Die Tochter des Magiers 03 - Die Erwählte
Ruck schob er sich auf die Böschung des Damms.
Einer der Verwalter sah sie kommen und sprang ins Wasser. Hoffte er auf Rettung? Er ging unter und griff nach der Bordwand. Agir schnitt ihm mit seinem Dolch über die Hand. Schreiend ließ der Mann los. Maru sah, wie er jammernd und nach Hilfe schreiend davontrieb. Die Schmuggler sprangen an Land.
»Bleib im Boot, Kröte!«, rief Tasil.
Maru war schon drauf und dran gewesen, ebenfalls an Land zu springen, aber Tasil hatte recht: Einer musste im Kahn bleiben.
»Was hat das …«, begann Upnu. Er sah Tasil, und er sah die anderen, aber er konnte sich offenbar keinen Reim auf ihr Erscheinen machen.
Gybad, der mit einem großen, bronzenen Streitkolben zu kämpfen pflegte, rannte auf ihn zu, und ehe der Schab-ut-Schabai begriff, was geschah, wurde er von einem mächtigen Schlag an der Brust getroffen. Seine eiserne Rüstung knirschte, und er taumelte drei Schritte zurück, bevor er auf dem Boden aufschlug und wie tot liegen blieb. Die Verwalter, die sich ängstlich hinter Upnu zusammengedrängt hatten, schrien in Angst laut auf. Plötzlich war die Awathani wieder da. Sie tauchte hinter dem Damm auf, streifte ihn mit ihrem Leib und drehte wieder ab. Die Erschütterung hätte selbst Maru im Boot beinahe von den Beinen geholt, und sie musste sich an einem Stein festhalten, sonst wäre der Kahn abgetrieben worden. Oben stand fast niemand mehr, und der Kampf der Priesterkrieger und Leibwächter endete so plötzlich, wie er begonnen hatte. Sie rappelten sich auf und beobachteten staunend, wie Tasil und Hardis eilig die leichten Kisten mit Bernstein ins Boot warfen. Agir half ihnen. Immit Uschparu und Abeq Mahas knieten nebeneinander auf der Erde und sahen stumm zu, wie sie beraubt wurden. Gybad ging vor ihnen auf und ab, schwang seinen schweren Streitkolben und brüllte sie von Zeit zu Zeit mit einem Kriegsruf an.
»Halte sie im Zaum, Gybad«, rief Hardis, und es war unklar,
ob er die Männer um Mahas und Uschparu oder jene am Graben meinte.
Dort kämpften sie zwar nicht mehr miteinander, aber sie starrten den keulenschwingenden und brüllenden Kydhier nur verblüfft an oder lagen auf dem Boden, zusammengekauert, von Angst gelähmt. Doch da war noch Fakyn. Er war beim letzten Angriff der Erwachten auch zu Boden gegangen, doch jetzt erhob sich der Hüne. Er war ein erfahrener Kämpfer. Als Schab-ut-Schabai führte er ein Sichelschwert im Gürtel, doch eine andere Waffe war ihm offensichtlich lieber: Er bückte sich und hob die große Axt eines Leibwächters auf. Mit einem Schlachtruf stürzte sich Gybad auf ihn. Doch Fakyn war nicht Upnu. Er duckte sich unter Gybads Schlag weg und hebelte seinen Gegner einfach mit dem Stiel seiner Axt aus. Der Schmuggler stürzte, aber nicht er war Fakyns Ziel. Der Hüne ließ ihn einfach liegen und sprang stattdessen mit wutverzerrtem Gesicht auf Tasil los: »Das ist dein Ende, Urather!«, brüllte er.
»Vorsicht, Onkel!«, schrie Maru.
Tasil hatte sich gerade über eine zerbrochene Kiste gebeugt und zwei Barren Gold aufgehoben. Er sah den Angriff rechtzeitig kommen und wich mit Leichtigkeit aus. Und als sich die fehlgehende Axt des wütenden Fakyn tief in die Erde bohrte, da schlug ihn Tasil mit einem der Barren einfach nieder. Dann warf er das Gold Agir zu.
»Verräter! Verräter!«, brüllte Numur. Er kam gerade die Böschung emporgekrochen. Er musste ins Wasser gerutscht sein, denn sein Gewand war nass. »Gott Utu wird dich strafen!«, schrie er. Schaum stand ihm vorm Mund.
Tasil hielt für einen Augenblick inne. Dann lachte er und rief: »Meinst du jenen dort?«, und wies Richtung Ufer. Numur folgte dem Blick. Dort ragte die Statue Utus empor, aber sie war in Bewegung geraten. Eines der Räder des großen Karrens, auf dem der
Koloss stand, war gebrochen, und er neigte sich nach vorn. Im Augenblick bewegte er sich nicht, aber es sah aus, als würde eine einzige weitere Erschütterung den Gott stürzen lassen.
»Vater!«, schrie Numur entsetzt auf. Er kam unsicher auf die Beine und stolperte Richtung Graben. Ein vielstimmiger Schrei lenkte Maru ab. Er kam vom Fluss. Eines der beiden Schiffe aus Ulbai wurde plötzlich angehoben, und dann krachte und splitterte das Holz. Die Awathani hatte sich vom Damm abgewandt, aber sie war noch lange nicht müde. Maru spürte immer noch ihre kalte Wut im eigenen Inneren. Das Schiff kenterte, und Dutzende Männer gingen über Bord und schwammen um ihr Leben. Vom Ufer und vom zweiten Schiff flogen
Weitere Kostenlose Bücher