Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Tochter des Königs

Titel: Die Tochter des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
Vom Netzwerk:
Abend gesehen. Das ganze Viertel rund um das Forum und den Palatin ist evakuiert worden. Sie sind jetzt bei Aulus Plautius und dessen Familie in deren Villa in den Bergen. Alle sind außer Gefahr.« Einen Moment drohte ihm die Stimme überzuschnappen, er atmete tief durch, um sich wieder in die Gewalt zu bekommen.
    Eigon begriff sofort, was er getan hatte. Gleich nach dem Ausbruch des Feuers hatte er sich aufgemacht, um Julias Familie beizustehen. Zutiefst berührt stand sie auf und schenkte ihm einen Becher Wein ein. Als sie merkte, dass seine Hände zu heftig zitterten, um ihn zu halten, schloss sie mit sanftem Druck seine Finger darum. »Das Feuer ist bis zum Forum vorgedrungen?«, fragte sie.
    Er nickte. »Das ganze Viertel ist abgebrannt. Die Häuser der Senatoren, der Palatin, der Esquilin, die Domus Transitoria.«
    »Was? Der Kaiserpalast?« Sein Vater starrte ihn mit offenem Mund an.

    Flavius nickte. Nach dem Schluck Wein war seine Stimme fester. »Angeblich ist der Kaiser aus Antium zurückgekommen. Es heißt, dass er selbst an der Spitze der Feuerwehrmänner steht. Die Leute sagen, es handele sich um Brandstiftung.«
    »Nein.« Antonia spielte nervös mit dem Saum ihrer Stola. »Wer sollte so etwas tun? Es muss ein Unglück gewesen sein. Jeden Tag brechen doch Hunderte kleiner Feuer aus.«
    Nach einem Blick zu ihr zögerte Flavius einen Moment, ehe er fortfuhr. »Ich habe gehört, dass der Kaiser die Christen dafür verantwortlich macht.« Es war ihm anzuhören, wie schwer es ihm fiel, die Worte auszusprechen.
    Eine Weile herrschte Stille, in der nur das Plätschern des Wassers im Brunnen zu hören war. Die beiden jungen Frauen starrten auf die feinen Tröpfchen, die von einer plötzlichen Brise aus Westen erfasst wurden und auf die Pflastersteine regneten, ehe die Fontäne wieder gerade nach oben schoss. »Und warum?« Es war Eigon, die schließlich die Frage aussprach, die sich im Stillen alle stellten.
    »Er sagt, sie hätten ein Feuer prophezeit. In den ärmeren Vierteln sind Traktate im Umlauf, in denen es heißt, nur eine Feuersbrunst könnte die Stadt reinigen. Er sagt, sie hätten den Brand selbst gelegt, um sicherzustellen, dass sich ihr Orakel auch erfüllt.«
    Antonia und Eigon tauschten einen Blick. Der aufgehende Hundsstern am Morgenhimmel war im Schein der lodernden Flammen nicht zu erkennen gewesen.
    »Er sagt«, fuhr Flavius stockend fort, »dass die Christen das mit dem Leben bezahlen werden.«
     
    Jess öffnete die Augen und schaute auf den Teppich, doch sie sah nur die Reflexion der Flammen am Himmel, roch den Brandgeruch. Rings um sie her fiel ein feiner Ascheregen. Unwirsch fuhr sie sich über die Arme, nur um festzustellen,
dass keine Asche auf sie gefallen war. Es gab keine Feuersbrunst, sie saß in einem stillen, leeren Raum. Ohne sich dessen recht bewusst zu sein, stand sie auf und ging zu der unverputzten Wand, um die rauen Steine zu berühren. Bevor sie ihrer Pensionswirtin die Treppe hinaufgefolgt war, hatte diese ihr ein Infoblättchen in die Hand gedrückt, das sie vermutlich allen Gästen gab und das die Geschichte des Hauses erläuterte. Dort hieß es unter anderem, dass die rückwärtige Mauer von etwa 200 v. Chr. stammte und in die spätere Kirche integriert worden war. Diese Mauer hatte den großen Brand von Rom überstanden. Jetzt drückte Jess die Stirn dagegen und schloss die Augen, als könnte sie die Steine dazu zwingen, ihr ihre Geschichte zu erzählen. War das der Grund, weshalb Carmella sie in dieser Pension untergebracht hatte? Zweifellos kannte sie die Geschichte des Gebäudes. Jess spürte die Rauheit der Steine auf ihrer Haut, aber keine Bilder wollten sich einstellen. Kein Rauch, keine prasselnden Flammen, nichts. Nach ein paar Minuten setzte sie sich entmutigt wieder aufs Bett.
     
    »Bald muss ich tanken.« Rhodri hatte immer häufiger einen Blick aufs Armaturenbrett geworfen. »Siehst du ihn?«
    Steph schaute angestrengt in den Außenspiegel. »Ich glaube, er ist vier Autos hinter uns.«
    »Verdammt!« Rhodri schlug mit der flachen Hand aufs Lenkrad. »Schau auf die Landkarte. Kommt nicht bald eine Ausfahrt? Vielleicht können wir abbiegen, ohne dass er es merkt, und dann lassen wir ihn an uns vorbeirauschen. Aber lieber früher als später.«
    Obwohl Steph die Landkarte mittlerweile praktisch auswendig kannte, schaute sie noch einmal nach. Auf den nächsten Kilometern gab es keine einzige Ausfahrt. »Vielleicht kann ich mich auf der Damentoilette

Weitere Kostenlose Bücher