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Die Tochter des Ketzers

Die Tochter des Ketzers

Titel: Die Tochter des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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gelauscht hätte.
    Nur aus den Augenwinkeln nahm ich wahr, wie Julia sich erhob.
    »Lass sie los, Marcus!«, befahl sie.
    Sein Griff wurde schmerzhafter, anstatt sich zu lockern.
    »Was wäre geschehen, wenn sie ...«, setzte der Mann an, und der Grimm wollte nicht aus seiner Stimme weichen.
    Nun schien auch Julia Aurelia wütend zu werden. Als sie entschlossenen Schrittes auf uns beide zutrat, nahm ihre Stimme wieder jenen altvertrauten schrillen, unangenehmen Ton an. »Menschen wie wir brauchen vor nichts und niemandem Angst zu haben«, erklärte sie heftig. »Ich kenne dieses Mädchen. Sie ist eine Sklavin des Felix Gaetanus. Und nun lass sie los!«
    Die Finger lockerten sich ein wenig.
    »Eine Sklavin!«, rief er aus.
    »Was klingt deine Stimme so verächtlich, Marcus?«, fuhr Julia ihn an. Ihre Hände durchfuchtelten die Luft. »Stört dich etwas daran? Es gibt nicht mehr Sklaven noch Freie, Männer noch Frauen, Juden noch Heiden, sie sind alle eins ... Ist einer Sklave, so trage er sein Joch; ist jedoch einer frei, so rühme er sich nicht dafür.«
    »Und was ist, wenn sie uns an ihren Herrn verrät? Was ist, wenn ...«
    »Feigling!«, zischte Julia. »Was für ein Feigling du doch bist!«
    »Julia! Marcus!« Eine mahnende Stimme unterbrach den Streit der beiden. Wem immer sie gehörte, er schien Macht genug zu haben, dass sowohl Marcus als auch Julia beschämt zusammenzuckten und herumfuhren. Endlich wurde ich losgelassen, wenngleich dabei so heftig gestoßen, dass ich quer durch den Raum stolperte. Gefangen fühlte ich mich nun im Kreise dieser Menschen, die mich anstarrten – die einen unbewegt, die anderen misstrauisch, wiederum andere sogar freundlich.
    »Bringt nicht Streit und Zwist in unsere Mitte«, fuhr jene Stimme fort. Sie gehörte einem älteren Mann, graubärtig, aber mit forderndem Blick und rüstiger Haltung. »Gebt euch brüderlich die Hand zum Zeichen der Versöhnung.«
    Gleichwohl sich sichtbares Unbehagen in seine Miene schlich, kniff Marcus die Lippen zusammen. »Nicht bevor diese ... diese Fremde verschwunden ist.«
    »Wie?«, fuhr Julia ihn da schon wieder an, sie sprach so heftig, dass der Schleier, den sie sich offenbar vor Betreten des Hauses über den Kopf gezogen hatte, verrutschte. »Willst du sie nicht willkommen heißen in unserer Mitte? Willst du sie nicht als Gast aufnehmen?«
    »Damit sie hernach zu Gaetanus rennt und ihm erzählt ...«
    »Das wird sie nicht tun!«
    »Woher weißt du das?«
    »Weil ich sie kenne!«
    »Ach, du kennst sie? Du kennst ja alle Menschen. Bist ja nicht wie unsereins ein Leben lang auf dieser Insel gehockt, sondern hast die große weite Welt erforscht. Aber nur weil du persönlich die Gemeinde des Cyprianus...«
    Diesmal unterbrach der alte Mann nicht mit seinem Rufen ihren Streit, sondern mit seinem Seufzen. Zu meinem Erstaunen vermochte dieser Laut mehr auszurichten als sämtliche Worte. Eben noch hatten sie sich angefunkelt, nun blickten Julia und Marcus beschämt auf die hängenden Schultern des Alten. Stille senkte sich über den Raum, bleiern und schmerzhaft. Die Blicke, die eben noch mir gegolten hatten, fielen nun auf die beiden. Auch ich harrte ungeduldig, dass einer das Schweigen unterbrechen möge, den Streit beenden.
    Marcus war es, der nachgab. Er wich zwar Julias Blick aus, und um seine Lippen lag ein trotziger Zug, doch er senkte leicht den Kopf und murmelte: »Vergib mir. «
    Julia antwortete mit gleichen Worten – ich hätte schwören können, dass sie ihr nur widerwillig über die Lippen kamen, und dann traten sie aufeinander zu, um sich rasch zu umarmen und sich ebenso rasch wieder voneinander zu lösen.
    Gleichwohl der alte Mann nicht zusah, schien er doch zu erahnen, was hinter seinem Rücken vorging. Mit einem freundlichen Lächeln wandte er sich den beiden zu, nickte bekräftigend und ging zurück zu seinem Platze, um sich dort wieder hinzuknien.
    »Wir wollen nun gemeinsam ...«
    Ich lauschte seinen Worten nicht mehr. Längst hatte ich das Gefühl, mehr gehört zu haben, als mir zustand – und als es gut für mich war. Rasch drehte ich mich um, und ehe Marcus’ rohe Hände erneut nach mir fassen konnten, war ich schon ins Freie gelaufen und stürmte davon.
    »Krëusa!«, rief sie. »Krëusa, lauf nicht fort von mir!«
    Julia musste mir sofort gefolgt sein, doch erst nach einer Weile rief sie meinen Namen. Ich zuckte zusammen, fühlte mich ertappt.
    »Lass mich in Ruhe!«, rief ich, und meine Stimme klang nicht minder schrill

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