Die Tochter des Ketzers
war, hat sie nicht ausgehalten, allein zu schlafen. Sie ließ nach mir schicken, auf dass ich mit ihr im Bett liege. Doch damit begnügte sie sich nicht. Sie wollte mich fühlen, sie streichelte mich, streichelte mich überall, am ganzen Körper, ich musste meine Kleidung ablegen, und auch sie machte sich nackt. Und dann legte sie sich auf mich. Es ... es kam niemals ... niemals zur Begattung, verstehst du, so weit ging sie nicht. Sie hatte Angst vor der Hölle, und sie wusste, dass eine Sünde wider die Natur sie dorthin bringen würde. Aber ebenso große Angst hatte sie vorm Alleinsein. Sie wollte mich haben, mich besitzen, mich einhüllen, mich vergraben. Sie hatte schwere Brüste; spitz und hart waren ihre Warzen, die sich in meine schmächtige Brust bohrten. Die Haare ihrer Scham kitzelten mich; auch sie rochen nach diesen stark duftenden Essenzen. Manchmal dachte ich, ich müsste mich übergeben, aber ich konnte mich nicht rühren. Ich habe mich so geekelt, verstehst du, so geekelt?«
Caterina wusste, was er meinte. Mit jedem Wort, das er sprach, erwachte gleicher Ekel in ihr, galt diesmal nicht nur ihm, sondern verknüpfte sich mit Erinnerungen, mit der Ohnmacht, unter Leibern zu liegen, schwitzenden, schnaufenden, von ihnen . erdrückt zu werden.
»Ja, ich habe mich geekelt«, sprach er fort, »ich habe ihren schweren Leib so sehr gehasst. Aber dann, als ich von ihr getrennt war, als ich in diesem finsteren, heißen Gefängnis hockte ... da dachte ich manchmal an sie, begann, mich nach ihr zu sehnen, wurde gierig darauf, ihren Leib zu spüren. Er kam zu mir in meinen Träumen, und mein Ekel vermischte sich mit Lust. Ich hasste sie, aber ich war so einsam, so gottverlassen, dass ich sie doch auch begehrte, weil ihrer der einzige Leib war, an den ich mich so gut erinnern konnte. Ich rief ihren Namen, und während ich an sie dachte, nässte mein Samen meine Hosen. Es war erniedrigend, so erniedrigend! Dies war meine schlimmste Folter: Dass ich mir so sehr wünschte, ihren Leib zu fühlen! Dass ich mit jeder Faser danach lechzte! Dass ich zwar nicht vergaß, was sie mir angetan hatte, aber es mich nicht länger ein Vergehen deuchte, sondern etwas, was ich mir wünschte!«
Er seufzte lange und tief, dann furchte sich seine Stirne.
»Er wusste es nicht – aber Onorio Balbi hat mich um meinen Ekel betrogen, um die Verachtung, die ich einst als Kind für sie empfand. Das werde ich ihm nie verzeihen. Dass ich über Jahre vergessen habe, wie widerwärtig sie mir war. Erst nach und nach, als ich in Freiheit war, ist es mir wieder eingefallen.«
»Nicht immer dürfen wir hassen, wie wir wollen«, murmelte Caterina.
Sie sprach es leichtfertig aus, mehr ihm zum Troste als für sich selbst, doch als er nichts sagte, sondern die Worte im Schweigen stehen blieben, so begann sie ihre Bedeutung auch für sich selbst zu ergründen.
Oft hatte sie Gaspare in den letzten Wochen angesehen, hatte sich ihm zwar nicht nah, aber ähnlich gefühlt, hatte Wunden geahnt wie ihre eigenen und die gleiche mechanische Nüchternheit erlebt, die sie so gut kannte. Nur sein Hass, sein tiefer, grollender, unerschütterlicher Hass war ihr fremd. Er hatte sich ihm offenbar ohne Zögern hingegeben – sie hingegen hatte ihn seit jener Stunde, da sie zu sich gekommen war und begriffen hatte, was man ihr angetan hatte, gemieden, ahnend, dass solcher Hass nur Einsamkeit bringen würde und Ray der Einzige war, der sie vor dieser Einsamkeit schützte.
»Ja«, bekräftigte sie, »ja, nicht immer dürfen wir hassen, wie wir wollen.« Sie hasste Ray nicht, sie hatte es nie getan, und wenn ihr das jemals das Gefühl eingebracht hatte, sie wäre solcherart zu kurz gekommen, um etwas betrogen worden, was die Gerechtigkeit ihr eigentlich zusprach, so war sie in diesem Augenblick erleichtert, ihm nicht nachgegeben zu haben. Gaspare hatte sich seinem Hass ergeben, hatte ihn trotzig gehegt und gepflegt – und war so allein, dass er selbst einem Mädchen wie ihr sein Innerstes anvertraute.
Er blickte auf. »Geh jetzt!«, befahl er schroff.
»Was wirst du tun?«
Er sagte es ihr nicht.
Die nächsten Tage vergingen, ohne dass Gaspare sein neues Reiseziel offenbarte. Er rief sie auch nicht wieder zu sich. Unruhig war die See unter einem bedeckten Himmel; Caterina und Ray bekamen das mehr als einmal schmerzlich zu spüren, wenn sie durch jähe Stöße in ihrem engen Raum hin und her geworfen wurden. Ständig drang durch die Ritzen Gischt, sammelte sich zu
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