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Die Tochter des Ketzers

Die Tochter des Ketzers

Titel: Die Tochter des Ketzers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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gefällt, ist doch ohnehin zu wenig Fleisch dran, um lustvoll zuzupacken, oder?«
    »Und wo sollen wir deiner Meinung nach dann hingreifen? Etwa nach deinem Arsch?«
    Er lachte schrill; Ray stimmte halbherzig mit ein.
    »Ganz sicher nicht«, meinte er – und dann unterbreitete er ihnen einen Vorschlag, den Caterina zu jeder anderen Stunde als anstößig und sittenlos empfunden hätte. Heute freilich erfüllten Rays Worte sie nur mit Erleichterung. Sie schloss die Augen und legte beruhigt den Kopf auf seinen Rücken.
    In der Nacht bekam sie kein Auge zu.
    Auf dass die Männer von ihr abgelenkt wären (das war das Lohnenswerte an seinem Vorschlag) und er sich auch selbst der Lust hingeben konnte (dies war das Schändliche daran), hatte Ray für ein paar Mädchen aus dem Dorf bezahlt. Es war nicht gewiss, ob diese Frauen in Wahrheit ehrbare Bäuerinnen waren, die sich solcherart ein Zubrot verdienten, oder aber jene liederlichen Frauenzimmer, die einzig davon lebten, den Körper zu verkaufen. In jedem Fall kamen sie mit großzügig ausgeschnittenen Kleidern, mit offenem Haar, wie es eigentlich nur Jungfrauen tragen durften, und setzten sich bereitwillig zu den Franzosen, um zuerst das Mahl, dann den Wein, schließlich das Lager – kaum mehr als verlauste Strohmatten – zu teilen. Am liebsten von allem schien ihnen das Trinken zu sein. Eine von ihnen war lange stumm geblieben, kurz hatte ihr toter Blick den von Caterina getroffen. Doch nachdem sie einige Schlucke des säuerlich riechenden Weins in sich hineingeschüttet hatte, so gierig, als wäre sie am Verdursten, da begann sie laut zu lachen, sogar zu singen, und ihre Augen glänzten mit einem Male.
    Dieses Mädchen machte sich an Ray heran, und wiewohl jener anfangs steif stehen blieb und nicht auf ihre Umarmungen reagierte, so grinste er schließlich doch belustigt, ließ sich verleiten, sich hinzulegen, und schon setzte sie sich auf ihn drauf.
    Caterina schüttelte nur stumm den Kopf. Ein Wort aus der Bibel fiel ihr ein: Tötet, was irdisch an euch ist: die Unzucht, die Schamlosigkeit, die Leidenschaft, die bösen Begierden. Doch der vorige Schrecken saß ihr noch zu sehr im Leib, um es auch auszusprechen.
    »Sieh zu, dass du dich in irgendeiner Ecke verkriechst!«, rief
    Ray ihr schon nachlässig zu, indessen seine Hand in den Ausschnitt des Mädchens fuhr, das ihm da neckisch und zugleich mit ausdrucksloser Miene seine Brüste entgegenreckte.
    Caterina folgte seinem Befehl schweigend, durchwachte die Nacht, nicht nur vom Stöhnen – manchmal sanft, manchmal ächzend, manchmal so schrill, als würde Lust zugleich schmerzen – am Schlaf gehindert, sondern auch von eigenen Gedanken.
    Wie gerne hätte sie Ray beschimpft und getadelt! Und wie dankbar war sie ihm insgeheim, dass er es verstand, sie zu schützen!
    Wie verderbt war es, Geld für Frauen zu verschwenden! Und zugleich wie großzügig von ihm, es nicht zuletzt zu ihrem Wohle zu zahlen!
    Irgendwann versank sie doch in unruhigen Schlummer, erwachte mit schmerzendem Hals ob des Rauchs.
    Ray schien es nicht sonderlich besser zu gehen. Blass war er und hatte obendrein tiefe Ringe unter den Augen, gleichwohl er behauptete, sich beim Wein zurückgehalten zu haben.
    Erst im Gespräch, das er zum Abschied mit dem Kastellan führte, schien Ray wieder zu erwachen. Caterina, erleichtert, dass keiner der Männer ihr mehr Beachtung schenkte, hörte anfangs kaum zu und wurde dann doch aufmerksam, als mehrere Mal der Name Aragóns fiel, jenes Landes, in das sie ziehen würden.
    »Ich würde nicht nach drüben gehen«, riet der Kastellan. »Ich riech’s, es liegt schon in der Luft: Bald gibt es Krieg zwischen Frankreich und Aragón. Schon jetzt streiten sie sich im Mittelmeer andauernd um irgendwelche Inseln. Würde mich nicht wundem, wenn die Fehde demnächst aufs Festland schwappt. Es heißt auch, der Papst wäre dem dortigen König nicht wohlgesonnen und plane, die Krone einem französischen Prinzen zu übertragen.«
    »Ach was!«, winkte Ray ab. »Beide Länder sind gut beraten, sich an den Vertrag von Corbeil zu halten.«
    »So wär’s, wenn drüben alles recht liefe. Aber du weißt: Aragón ist geteilt zwischen zwei Brüdern. Und jene leben in solchem Unfrieden, dass dieser sich schnell über die Grenze hinweg ausbreiten könnte, wenn du verstehst, was ich meine!«
    Ray nickte wissend, Caterina jedoch begriff nichts.
    Später, nachdem sie aufgebrochen waren, mühselig den Wagen über die Steine hievten, die noch

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