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Die Tochter des Magiers 03 - Die Erwählte

Titel: Die Tochter des Magiers 03 - Die Erwählte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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schlecht gezielt, doch irgendwann konnte auch ein schlechter Schütze treffen. Maru steuerte die Mitte des Stroms an.
    »Werden wir verfolgt?«, fragte Agir keuchend, dabei musste er, während er mit dem Rücken voran ruderte, es doch selbst viel besser sehen als Maru. Aber vielleicht meinte er auch die Awathani.
    Maru blickte noch einmal zurück. Sie sah das verbliebene Schiff der Ulbaitai, das versuchte, sich in Ufernähe in Sicherheit zu bringen, und die Schilfboote der Serkesch, die auf den Damm zuhielten. Hatte Fakyn etwa den letzten Angriff überlebt?
    »Sie drehen ab!«, rief Maru.

    »Weiter, weiter«, rief Tasil.
    Die Männer ruderten mit kräftigen Zügen, und der schnell flie ßende Dhanis brachte sie gut voran. Sie würden bald auf Höhe des Hafens sein.
    »Die Erwachte, wo ist die Erwachte?«, rief Agir.
    Maru hielt den Atem an und lauschte in sich hinein. Da spürte sie immer noch die kalte Wut, die dieses uralte Wesen antrieb, aber das Gefühl war schwächer geworden. »Sie folgt uns nicht«, beantwortete Maru die Frage schließlich, als sie wirklich sicher war. Die Männer schwiegen.
    »Heißt das, wir haben es geschafft?«, wollte Gybad nach einer Weile endlich wissen.
    »Noch nicht, nicht solange wir noch nahe der Stadt sind«, meinte Tasil.
    »Es ist nicht mehr weit bis zum Grauen Dhanis, dort erwartet uns Tagor Xonaibor mit der Schwinge . Und dann brauchen wir kein Schiff der Stadt oder der Serkesch mehr zu fürchten«, meinte Hardis. Er lachte leise.
    »Das heißt, wir haben es wirklich geschafft?«, fragte Gybad noch einmal.
    »Mann, siehst du das nicht!«, rief Agir und hielt seinem Freund lachend einen Goldbarren unter die Nase. Vielleicht war es auch ein Barren aus Eisen. Das war im schwachen Licht der Mondsichel kaum zu unterscheiden. Der Hüne ließ das Ruder fahren und befühlte den Barren andächtig. »Und sind wir jetzt reich?«, fragte er schließlich.
    »Nicht, wenn wir mit dem Tagor und seinen Iauniern teilen«, meinte Tasil trocken.
    »Es wird genug für uns übrig bleiben«, entgegnete Hardis scharf, »und mir ist ein Leben mit einem Zehntel des Schatzes lieber als ein Tod mit dem Ganzen. In Ud-Sror brauchst du kein Gold, Urather.«

    »Also willst du dich an die Vereinbarung mit dem Iaunier halten?«
    »Ich kenne Tagor Xonaibor zu lange und zu gut, um auch nur daran zu denken, sie zu brechen«, erwiderte Hardis.
    »Wie schade«, sagte Tasil.
    Maru hörte ein kurzes und hässliches Geräusch. Gybad zuckte zusammen. Der Barren glitt ihm aus der Hand und polterte in den Kahn. Ein leichter, erstickter Seufzer entfuhr ihm noch, dann sackte er vornüber zusammen. Tasil hatte ihn rücklings erstochen.
    »Du Hund!«, entfuhr es Hardis, der gedankenschnell erfasst hatte, was gerade vorgefallen war. Er riss seinen Dolch aus dem Gürtel. »Kümmere dich um das Mädchen, Agir!«, rief er.
    Der schmächtige Kydhier ließ sich das nicht zweimal sagen. Maru hörte, wie er sein Messer zog, und dann sah sie ihn heranstürzen, ein schneller Schatten vor sternklarer Nacht. Hatte er seine Angst vor ihr vergessen? »Du stirbst, Kaschakku!«, zischte er und sprang auf sie los.
    Maru ließ das Ruderblatt fahren und fing seinen Angriff mit bloßen Händen ab. Sie hatte keine Zeit, sich irgendetwas zu überlegen. Der Kahn schwankte. Agir war nicht der Stärkste, aber er war nicht so schwach, wie er vielleicht aussah. Sie hielt die Messerhand mit ihrer Linken auf und spürte seine andere Hand an ihrer Kehle. »Kannst du auch zaubern, wenn du keine Luft bekommst, Verfluchte?«
    Maru versuchte, mit ihrer Rechten seine Finger von ihrer Kehle zu bekommen, doch sein Griff war fest. Ihre Linke zitterte. Lange würde sie seine Klinge nicht mehr aufhalten können. Sie konnte nicht atmen, und das Blut rauschte in ihren Ohren. Dann schloss sie die Augen. Sie hörte, wie der Kydhier immer wieder »Stirb, Kaschakku« flüsterte. Und dann sah sie es. Sie sah es, wie es eine unbeteiligte Beobachterin sehen würde: Wie der Schmuggler versuchte,
sie zu töten, und wie plötzlich seine Hand an ihrem Hals in Flammen stand. Sie konnte die Hitze spüren, die schnell seinen Arm hinaufkroch und dann zum Messerarm übersprang. Agir schrie auf. Maru öffnete die Augen. Der Griff an ihrem Hals lockerte sich. Sein Messer fiel zu Boden. Er ließ sie los, taumelte zurück, hob seine Hände in entsetzter Geste zum Himmel, stammelte sinnlose Worte, und dann sprang er schreiend in den Fluss. Maru kam hoch, hustete und rang nach Luft.

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