Die Tochter des Magiers 03 - Die Erwählte
ein Dolch, ehrbarer Meister, es ist eine Klinge der Hakul.«
Der Schmied starrte sie einen Augenblick ungläubig an. »Kann ich sie sehen?«, fragte er heiser. Etwas schien ihm auf die Stimme geschlagen zu sein.
»Drinnen, Meister Kullu, drinnen«, antwortete Maru ruhig. Sie dachte kurz daran, ihre Zauberstimme einzusetzen, aber der Schmied war der Verwandte eines Freundes, und Maru fand, dass es sich einfach nicht gehörte – wenn es auch anders ging. Kullu schien noch einen Augenblick mit sich zu kämpfen, dann trat er zur Seite und bat sie mit knapper Geste in sein Reich. Es war drinnen ähnlich unordentlich wie draußen.
»Hier arbeitest du also?«, fragte Temu gedehnt.
Kullu war drahtig, und seine Arme waren sehr kräftig, aber er war sicher einen ganzen Kopf kleiner als seine Frau. Sein Gesicht schien von fortwährendem Missmut geprägt, und den herablassenden Unterton in Temus Stimme hatte er gehört. »Ja, hier arbeite ich, Schwager. Es ist nicht das Bet Schefir, doch es gehört mir allein. Und kein Erster Schreiber sagt mir, was ich zu tun habe.«
Temu setzte zu einer Antwort an, doch Maru kam ihm zuvor: »Willst du die Waffe nun sehen, Meister Kullu?«
Natürlich wollte er das. Kullu sorgte für mehr Licht und räumte einen Tisch frei, indem er einfach alles, was darauf lag, mit dem Arm hinunterfegte. Maru legte den Dolch auf die Tischplatte. In Kullus Augen zeigte sich ein leichter Glanz. Dann zog sie die Klinge aus der Scheide.
»Hakul«, flüsterte Kullu ehrfürchtig, während Temu den Vorgang mit einem gewissen Unverständnis beobachtete.
»Darf ich sie berühren?«, fragte der Schmied mit einem unsicheren Zucken um die Mundwinkel.
»Natürlich«, antwortete Maru knapp. Der Schmied mochte ein Verwandter Temus sein, besonders einnehmend fand sie ihn aber nicht.
Kullu nahm die Klinge in die Hand. Seine Augen strahlten fiebrig. »Wunderbar«, murmelte er immer wieder, »wunderbar. Aus Eisen. Was für eine Waffe. Sie muss ein Vermögen wert sein.«
»Es ist doch nur ein Dolch, was ist daran so besonders?«, fragte Temu.
»Nur ein Dolch? Er stammt von den Schmieden der Hakul, Schwager!«, belehrte ihn Kullu. »Sieh nur, wie vollkommen die Form ist, wie meisterhaft die Klinge in den Schaft gefügt wurde. Er liegt in der Hand, als wäre er dort festgewachsen, dabei ist er nicht einmal für mich gefertigt worden. Es heißt, die Schmiede dieses wilden Volkes verfügten über Zauberkräfte. Ihre Dolche zerbrechen nie, werden niemals stumpf, und sie verleihen ihrem Eigentümer Stärke, wenn, ja, wenn sie für diesen gefertigt wurden. Diese Klinge ist mehr wert als meine ganze Schmiede, Schwager.« Zum ersten Mal schien der Missmut Kullu verlassen zu haben.
»Für mich sieht das aus wie ein gewöhnliches Messer«, murrte Temu, dem offenbar nicht gefiel, dass sein Schwager mehr darüber zu sagen wusste als er selbst.
»Aber du bist keine Hakul, Mädchen, oder?«, fragte der Schmied, der die Augen nicht von der Klinge wenden konnte.
»Nein, ich habe diese Waffe geschenkt bekommen, von Upnu, dem Schab-ut-Schabai.« Upnu hatte in der Waffenkammer zwar gar nicht gesagt, dass sie den Dolch behalten durfte, aber Maru wollte Eindruck machen. Wann hatte sie ihn bekommen? Es schien eine Ewigkeit her zu sein, dabei war das gerade erst am Vorabend geschehen.
»Der Schab-ut-Schabai«, wiederholte Kullu geistesabwesend. Dann sammelte er sich. »Sag, Fremde, was kann ich für dich tun? Du sagtest, du willst diesen Dolch verzieren? Ich bin ein Schmied, und sicher nicht der schlechteste, doch kann ich mir nicht vorstellen, dass ich dieser Hakul-Klinge irgendetwas hinzufügen kann, das sie besser machte, als sie schon ist.«
Maru wusste nicht, wie sie dem Schmied erklären konnte, was sie brauchte, denn es berührte den Bann, den Utukku über sie verhängt hatte. Sie griff in ihre Tasche, zog die kleine goldene Scheibe hervor und legte sie auf den Tisch. Sie versuchte, nur an Tiuf und seine geheimnisvolle Waffe zu denken. Temu und Kullu starrten auf das blinkende Stück Gold.
»Woher …?«, fragte der eine.
»Wie …?«, begann der andere.
»Die Klinge, du musst das Gold darauf bringen, Meister Kullu. Kannst du das?« Genau das war es, was sie aus Biredhs Erzählung herausgehört hatte: Das geheimnisvolle Erz, aus dem die Waffe für Tiuf geschmiedet worden war – es konnte nur Gold gewesen sein. Wenn diese Geschichte genug Wahrheit enthielt, würde sie damit den Daimon töten können. Sie versuchte zu
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