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Die Tochter des Magiers 03 - Die Erwählte

Titel: Die Tochter des Magiers 03 - Die Erwählte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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einmal bewegen mussten. Wahrscheinlich sollte der Gott erst in Ulbai seinen endgültigen Platz finden. Bis es so weit war, musste er an diesem staubigen Ort ausharren. Maru nahm an, dass die Serkesch ihn für Gottesdienste und Versammlungen nutzten. Es gab eine kleine hölzerne Plattform, von der aus der Alldhan, oder vielleicht auch Abeq Mahas, zu den Kriegern sprechen konnte. Die hintere Seite des Platzes wurde durch ein einzelnes großes Gebäude beherrscht. Es war aus Holz, Lehm und Stoffbahnen errichtet. Das also war das Bet Alldhan, der Sitz Numurs. Vier schwer bewaffnete Leibwächter standen vor dem Eingang, und Maru bemerkte weitere an den Seiten des Gebäudes. Auch das war seltsam, denn sie befanden sich ja mitten im Lager der Serkesch. Weshalb wurde das Bet Alldhan so schwer bewacht?
    »Wartet hier, ich melde euch dem Abeq«, sagte der Schab, als sie den Eingang erreicht hatten. Er war mit einem prachtvoll gewebten Tuch verhängt. Der Schab schlüpfte hinein.
    »Du wirst da drinnen vielleicht überraschende Dinge hören, Kröte«, raunte Tasil Maru leise zu, »Dinge, die so nicht mit Luban besprochen waren. Ich gehe davon aus, dass du dir nichts anmerken lässt.«
    Maru nickte stumm.
    »Ist dir an Utu etwas aufgefallen?«, fragte Tasil.
    »Nur, dass er schon Grünspan ansetzt, Onkel.«
    »Ja, und er hat keine Augen mehr.«
    Die Augen – Tasil hatte recht! Aus Silber und Bernstein waren sie gewesen und unermesslich wertvoll. Sie waren durch schlichte weiße Farbe ersetzt worden. Sie hatte es gesehen, aber nicht darauf geachtet. Tasil entging so etwas natürlich nicht.
    »Aber was mag damit geschehen sein, Onkel?«
    »Hast du dir die Krieger nicht angesehen? Es sind nicht nur
Kydhier oder Akkesch darunter. Ich habe Imricier gesehen und Dakyl, sogar einige Iaunier. Die werden nicht nur aus Liebe zu Numur zu den Waffen greifen. Er braucht Silber. Das ist gut, denn es wird ihn hoffentlich empfänglicher machen für die Angebote, die ich ihm zu unterbreiten habe.«
    Bevor Maru fragen konnte, wieso es denn jetzt mehrere Angebote waren, wurden sie gerufen.
    Es war Mittag, als sie das Bet Alldhan betraten. Die Sonne brannte auf das schilfgedeckte Dach, und es war stickig und zu warm. Mehrere Leibwächter erwarteten sie drinnen, und Tasil musste seinen Dolch ablegen. Dann führte man sie durch einen weiteren schweren Vorhang in einen mit vielen Tüchern verhängten Saal. Maru kam sich eher wie in einem Zelt als in einem Haus vor. Am Kopfende stand ein prachtvoller, aber unbesetzter Stuhl. Daneben, auf einem harten, hölzernen Schemel, saß Abeq Mahas und funkelte sie mit seinem einen Auge an. Er trug die schwarze und blaue Robe der Priester Utus. Sein kahlrasierter Schädel glänzte von Schweiß. »Sieh an, Tasil der Urather. Es scheint, dass die Götter wollen, dass wir uns stets und immer wieder begegnen«, begrüßte er sie kühl.
    »So mag es sein, ehrwürdiger Abeq«, antwortete Tasil mit einem feinen Lächeln.
    Neben dem Abeq stand ein Krieger, ein Hüne von einem Mann. Er starrte Maru verblüfft an und rief dann: »Und das Mädchen ist bei ihm! Wie kann das sein? Ich sah doch mit eigenen Augen, wie ein Speer sie im Verborgenen Tempel durchbohrte!«
    Auch Maru war überrascht, den Hünen wiederzusehen. Falls das auch auf Tasil zutraf, ließ er sich nichts anmerken. »Sieh an, der tapfere Fakyn«, sagte er leichthin. »Wie bist du dem Untergang des Tempels entkommen?«
    »Gott Utu hat mich beschützt«, antwortete der Krieger düster.
    »Jener Gott, dem jetzt die Augen fehlen?«, fragte Tasil lächelnd.
    »Bist du hierher gekommen, um unseren Gott zu schmähen, Urather«, fragte Abeq Mahas kalt, »oder ist es wahr, dass du mit einem Angebot von Luban kommst?«
    »Es ist wahr, ich habe ein Angebot, doch ist dies an Alldhan Numur selbst gerichtet.«
    »Luban muss wahrhaft verzweifelt sein, wenn er einen Mann wie dich zum Boten macht, Tasil aus Urath. Du kannst nicht zu unserem Fürsten. Der hochgeborene Alldhan spricht mit seinem Vater. Ich werde ihn nicht stören, aber ich werde prüfen, was du zu sagen hast. Wenn es wichtig ist, und nur dann, werde ich es dem Alldhan melden.«
    Maru fragte sich, ob der Abeq glaubte, was er da sagte. Numur sprach mit seinem Vater Utu? Der war tot, ermordet von seinem eigenen Sohn. Vielleicht war er wirklich, wie alle Fürsten, ein Ahngott geworden, aber er war sicher nicht zu jenem wundertätigen Gott aufgestiegen, als den seine Gläubigen ihn nun verehrten. Niemand wusste das

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