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Die Tochter des Hauslehrers (German Edition)

Die Tochter des Hauslehrers (German Edition)

Titel: Die Tochter des Hauslehrers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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Weston.«
    Hatte sie das Bedürfnis, ihn zu ermutigen, als sei er einer ihrer Schüler – so wie sie versucht hatte, den jungen Rowan zu ermutigen? Er fand das nett von ihr, aber gleichzeitig ärgerte es ihn.
    »Danke. Ich hatte eine gute Partnerin auf der Schule, die ich als Junge besuchte.«
    Ihre Brauen flogen hoch. »Ach wirklich?«
    »Ja. Aber sie ist ebenfalls eine sehr geschickte Tänzerin geworden, wie ich sehe.«
    »Das bezweifle ich. Ich hatte wenig Gelegenheit zu üben, außerhalb des Schulzimmers.«
    »Sind Sie nie auf einem Ball gewesen?«
    »Nicht auf einem formellen Ball, nein. Aber Tante Jane hat mich ein paarmal auf öffentliche Tanzveranstaltungen in Plymouth mitgenommen – ihre Vorstellung von einem Debüt, glaube ich. Allerdings ein ziemlich jämmerliches, muss ich im Nachhinein sagen.«
    Sie legten die Hände ineinander und drehten sich im Kreis. »Ich erinnere mich an Ihre Tante Jane. Eine feine Frau. Ich mochte sie sehr.«
    Sie sah ihn überrascht an. »Dann sind Sie ein guter Menschenkenner, Mr Weston. Sie ist nämlich die Allerbeste. Die beste Freundin, die man sich wünschen kann.«
    Er neigte den Kopf schräg, um sie besser ansehen zu können. »Sie vermissen sie, glaube ich.«
    »Ja. Aber wir schreiben uns.«
    Der Tanz trennte sie, während sie sich voneinander fortdrehten.
    Als sie einander wieder nah genug waren, um sich zu unterhalten, sagte er: »Sie sollten Sie einmal hierher einladen. Vielleicht in den Sommer- oder Weihnachtsferien?«
    Wieder teilten sich überrascht ihre Lippen. Also konnte er inzwischen wenigstens Reaktionen bei ihr hervorrufen, wie er es in Longstaple so lange mit seinen Streichen versucht hatte. Vielleicht hätte er es schon früher mit Freundlichkeit versuchen sollen.
    »Meinen Sie das ernst?« Plötzlich erlosch ihr jäh aufstrahlendes Lächeln wieder. »Oh – Sie sind nur höflich. Sie können ja nicht ernsthaft …«
    »Ich war nicht höflich«, beharrte er. »Obwohl ich bei genauerer Überlegung wohl besser zuerst mit Lady Weston und meinem Vater sprechen und sicherstellen sollte, dass der Besuch nicht mit ihren Plänen kollidiert. Ich werde Ihnen rechtzeitig Bescheid sagen.«
    »Das ist sehr freundlich«, sagte sie gelassen, doch ihr Gesichtsausdruck sagte: »Wir werden ja sehen.«
    Ihm gefiel diese höfliche Zurückhaltung zwischen ihnen überhaupt nicht. Aus einer Laune heraus beschloss er, seinen Stolz hintenanzustellen und es stattdessen mit Ehrlichkeit zu versuchen.
    »Erinnern Sie sich noch daran, wie wir beide das letzte Mal miteinander getanzt haben? Ich hatte Angst, grob zu Ihnen zu sein.«
    Sie senkte verlegen den Kopf. »Sie mochten es damals genauso wenig, zum Tanzen mit mir gezwungen zu werden, wie jetzt, fürchte ich.«
    Jetzt war es an ihm, verblüfft zu sein. »Miss Smallwood, da irren Sie sich aber! Ich genieße es sehr, mit Ihnen zu tanzen. Ich habe nur gezögert, weil ich dachte, dass Sie lieber mit Phillip tanzen.«
    Sie warf ihm einen Blick unter langen Wimpern hervor zu. »Und als wir das letzte Mal getanzt haben?«
    Sie hatte nicht bestritten, dass sie lieber mit seinem Bruder tanzte, merkte er. Er verzog das Gesicht und wünschte beinahe, er hätte dieses Thema nicht angeschnitten. »Ich hatte eine hässliche Warze an der Hand und befürchtete, dass Sie sich abgestoßen fühlen würden.«
    Sie blickte auf, ein Lächeln auf den Lippen. »Das war alles?«
    »Das reicht ja wohl. Verdammt peinlich.«
    Ihr Lächeln wurde breiter. Er war nicht sicher, ob ihm diese Reaktion gefiel. Sie schien seine Verlegenheit ein wenig zu sehr zu genießen.
    Sie sagte: »Das hätten Sie mir doch auch einfach sagen können.«
    »Vor all den anderen? Niemals. Das hätte mir mit Sicherheit den Spitznamen Warzton eingetragen, noch bevor der Tag zu Ende gewesen wäre.«
    Sie lachte glockenhell auf, und als er das hörte, wurde ihm ganz warm ums Herz. Ihr Gesicht leuchtete, ihre Augen funkelten, ihr liebliches Lächeln und ihr lockender Mund übten eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf ihn aus. Vielleicht war die Verlegenheit, die er empfand, ein geringer Preis dafür.
    Er spürte Lady Westons Stirnrunzeln und Phillips fragenden Blick, achtete jedoch nicht darauf. Er beschloss, von jetzt an nicht mehr wachsam zu sein, sondern einfach den Abend zu genießen. Wer wusste schließlich, wann er jemals wieder die Chance haben würde, mit Emma Smallwood zu tanzen? Die Wahrheit war, dass er sie mochte. Obwohl ihm das gerade absolut nicht weiterhalf.

14

    Ich

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