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Die Tochter des Königs

Titel: Die Tochter des Königs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Erskine
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Teil meines gesunden Menschenverstands. Aber das sagte sie alles nicht.
    Als sie schwieg, fragte er: »Und warum hast du gedacht, ich sei’s gewesen?«

    »Weil …« Sie seufzte. »Weil jemand mir sagte, du wärst es gewesen, und ich dumm genug war, der Person zu glauben.«
    »Daniel?«
    »Woher weißt du das?« Jess war verblüfft.
    »In letzter Zeit hat er mehrere seltsame Sachen gesagt. Aber wenn er geglaubt hat, dass ich bei dir eingebrochen bin, warum hat er mir dann vorgeschlagen, dich in Wales zu besuchen?«
    Jess zuckte bekümmert mit den Schultern. »Er hat dich in eine Falle gelockt. Er wusste, dass du’s nicht gewesen bist.«
    Vor Zorn verengten sich seine Augen. »Er muss doch gewusst haben, dass du mich rauswirfst.«
    Guter Gott, sie konnte ihm doch unmöglich die Wahrheit sagen! Dann würde er Daniel umbringen. Alle würden erfahren, was passiert war. Und sie würde das Grauen und den Skandal ihr Leben lang mit sich herumtragen. »Er hat jemand anderen geschützt. William, es ist doch egal, warum …«
    »Das ist alles andere als egal!« Er marschierte zum großen runden Tisch, der in der Mitte des Raums stand, und fuhr mit dem Finger die kunstvolle Einlegearbeit nach. Es war dämmrig in dem Raum, das einzige Licht stammte von den wenigen Sonnenstrahlen, die durch die geschlossenen Fensterläden hereinfielen. Und es roch nach Bienenwachspolitur und Staub. »Und wen hat er geschützt?«
    Jess spürte seine Wut, und die machte ihr Angst. »Ash«, sagte sie schnell. »Er dachte, Ash sei bei mir eingebrochen. Das ist er nicht«, ergänzte sie, sobald sie sah, dass Williams Mund sich verzog. »Es war ein dummes Missverständnis. Deswegen wollte ich dir auch erklären, weshalb ich mich dir gegenüber so gemein benommen habe.« Bedrückt und verwirrt brach sie ab.

    »Ein Missverständnis? Und warum dachte er, Ash sei’s gewesen? Weil er ein Schwarzer ist und deswegen ein Dieb?« Williams Wut schien mit jeder Sekunde zu wachsen.
    »Nein! Nein, natürlich nicht. Daniel hat gesehen, dass Ash mit mir nach der Schuldisco nach Hause gegangen ist, und dann dachte er …« Sie verhaspelte sich. »Also, es war nicht Ash, und du warst es auch nicht. Und es tut mir wirklich sehr, sehr leid, dass ich dich verdächtigt habe.«
    »Und dann hast du es so eingefädelt, dass ich nach Rom komme, damit du dich bei mir entschuldigen kannst? Darf ich fragen, warum du mich nicht einfach angerufen hast?«, fragte er sarkastisch.
    »Ich habe nicht gewusst, dass Kim und Steph dich eingeladen haben. Dass du kommst, habe ich erst heute Nachmittag erfahren.« Sie trat zu ihm. »Aber ich bin froh, dass du hier bist. Wenigstens habe ich jetzt die Möglichkeit, mich zu entschuldigen und dir alles zu erklären.«
    »Ich sollte wahrscheinlich froh sein, dass dein ganzer Zorn im Grunde gar nicht mir gegolten hat«, sagte William mit einem Seufzen und schwieg dann eine Weile. »Was machst du überhaupt hier in Rom? Ich dachte, du wolltest den ganzen Sommer in Wales verbringen und malen.«
    Jess zwang sich zu einem Lächeln. »Wenn du es wirklich wissen willst, ich mache mich über ein Gespenst schlau.« Sie verzog das Gesicht und hoffte, sie brächte ein entwaffnendes Grinsen zustande. Sie konnte ihm doch unmöglich die Wahrheit sagen.
    Ich bin hier, weil ich Angst habe, dass Daniel mich umbringt.
    Ich bin auf der Flucht.
    Ich weiß überhaupt nicht, was ich hier machen will oder wie lange ich bleibe oder was als Nächstes kommt.

    Momentan weiß ich nicht, ob ich mich je wieder nach England zurücktraue!
    Nein, das alles würde sie ihm nie im Leben sagen.
    Er sah ihr ins Gesicht. »Weißt du, ich verstehe dich überhaupt nicht mehr. Ein Gespenst, was sonst? Die natürlichste Erklärung der Welt!« Er beugte sich vor, und ehe sie zurückweichen konnte, drückte er ihr einen Kuss auf die Stirn. »Freunde, aber mehr nicht, stimmt’s? Verstehe ich die Botschaft richtig?«
    Jess nickte wortlos.
    »Na gut.« Er wandte sich ab. »Wo sind die anderen? In der Küche?« Er ging zur Tür, doch noch während er die Hand auf die kunstvoll geschmiedete goldene Klinke legte, drehte er sich wieder zu ihr. »Und du weißt wirklich nicht, wer bei dir eingebrochen ist?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Hast du die Polizei verständigt?«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Es war zu spät. Keine Spuren mehr.«
    Achselzuckend öffnete er die Tür und ging in den Korridor hinaus.
    Jess blieb reglos zurück.

Kapitel 10
    J emand hatte das kaputte Fenster repariert.

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