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Die Tochter des Kardinals

Die Tochter des Kardinals

Titel: Die Tochter des Kardinals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Fandrey
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ehrwürdigen Eminenzen. Die Bischöfe verpflichteten Wir, in regelmäßigen Abständen nach Rom zu kommen. Schließlich meine angeblich weiche Hand im Kampf gegen die Reformation. Aber wie, so sag Uns, liebstes Kind, wie hält man mit einem Eimer Wasser einen Waldbrand auf, will man nicht den ganzen Wald abholzen?«
    Giulia deutete auf das Kreuz. »Glauben wir nicht alle an denselben Gott? Unser Herr Jesus steht auf katholischen wie auf protestantischen Altären. Die Worte in der heiligen Schrift gelten für jeden von uns.«
    »Sprich diese Worte niemals außerhalb dieser Mauern aus!«, warnte der Papst. »Sie könnten dich deinen Kopf kosten. Hüte dich unter allen Umständen vor den Kardinälen! Ihre Zungen sind flink, aber sie sprechen nur Worte der Heuchelei.«
    Giulia schluckte schwer. »Gewiss gibt es Kardinäle, die Eurer Heiligkeit treu ergeben sind.«
    »Die gibt es, doch es sind nur wenige.«
    Eine Frage brannte Giulia auf der Seele. Doch wollte sie den Heiligen Vater nicht nach den Namen der Kardinäle fragen, die ihm nicht wohlgesinnt waren. Sie hatte Angst vor der Antwort.
    »Und der Rest?«, sprach der Papst weiter. »Es sind Bestien in Menschengestalt. Meister des Mummenschanzes, gierig nach Gold, Macht und Pfründen. Wäre es ihnen möglich, sie würden Uns auf der Stelle hinrichten lassen.«
    Kein Wort kam über ihre Lippen. Übelkeit stieg in ihr hoch, denn sie glaubte zu wissen, wen der Papst im Sinn hatte, wenn er über seine Feinde sprach.
    »Fühlst du dich nicht wohl?«
    »Doch, doch, Euer Heiligkeit!«, sagte sie.
    »Wir sollten hinausgehen.« Der Heilige Vater half Giulia hoch. »Die Luft hier drinnen ist nicht gut.«
    Leicht taumelnd folgte Giulia dem Papst vor die Tür. Dort warteten die Gardisten und Kleriker.
    »Zurück zum Petersdom«, ordnete der Papst an.
    Hinter dem Heiligen Vater und Gazetti bestieg Giulia die Kutsche; noch immer war ihr schwindelig. Sie nahm ihren Platz ein und bemerkte kaum, dass die Kutsche anfuhr.
    »Gazetti«, sagte der Papst. »Noch in diesem Jahr wollen Wir Unsere Heimatstadt besuchen. Bereitet alles für eine Reise nach Grottammare vor.«
    »Sehr wohl, Euer Heiligkeit«, sagte Gazetti, tauchte eine Schreibfeder in ein Tintenfass und machte Notizen.
    Giulia hörte die Worte, nahm sie jedoch kaum wahr. Sie schaute still aus dem Fenster und dachte nach.
    Es war später Nachmittag, als der Tross wieder den Petersdom erreichte. Gazetti entließ Giulia für heute aus dem Dienst. Sie wusste, dass Kardinal Carafa ihren Bericht erwartete. Mit einem flauen Gefühl im Magen machte sie sich auf den Weg.
    Vor der Tür zu den Räumen des Kardinals im Petersdom wachten zwei Gardisten. Sie klopften an und ließen Giulia eintreten.
    Drinnen thronte Carafa wie eine purpurne Spinne hinter seinem Tisch. Davor saß ein fetter, kahlköpfiger Kardinal.
    »Schwester Giulia!«, rief Carafa und winkte sie heran.
    Als ihr Name fiel, fuhr Carafas Gast herum und betrachtete sie mit einer Mischung aus Neugier und Erschrecken. Giulia blickte ihn ein feistes, rot geädertes Gesicht mit kleinen, flinken Augen.
    »Pozzi«, sagte Carafa zu dem Kardinal, »wenn Ihr uns bitte entschuldigt.«
    Kardinal Pozzi stand ächzend auf. Giulias Blick fiel auf ein Dokument auf Carafas Tisch, das das Siegel des spanischen Königs zierte. Sie erkannte es, weil sie es schon einmal bei Gazetti gesehen hatte. Pozzi bemerkte den Blick, griff rasch nach den Papieren und stopfte sie unter sein Gewand. Er warf einen letzten scheuen Blick zu Giulia hinüber, dann entfernte er sich mit kleinen Schritten.
    Carafa bot Giulia den noch warmen Stuhl an und sah sie erwartungsvoll an.
    Giulia fühlte sich sehr unwohl. Der Kardinal strahlte eine Kälte aus, wie sie sie früher nicht einmal in den Monti Sibillini verspürt hatte. Es fiel ihr schwer, irgendetwas hervorzubringen.
    »Sprecht«, sagte Carafa und lächelte.
    »Nun«, sagte Giulia gedehnt, um Zeit zu schinden. »Ich habe heute den Dienst bei Seiner Heiligkeit wieder aufgenommen.«
    »Was habt Ihr zu berichten?«
    Giulia spürte, dass ihre Hände zitterten. Gellers Worte kamen ihr in den Sinn.
    Carafa schien ihre Gedanken lesen zu können. »Man hat Euch vor mir gewarnt, nicht wahr?«, sagte er.
    Giulia erschrak. Woher konnte er das wissen? Keine Seele hatte ihrem Gespräch mit dem Capitano gelauscht. Oder doch?
    Carafa lehnte sich lächelnd zurück. »Fürwahr«, sagte er, und seine Stimme klang ruhig und wohlwollend, »ich kenne meinen Ruf. Die, die Seiner

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