu erklären!« Mit einem Blick auf die versammelte Menschenmenge fügte er leiser hinzu: »Aber das klären wir zu Hause. Verstanden?«
    Seine Brüder nickten, nur Lizzie fuhr fast verzweifelt fort: »Ich hätte nie gedacht, dass es so weit kommt! Niemals!«
    Mr Smallwood kam herbeigelaufen, mit rotem Gesicht, schwer atmend. War er den ganzen Weg vom Haus gerannt? Voller Angst sah er seine Tochter an. »Emma!«
    Gut, dachte Henry. Ihr Vater war bei ihr. Sie war in Sicherheit, während er sich mit dem Trümmerhaufen, der seine Familie war, auseinandersetzen würde.
    Bald darauf kamen zwei Kutschen zum Strand heruntergerumpelt, der Landauer der Westons, gefahren von ihrem Kutscher, und der zweirädrige Wagen, gelenkt vom Stallburschen.
    Sir Giles sprang aus dem Landauer, er wirkte beweglicher, als Henry ihn seit Jahren gesehen hatte. Henry nahm an, dass er dieGlocke gehört und daraufhin den Befehl zum Anspannen gegeben hatte. In Anbetracht des Häufleins Menschen vor sich – und der gaffenden Menge – nahm der Baronet die Dinge in die Hand. Ihre Proteste und das ungeduldige Drängen ignorierend, geleitete er seine Söhne zur Familienkutsche.
    Henry ließ sich von seinem Vater zum Landauer führen, während seine Halbbrüder miteinander stritten, wobei Julians Augen gefährlich blitzten; das eine Auge würde bald blau unterlaufen sein.
    Er versuchte, Emmas Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, doch sie war in ein

Weitere Kostenlose Bücher