Die Tochter des Magiers 03 - Die Erwählte
Schläge durch die Hütte. Er vertiefte die Blutrinne mit einem Meißel und füllte sie mit geschmolzenem Gold. Dabei durchbohrte er die Klinge, damit das Gold sich verbinden konnte. Er trieb weitere feine Kerben ins Eisen und füllte auch diese mit dem gelben Metall auf. Schließlich verwendete er den Rest des Goldes, um ein dünnes Blech dicht am Heft über die Klinge zu ziehen. Maru verlor irgendwann das Zeitgefühl. Ihre Beine schmerzten von der ungewohnten Tätigkeit. Sie schwitzte, und das Atmen fiel in der stickigen Hütte schwer. Aber schließlich, es war schon später Nachmittag, war es vollbracht. Kullu steckte die Klinge in einen Eimer Wasser, wo sie zischend abkühlte.
»Es ist gut. Ihr könnt jetzt aufhören«, sagte er. Dampf stieg aus dem Eimer und füllte die niedrige Kammer. »Draußen ist ein Brunnen, dort könnt ihr euch säubern.«
»Ich weiß nicht, ob ich den Weg schaffe«, jammerte Temu, »meine Beine fühlen sich an, als wären sie aus Sand.«
»Du warst ein guter Gehilfe, Schwager, meine eigenen hätten es nicht viel besser gekonnt«, lobte ihn Kullu. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn.
»Ist es gelungen?«, fragte Maru.
»Du wirst es gleich sehen, Mädchen«, antwortete der Schmied und nahm das Eisen mit der Zange aus dem Wasser. »Nicht anfassen, es ist immer noch heiß«, mahnte er. Da lag die Klinge, matt glänzend und von hell schimmernden goldenen Bahnen durchzogen.
»Es sieht gut aus«, fand Temu, der sich die Beine massierte.
Kullu und Maru tauschten einen vielsagenden Blick. Der Schreiber verstand wirklich nichts von Waffen.
»Geht euch ruhig waschen, ich werde das Heft wieder befestigen«, sagte der Schmied. Er wirkte mit einem Mal sehr nachdenklich. Und Maru entdeckte in seinem Blick etwas, das ihr nicht gefiel.
»Das ist also dein Schwager«, meinte sie, als sie sich draußen in dem kleinen Hinterhof den Ruß von den Armen wusch.
»Es ist wirklich das erste Mal, dass ich ihn bei der Arbeit erlebe. Er scheint Freude daran zu haben. Zuhause sitzt er meist nur mürrisch auf der Schwelle und lässt sich von meiner Schwester ausschimpfen. Sie sind eigentlich nie einer Meinung, nur, wenn es gegen mich geht, dann halten sie zusammen.«
Von drinnen klangen Hammerschläge. Kullu trieb wohl die verbindenden Nägel durch den Griff.
»Warum suchst du dir nicht ein anderes Haus?«, fragte Maru.
»Aber dieses gehört mir doch!«, rief Temu empört. »Ich habe sie um unserer verstorbenen Mutter willen aufgenommen, und ich habe es oft schon bereut. Ich muss leider sagen, dass sie beide gierig und geizig sind. Ich gebe meiner Schwester genügend Segel Kupfer und Bronze für ein gutes Essen, – wenn die Stadt nicht gerade belagert wird, versteht sich -, aber ich glaube, sie behält die Hälfte für sich und tischt mir nur das Billigste auf«, erzählte Temu und trocknete sich das Gesicht an seinem Umhang ab, weil er nichts anderes hatte.
»Aber als Schmied scheint Kullu doch zu taugen«, meinte Maru.
»Ja, er arbeitet gut, aber sein Preis ist recht hoch, wenn ich das sagen darf. Und leider hat er nicht den Ruf, der Ehrlichste zu sein.«
Maru sah ihn fragend an.
Er beugte sich zu ihr und flüsterte: »Hast du nicht gesehen,
dass ihm an jeder Hand ein Finger fehlt? Er hat Kupferbarren gefälscht, sie mit Schlacke gestreckt. Doch das ist schon viele Jahre her und soll heute nicht meine Sorge sein. Komm, ich will doch sehen, wie diese Wunderwaffe aussieht, wenn sie fertig ist.«
Sie gingen gemeinsam zum Haus, als Maru plötzlich wieder das Gefühl der Unruhe spürte. Sie drehte sich um. Wurden sie etwa beobachtet? Hof und Gasse lagen verlassen. Temu war schon fast an der Tür, als sie bemerkte, dass die Gefahr von der anderen Seite der Pforte drohte!
»Warte!«, rief sie.
Temu hatte den warnenden Ton in ihrer Stimme gehört und blieb verwundert stehen. Maru zog ihn zur Seite, öffnete die Tür mit einem Ruck, streckte den Kopf hinein und sprang gleich wieder zurück. Etwas Schweres donnerte gegen das Holz und fiel polternd zu Boden. Es war ein Schmiedehammer. Ein Fluch folgte ihm. Maru sprang in die Stube. Der Schmied stand hinter der Esse. Er hielt den Dolch in der Linken und stieß mit der Rechten gerade seine Kohlenschaufel in die Glut. Maru ahnte, was er vorhatte: Der Schmied wollte ihr die glühenden Kohlen als Wurfgeschosse entgegenschleudern. »Halt!«, rief sie. Sie war sich nicht einmal selbst sicher, ob sie die Zweite Stimme eingesetzt hatte, aber Kullu hielt
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