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Die Tochter des Kardinals

Die Tochter des Kardinals

Titel: Die Tochter des Kardinals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Fandrey
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Heiligkeit schaden wollen, verleumden mich. Ihnen ist kein Versuch zu müßig, das Vertrauen, das der Heilige Vater und andere in mich setzen, zu untergraben. Nur sagt mir: Warum hat der Heilige Vater mich zum Vizekanzler der heiligen Mutter Kirche gemacht, wenn er mir nicht blind vertraut? Warum würde ich Euch zu seinem Schutz aus der Provinz nach Rom holen, wenn ich ihm Leid zufügen wollte? Sagt es mir, Schwester Giulia.«
    In der Tat, dachte Giulia. Seine Argumente waren schlüssig. Sie fasste ein wenig mehr Vertrauen zu diesem Mann. »Ich gebe zu, dass man mich vor Euch gewarnt hat, Euer Eminenz«, sagte sie.
    »Ich dachte es mir«, sagte Carafa. »Glaubt mir im Namen des Herrn, dass ich nur das Beste für Seine Heiligkeit und die Kirche will. Ich kann Euch nur bitten, mir zu vertrauen. Euer Hiersein sollte Euch als Beweis für meine Aufrichtigkeit dienen.«
    Wortlos sah sie ihn an. Der Kampf in ihrem Herzen war so groß, dass ihr Tränen in die Augen stiegen.
    Carafa stand auf und ging um den Tisch herum. Unvermittelt fiel er vor ihr auf die Knie. Er nahm ihre Hand und sprach: »Seht mir in die Augen, Schwester. Beim Kreuze Jesu schwöre ich Euch, dass ich die Wahrheit sage. Wollt Ihr das Leben Seiner Heiligkeit schützen, müsst ihr mir glauben. Ihr müsst!«
    Sie fühlte Carafas warme Hände auf den ihren liegen und spürte ein seltsames Gefühl der Zusammengehörigkeit. Was war nur an diesem Mann, dass er sie derart verwirrt und melancholisch zugleich machte? Sie kannte ihn erst seit wenigen Tagen und fühlte sich ihm schon verbunden. Auf der einen Seite wäre sie ihm am liebsten um den Hals gefallen, auf der anderen Seite überkam sie der Drang, so weit vor ihm zu fliehen, wie ihre Füße sie nur zu tragen vermochten. Doch das Leben des Heiligen Vaters war in Gefahr. Sie wollte und konnte nicht glauben, dass Carafa ihm nach dem Leben trachtete. »Ich glaube Euch, Eminenz, dass Euer Bestreben nur dem Wohl Seiner Heiligkeit gilt«, flüsterte sie.
    Carafa atmete auf. »Gut«, sagte er und streichelte sanft über ihre Hände. Dann stand er auf und setzte sich wieder Giulia gegenüber. »Bitte berichtet.«
    Beruhigt begann Giulia, von dem heutigen Tag zu erzählen. Carafa zeigte sich als aufmerksamer Zuhörer, der hier und da Fragen stellte. Als Letztes erzählte sie ihm von den Plänen des Papstes, noch in diesem Jahr seinen Geburtsort aufzusuchen.
    Auf der Stelle wurde Carafa hellhörig. »Was sagt Ihr da?«, fragte er. »Er will nach Grottammare?«
    Giulia nickte.
    »Bedenkt er, dass dort nicht in ausreichendem Maße für seine Sicherheit gesorgt ist?«
    »Mir scheint, dieser Gedanke ist ihm nicht wichtig, Euer Eminenz«, antwortete Giulia. »Der Wunsch, seine Heimat noch einmal zu sehen, ist dagegen übermächtig.«
    Carafa strich sich nachdenklich übers Kinn. »Wir müssen alles tun, ihn auf dieser Reise zu beschützen. Berichtet mir unverzüglich, sobald Ihr etwas über Zeitpunkt und die Umstände in Erfahrung bringt, Schwester.«
    »Das werde ich, Euer Eminenz«, sagte Giulia. Sie wusste, dass sie nun entlassen war, und stand auf. Gerade wollte sie den Raum verlassen, da hielt Carafa sie zurück.
    »Gestattet mir noch eine Frage, Schwester«, sagte er.
    »Gewiss, Euer Eminenz.«
    »Wer hat Euch vor mir gewarnt?«, fragte er. »Ich bitte Euch, mir seinen Namen zu nennen.«
    Giulia dachte nicht lange über ihre Antwort nach. »Ein Kardinal«, log sie. »Ein Kardinal gab mir den Rat, Euch nicht zu trauen. Ich kenne seinen Namen nicht.«
    »Danke«, sagte Carafa. Giulias Worte schienen ihn keineswegs zufriedenzustellen. »Es ist gut. Ihr könnt gehen.«
    Giulia lächelte zögerlich und verließ das Gemach.

15
    Am Abend lag sie auf ihrem Bett und dachte über die Ereignisse des Tages nach. Insbesondere die Unterredung mit Carafa spukte ihr unentwegt im Kopf herum. Den Schleier hatte sie ordentlich auf einen Stuhl gelegt, die Schuhe vor das Bett gestellt. Plötzlich klopfte es. Giulia wollte niemanden sehen und sprechen – so stellte sie sich schlafend und hoffte, der Besucher würde wieder gehen.
    Es klopfte noch einmal. »Ich bin es«, erklang eine bekannte Stimme. »Fulvia.«
    Giulia stand auf, schlüpfte in ihre Schuhe und öffnete.
    Fulvia drängte sich an ihr vorbei und schloss leise die Tür.
    »Was gibt es so spät noch?«, fragte Giulia.
    Fulvia lächelte geheimnisvoll. »Ich habe dir versprochen, dir etwas zu zeigen«, sagte sie. »Noch in dieser Nacht ist es so weit.«
    »Ich verstehe nicht«,

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