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Die Tochter des Kardinals

Die Tochter des Kardinals

Titel: Die Tochter des Kardinals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Fandrey
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vorhatte. Anschließend teilte er die Gardisten in Gruppen zu zehn Mann ein.
    »Ich gehe mit Euch«, sagte Giulia.
    Geller lächelte kurz. »Ich habe nicht angenommen, Ihr würdet Euch jetzt zurückziehen, Schwester.«
    Die Soldaten der Barone und der Schweizergarde schwärmten aus. Vorbei am Rohbau des Palazzo Borghese in die schmale Via della Lupa und weiter zum Campo Marzio. Zwei- bis dreistöckige Wohnhäuser säumten die schmalen Gassen. Über den Köpfen der Gardisten schlossen die Bewohner geschwind die Fensterläden. Kein Bürger ließ sich mehr auf der Straße blicken.
    Sie erreichten das gewaltige Grabmal von Kaiser Octavian, das aus drei verschieden großen Stockwerken bestand. Das Dach war mit einer dicken Schicht Erde bedeckt. Vor dem mächtigen dunklen Eingang des Grabmals hielt Geller ein weiteres Mal inne.
    »Warum bleibt Ihr stehen?«, fragte Giulia. Sie schnappte nach Luft.
    »Weil wir ohne Verstand durch die Stadt laufen, Schwester«, keuchte Geller, beugte sich vor und stemmte die Hände auf die Knie.
    »War dies nicht Euer Plan?«
    »Gewiss«, sagte Geller. »Doch ist Rom zu groß, um es auf diese Weise abzusuchen. Vornehmlich war es meine Absicht, mir den Conte vom Hals schaffen.«
    »Und was gedenkt Ihr nun zu unternehmen?«, fragte Giulia.
    »Ich weiß es nicht«, gab Geller zu. »Ich denke, wir müssen weitersuchen.«
    »Hm«, machte Giulia. »Was würdet Ihr tun, wenn Euch Hunderte schwerbewaffnete Soldaten auf den Fersen wären?«
    Geller lachte auf. »Ich würde mich in die Lüfte erheben und fortfliegen.«
    »Fortfliegen, sagt Ihr?«, meinte Giulia wie zu sich selbst. Dann entstand eine Idee in ihrem Geist. »Nun, wenn dem Kardinal keine Flügel wachsen können, um vom Erdboden zu verschwinden, dann verschwindet er womöglich im Erdboden.«
    Verständnislos sah Geller sie an. »Wie darf ich das verstehen, Schwester?«
    »Nur eine Vermutung«, sagte Giulia, »aber mindestens ebenso gut oder schlecht, wie planlos durch Rom zu irren. Folgt mir!« Sie lief los.
    Geller schüttelte den Kopf. »Es geht weiter!«, rief er seinen Männern zu und hastete Giulia hinterher.
    Sie hielten sich weiter in den schmalen Gassen und erreichten zur Mittagszeit die ausgedehnte Piazza Venezia. Es war Markt. Die Falschspieler waren durch ihr engmaschiges Netz von Informanten als Erste über den Ansturm der Gardisten informiert und klaubten ihre Sachen zusammen. Gleich darauf packten die Händler ihre Waren ein und suchten unter ihren Marktständen Schutz. Der Rest stob auseinander wie ein Taubenschwarm. Frauen schrien, Kinder riefen lauthals nach ihren Müttern. Die Gardisten kümmerte das wenig. Sie rannten, angeführt von Giulia, quer über die Piazza Richtung Forum Romanum weiter.
    An der Piazza Tuscolo hielt Giulia inne. In der Mitte des Platzes stand ein Brunnen, in den aus drei großen Fischköpfen Wasser sprudelte. Alle liefen sie darauf zu und tranken, bis ihre ausgedörrten Kehlen und Körper ausreichend erfrischt waren.
    Geller tauchte den Kopf tief in das Wasser des Brunnens. Dann zog er ihn wieder heraus und warf sein nasses Haar schwungvoll nach hinten, sodass es nach allen Seiten spritzte. »Schwester«, sagte er und wischte sich die Tropfen aus den Augen. »Bei Eurer außergewöhnlichen körperlichen Verfassung wünschte ich, Ihr wäret Mitglied der Garde.«
    »Ihr wünschtet, ich wäre ein Mann?«, fragte Giulia mit spitzbübischem Lächeln.
    Das Gesicht Gellers bekam eine rötliche Färbung. »Nun, so war das nicht gemeint. Ich …«
    Lachend warf Giulia den Kopf in den Nacken. »Lasst es gut sein, Francesco.«
    Geller blinzelte. »Also, wollt Ihr mir verraten, warum Ihr uns nach Tuscolano geführt habt?«
    »Nicht weit von hier führt die Via Appia entlang«, erklärte Giulia.
    »Und?«
    »Dort liegt einer der Eingänge zu den Katakomben Roms.«
    Verstehen leuchtete in Gellers Augen auf. »Ihr glaubt«, sagte er, »Carafa hätte sich in die Katakomben geflüchtet?«
    »Das glaube ich«, sagte Giulia. »Er hält sich in den Katakomben versteckt, bis die Nacht hereinbricht und er aus Rom zu fliehen vermag.«
    »Und wenn Ihr Euch irrt?«
    »Dann können wir nur hoffen, dass er den anderen Patrouillen über den Weg läuft.«
    Geller stutzte. »Euch scheint sehr viel daran zu liegen, Carafa nicht entkommen zu lassen«, sagte er.
    »In der Tat.«
    »Aus welchem Grund?«, fragte Geller. »Gewiss, er hat Euch nach dem Leben getrachtet. Doch seid Ihr nicht die Art Mensch, die auf Rache sinnt.«
    »Mir

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