Die Tochter des Magiers 03 - Die Erwählte
ein Bad im Dhanis, Tochar, dann hast du gute Aussichten, dass sie kommt, dir den Kopf zu waschen.«
Velne lachte und antwortete: »Ich werde deinen Rat vielleicht später befolgen, weise Frau. Doch jetzt habe ich unglücklicherweise noch andere Dinge an diesem ungesunden Ort zu erledigen.«
»Es ist zum Ersticken«, pflichtete Klias ihm bei.
»Sag«, meinte Velne, »man erzählte mir, eine kluge Seele sei auf den Gedanken gekommen, einen Graben mit fließendem Wasser durch dieses Lager zu leiten. Kann es sein, dass du diese weise Seele bist?«
Wika konnte nicht verhehlen, dass ihr diese Worte schmeichelten. »Schon möglich«, erwiderte sie und versuchte vergeblich, den Anflug eines Lächelns zu unterdrücken.
»Ein hervorragender Einfall, frisches Wasser, frische Luft, das wird Uos Pfeile ablenken«, meinte Velne.
»Was wissen denn die Maghai vom Sumpffieber?«, fragte Wika misstrauisch.
»Nur, dass Uos Pfeile klein sind, nicht größer als der Stachel einer Mücke. Sicher wissen wir aber nicht so viel wie die berühmte Heilerin, die weiter südlich im Schwarzen Fenn leben soll.«
»Berühmt, sagst du?«
Maru verfolgte mit Sorge, wie Wika sich von dem Fremden einwickeln ließ, ohne dass er sich die Mühe machen musste, dabei auf Zauberei zurückzugreifen. »Sag, Wika, kann ich nun gehen? Mein … Onkel wartet sicher auf mich.«
»Wie? Wer? Ach ja, geh nur, Nehis, geh. Wir brauchen dich hier nicht mehr.«
»Ein Onkel?«, fragte Velne. »Er sollte sich glücklich schätzen, so eine Nichte zu haben.«
»Tut er«, murmelte Maru. Dann zwängte sie sich an dem immer noch verdrossen blickenden jungen Sipai namens Belk vorbei und eilte davon.
»Ich hoffe, wir sehen uns wieder, Nehis«, rief Velne ihr hinterher.
Genau das hoffte Maru nun nicht, und sie lief weiter, ohne sich umzudrehen. An der nächsten Ecke bog sie ab, kauerte sich an die Außenwand einer Hütte und atmete tief durch. Das Zittern kam zurück, und sie musste sich übergeben. Danach ging es ihr etwas besser. Velne war in ihren Geist eingedrungen, beinahe mühelos, ohne dass er ihren Körper hatte berühren müssen, ohne dass er ihr einen Trank oder eine Speise gegeben hatte, so wie Tasil das einst geschafft hatte. Er war gefährlich. Für sie – und für die Stadt. Wenn er sich auf die Seite der Serkesch schlug, dann würde die Stadt fallen.
»Ist dir unwohl, Mädchen?« Eine hohlwangige Frau war im Eingang der Hütte erschienen und beäugte sie misstrauisch. Sie war sicher eine Sklavin, die sich einer der Krieger als Beute aus den zerstörten Dörfern geholt hatte.
»Es geht schon, danke«, sagte Maru und riss sich zusammen.
»Was hast du gegessen?«
»Nichts«, erwiderte Maru.
»Wenn du nichts gegessen hast, wie kommt es dann, dass du …« Die Frau beendete die Frage nicht. Es gab keine Freundlichkeit in ihrem Gesicht, nur Hunger.
»Ich muss weiter«, stammelte Maru und machte sich davon. Das fehlte ihr noch, dass sie jetzt von den Serkesch angegriffen wurde, nur weil sie etwas im Magen hatte, oder vielmehr gehabt hatte. Es war wirklich Zeit, zu Tasil zurückzukehren. Sie vermied die Hauptwege und blickte sich an jeder Ecke um, bevor sie weiterlief, aber die Maghai waren nirgends zu sehen.
Sie traf Tasil vor dem Eingang zum Bet Alldhan, wo er sich angeregt mit dem Schab der Leibwächter unterhielt. Offenbar waren die Beratungen im Inneren des Gebäudes noch nicht abgeschlossen. Tasil sah sie, kam ihr ein Stück entgegen, packte sie an der Schulter und zog sie außer Hörweite: »Nun, was hast du erfahren?«, fragte er.
Maru erstattete Bericht. Sie erzählte, sehr kurz, von ihrem Treffen mit Wika und von dem, was Biredh über den Hunger im Lager gesagt hatte.
»Das sind gute Nachrichten«, meinte Tasil mit grimmigem Lächeln, »wenn die Serkesch Schwierigkeiten haben, ihre Krieger zu füttern, müssen sie doch bereit sein, Frieden zu machen.«
»Ich habe aber auch schlechte Nachrichten, Onkel. Es sind Maghai im Lager.«
»Zauberer?«, fragte Tasil.
Sie konnte ihm ansehen, wie unangenehm überrascht er war. »Tochar aus den Bergen. Und ich glaube, sie sind sehr stark.«
»Woher willst du das wissen, Kröte?«
»Wika hat das gesagt«, log Maru. »Sie glaubt auch, dass Mahas die Männer gerufen hat.«
»Der Abeq?«
»Vielleicht auch der Alldhan. Aber Wika sagt, dass die Maghai gestern bei Abeq Mahas waren.«
Tasil starrte nachdenklich ins Nichts. »Der Alldhan oder der Abeq?«, murmelte er. Dann schüttelte er den Kopf.
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