Die Tochter des Magiers 03 - Die Erwählte
Mann, von dem du sagtest, dass ich mich von ihm fernhalten sollte?«
»Höre, Temu, wenn ich einen anderen Schmied in dieser Stadt wüsste, wäre dein Schwager sicher nicht meine erste Wahl. Aber ich kenne leider keinen, und der Auftrag, den ich für ihn habe, ist eilig – und heikel.«
»Ich kann dir nicht sagen, ob er in seiner Schmiede ist. An diesem Tag ist nichts, wie es sonst ist. Vielleicht sitzt er auch bei meiner Schwester, oder er ist in den Tempeln, auch wenn ich Letzteres für unwahrscheinlich halte.«
»Dann müssen wir ihn suchen, nun komm.«
Temu zögerte. »Das heißt, ich muss ihn um einen Gefallen bitten, ist es nicht so?«
»Schau, wenn es nicht so wichtig wäre, würde ich dich nicht bitten. Aber ich weiß keinen anderen Weg.«
»Weg? Wohin?«
»Das erkläre ich dir später. Denn wenn ich keinen Schmied finde, ist der Pfad, den ich einschlagen will, schon zu Ende.«
»Er wird mich das jahrelang nicht vergessen lassen, das weiß ich«, brummte Temu, setzte sich aber endlich in Bewegung.
Sie beschlossen, es zuerst in der Schmiede zu versuchen. Die Straße der Richter war belebt, wenn auch längst nicht so überfüllt wie die Hauptstraße oder der Edhil-Platz. Die Menschen standen beisammen und besprachen die schicksalhaften Ereignisse des Tages. Maru schnappte im Vorbeilaufen das eine oder andere auf: Umatis Name fiel oft. Was hatte die Frau nur bewogen, den göttlichen Kaidhan zu töten? Nun, sie war zur Hälfte Viramatai, aber dennoch, das war so unerklärlich, es musste böse Zauberei im Spiel sein. »Zauberei«, das Wort geisterte durch die Gassen. Hatte man nicht drüben, auf der anderen Seite des Flusses, drei Maghai aus den Bergen gesehen? Oder vielleicht eine Kaschakku? Der Krieg hatte ja leider allerlei Gesindel in die Stadt gespült, sogar Urather musste man schon erdulden. Sicher hatten die zwielichtigen Fremden etwas damit zu tun. So musste es einfach sein. Urather und Kaschakku , diese Worte hörte Maru zu ihrer Besorgnis immer öfter. Sie waren fast am Edhil-Platz, als Maru wieder eine leichte Unruhe spürte. Sie begriff inzwischen, dass dieses Gefühl in feinen Abstufungen zu ihr sprach. Es war nur stark, wenn sie sich in unmittelbarer Gefahr befand, aber jetzt war es eher wie in der vergangenen Nacht, als sie auf der Äußeren Mauer das Gefühl gehabt hatte, beobachtet zu werden. Maru verlangsamte ihre Schritte und sah sich verstohlen um. Diese Ahnung hatte sie letzte Nacht nicht
getäuscht: Agir hatte sie verfolgt. Sie hatte ihn deutlich gespürt, als sie mit dem Schab den geheimen Auftrag besprochen hatten. Und anschließend hatte der verschlagene Kydhier sie an Tagor Xonaibor verraten. Agir! Er musste in der Nähe sein! Sie drehte sich um und entdeckte sein schmales Gesicht drei Dutzend Schritte entfernt. Er drückte sich eine Mauer entlang. Er verfolgte sie! Das konnte sie nicht zulassen.
»Was ist denn?«, fragte Temu, als Maru plötzlich stehen blieb.
»Ich habe da etwas zu klären, Augenblick«, antwortete sie, dann ging sie dem Kydhier entschlossen entgegen. Agir hatte sie wohl kurz aus den Augen verloren und bemerkte zu spät, dass er selbst entdeckt worden war. Er erbleichte. Nur noch zehn Schritte, dann würde sie ihm ein für alle mal klar machen, dass es besser für ihn war, sie in Ruhe zu lassen. Sein Blick huschte hin und her, und sein Gesicht zuckte ängstlich, aber er machte keine Anstalten davonzulaufen. Noch fünf Schritte.
»Das ist sie!«, schrie Agir plötzlich und wich einige Schritte zurück. Alle Augen wandten sich ihnen zu. Maru ging unbeirrt weiter.
»Das ist die Kaschakku, die Umati verzaubert hat!«, schrie Agir. »Eine Uratherin! Seht ihr nicht? Sie ist eine Kaschakku!«
Maru erstarrte – und die Menge mit ihr.
»Das ist doch nur ein Mädchen«, meinte einer zweifelnd.
»Aber sieh nur, die Kleidung«, ein anderer.
»Eine Uratherin!«, zischte eine Frau.
Agir warf Maru einen Blick zu, der gleichzeitig hasserfüllt und siegessicher war. Maru erwiderte den Blick, und der Kydhier erbleichte. »Lasst nicht zu, dass sie mich verhext«, schrie er in höchster Angst.
»Kaschakku!«, tuschelte es hinter Maru.
Plötzlich war Temu neben Maru und zog sie davon. »Los, komm«, flüsterte er heiser.
Das Wort sprang durch die Straße, es verbreitete sich über die kleinen Plätze und in die Nebengassen: »Kaschakku«, hieß es plötzlich von allen Seiten.
Temu lief schneller, und Maru tat es ihm gleich. »Kaschakku«, flüsterte es in den
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