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Die Tochter des Ketzers

Die Tochter des Ketzers

Titel: Die Tochter des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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zurück, ohne etwas über Gaspare und Ray berichten zu können. Er brachte etwas zu essen mit: Feigen, Orangen und Pinienkerne. Caterina war sich sicher, dass er es gestohlen hatte, aber sie fragte nicht danach. Ähnlich geschickt wie Ray entfachte er später ein Feuer, und in den Nächten, die folgten, lagen sie eng beieinander, um nicht zu frieren, wenngleich nicht Haut an Haut, wie sie einst mit Ray gelegen hatte. Akil atmete ruhig, während sie, von Schmerzen im Bein und von Unruhe wach gehalten, in den unergründlich weiten Sternenhimmel starrte.
    Als Akil am dritten Tage von Aleria wiederkehrte – stillschweigend war es bei der Übereinkunft geblieben, dass sie ihre Wunde schonte und er alleine aufbrach –, hatte er endlich Neuigkeiten.
    Sie wusste nicht, wie er es angestellt hatte, diese zu erfahren, desgleichen wie sie sich auf dem Schiff oft gewundert hatte, wie viel er wusste. In jedem Fall erzählte er, dass man Gaspare und Ray wohl tatsächlich an den berüchtigten Attilio de Mari übergeben hätte, dass jener sie – wie von Davide vorhergesagt – gegen eigene Leute ausgetauscht hätte, die im Gefängnis schmorten, und dass die beiden schließlich dort gelandet seien. Der Kerker befände sich nicht weit vom Hafen entfernt, wäre unterster Teil der Zitadelle und jene wiederum auf alten Römermauern errichtet. Er habe mit dem dortigen Wärter gesprochen, versucht, jenen zu überzeugen, ihn zu den Gefangenen vorzulassen, doch es war ihm nicht erlaubt worden.
    »Denkst du ... denkst du, dass man sie hängen wird?«, fragte Caterina.
    Akil zuckte mit den Schultern. »Ich glaube nicht. Ich glaube eher, dass man sie vergisst. Vielleicht lässt man sie einfach verhungern und verdursten.«
    »Gaspare hat schon einmal im Kerker gehockt«, murmelte Caterina düster.
    »Der Wärter ließe sich wohl bestechen, so wie die meisten seinesgleichen. Er hat mich lange angestarrt und dann gemeint, er könne einen Ballen Wollvlies gebrauchen, seine Kleidung sei ganz löchrig.« Wieder zuckte er mit den Schultern. »Vielleicht würde er mich zu ihnen bringen, und ich könnte etwas zu essen besorgen ...«
    »Woher soll ich einen solchen Ballen nehmen?«, fragte Caterina hoffnungslos.
    »Weiß ich nicht. Aber in jedem Fall zeigt es, dass der Mann käuflich ist. Wenn wir ... wenn wir Geld hätten – vielleicht könnten wir sie sogar freibekommen.«
    »Ha!«, lachte Caterina bitter auf. »Und woher soll ich Geld nehmen?«
    Schweigend hockten sie beisammen. Zuerst blickte Caterina stumpf in den funkelnden Horizont, dann auf den eigenen Schoß und auf das Bündel, das Ray für sie gerettet hatte. Sie hatte sich so daran gewöhnt, dass sie dessen Gewicht kaum mehr spürte. Fast war sie überrascht, es hier bei sich vorzufinden, hob es hoch, als müsste sie sich erst vergegenwärtigen, nicht ganz ohne Besitz zu sein. Vorsichtig löste sie das Leinen, zog das Kästchen heraus, zwar angeschlagen, aber durchaus noch glänzend.
    Nie hatte sie mit Akil über die Reliquie gesprochen, gewiss wusste er auch gar nicht, welche Bedeutung diese für sie hatte.
    »Willst du das wirklich tun?«, fragte er dennoch – als ahnte er nicht nur von dem Plan, der da plötzlich in ihr reifte, sondern auch, dass das, was sie da mit sich trug, etwas Kostbares, Besonderes für sie sein müsste.
    Seine Frage säte augenblicklich Zweifel in ihr. »Du würdest es nicht tun, nicht wahr?«, fragte sie, rang um weitere Worte, sprach schließlich mehr zu sich selbst als zu ihm. »Nicht für diese beiden. Nicht für einen Betrüger und einen Krieger, der eigentlich nichts weiter ist als ein heimatloser Pirat ... Nein, für die beiden würdest du deinen Glauben nicht verraten.«
    Akil schwieg.
    »Wenn du wählen könntest zwischen deinem Glauben und der ... ich weiß gar nicht, wie ich es nennen soll: Ist es Liebe für einen der beiden Männer, ist es Gewohnheit, ist es Zuneigung? Nun, aber wenn du nun entscheiden könntest, zwischen deinem Glauben und dem Leben eines lieben Menschen, was würdest du tun?«
    Immer noch antwortete er nicht.
    »Zählt ihr Leben nicht auch, und zählt es nicht vielleicht noch mehr?«
    Sie ließ ihren Schatz sinken. »Nach dem Tod meines Vaters«, sagte sie leise, »dachte ich, ich wäre ganz alleine auf der Welt, müsse als Einzige den rechten Glauben bewahren, beweisen, dass mein Vater kein Ketzer war. Ich dachte, ich sei nur von Feinden umgeben, vor allem aber von Sündern, Ray war ja auch einer. In seiner Gesellschaft, da

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