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Die Tochter des Magiers

Die Tochter des Magiers

Titel: Die Tochter des Magiers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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du gewußt, daß mir schlecht ist?« seufzte sie
dankbar.
    Er strich über ihr grünlich schillerndes Kleid. »War nicht zu
übersehen. Dein Gesicht hatte die gleiche Farbe wie dein Kostüm.«
    »Jetzt bin ich wieder okay.« Zumindest hoffte sie es. »Ich
gewöhne mich schon noch an das Schlingern. Oder meinst du nicht?«
fragte sie kleinlaut.
    »Bestimmt.« Es war ein derart ungewohnter Anblick, Roxanne
Nouvelle mutlos zu sehen, daß Luke sich beherrschen mußte, um sie nicht
gleich an sich zu ziehen und zu trösten. »Nimm das hier.« Er reichte
ihr zwei weiße Tabletten.
    »Was ist das?«
    »Bloß was gegen die Seekrankheit. Los, runter damit.« Wie eine
fürsorgliche Krankenschwester drehte er das Handtuch um und drückte die
kühlere Seite wieder an ihren Nacken. »Wenn es nicht nachläßt, hole ich
den Schiffsarzt.«
    »Wirklich blöd.« Eher ärgerlich als verlegen schluckte sie die
Tabletten und hoffte, daß sie sie unten behielt. »Ich konnte mit jeder
Achterbahn auf dem Jahrmarkt fahren, ohne daß es mir das Geringste
ausgemacht hätte. Und jetzt liege ich nach einem Abend auf einem
lächerlichen Boot schon auf der Nase.«
    »Das gibt sich bald.« Zufrieden stellte er fest, daß ihre
Gesichtsfarbe fast wieder normal war. »Wenn du dich noch wackelig
fühlst, können wir in der zweiten Vorstellung ein bißchen
improvisieren.«
    »Kommt nicht in Frage.« Sie stand entschlossen auf, obwohl sie
noch reichlich unsicher auf den Beinen war. »Eine Nouvelle schmeißt
keine Vorstellung. Laß mir nur noch eine Minute Zeit.« Sie ging ins
Bad, um sich den Mund auszuspülen und ihr Make-up zu überprüfen.
»Übrigens … danke«, sagte sie, als sie wieder zurückkam. »Du
hast was gut bei mir.«
    »Nicht der Rede wert. Fertig?«
    »Klar.« Sie öffnete die Tür. »Luke, du verrätst das doch
niemandem, oder?«
    »Weiß gar nicht, was du meinst«, entgegnete er mit gespielter
Verwunderung.
    »Okay.« Sie lächelte ihm zu. »Ich revanchiere mich bei
Gelegenheit.«
    Roxanne war erleichtert, daß sie in den
folgenden beiden Tagen keine Anzeichen der Seekrankheit mehr verspürte.
Wahrscheinlich war nicht nur die Schaukelei des Schiffs daran schuld
gewesen, sondern der ganze Trubel, der Rum auf nüchternen Magen und
ihre Nervosität zu Beginn der Reise. Trotzdem schämte sie sich ein
wenig wegen ihrer Schwäche, da sie immer stolz darauf gewesen war, mit
allem fertig zu werden. Allerdings hatte sie viel zuviel zu tun, um
lange darüber nachzugrübeln.
    Jack hatte recht gehabt. Es machte Spaß, sich ein wenig um die
Passagiere zu kümmern, und sie freute sich, daß auch die anderen sich
gut eingewöhnt zu haben schienen. Max und Lily waren Schiedsrichter bei
einem Tanzwettbewerb, Mouse verbrachte den Großteil seiner Freizeit im
Maschinenraum oder in den Mannschaftsquartieren, und LeClerc hatte
rasch drei Pokerkumpane gefunden.
    Sie spürte, wie alle von Stunde zu Stunde entspannter wurden.
Und dann entdeckte sie eines Tages Max an einem Treppenaufgang. Er
wirkte völlig verloren.
    »Daddy?« Er gab keine Antwort. Sie berührte seinen Arm.
»Daddy?«
    Er zuckte zusammen und erstarrte. Panik lag in seinem Blick,
und Roxanne merkte, daß er heillos verwirrt war und sie nicht einmal
erkannte.
    »Daddy«, wiederholte sie mit zitternder Stimme. »Alles in
Ordnung?«
    Er blinzelte, ein Muskel zuckte in seinem Gesicht, und ganz
allmählich wurde sein Blick wieder klarer. »Natürlich«, entgegnete er
ärgerlich. »Warum denn nicht?«
    »Na ja, ich dachte, du …« Sie zwang sich zu einem
Lächeln. »Ich habe geglaubt, du hättest dich verlaufen. Mir passiert
das auch dauernd.«
    »Ich weiß ganz genau, wohin ich gehe.« Max spürte den heftigen
Schlag seines Herzens. Einen Moment lang hatte er sich wirklich nicht
mehr daran erinnern können, wo er war oder was er gerade tat. Aus
lauter Bestürzung herrschte er seine Tochter an. »Mir braucht niemand
nachzuschnüffeln. Und ich mag es schon gar nicht, wenn man jeden meiner
Schritte kontrolliert.«
    »Entschuldige.« Alle Farbe wich aus ihren Wangen. »Ich war nur
gerade auf dem Weg zu deiner Kabine.« Sie bemerkte, daß er ein Buch
unter den Arm geklemmt hatte. Ein uraltes zerfleddertes Buch über
Alchemie. »Ich wollte dich ganz bestimmt nicht kontrollieren.«
    »Tut mir leid«, erwiderte er, und seine Stimme klang schon
wieder sanfter. »Ich war nur in Gedanken ganz woanders.« Hastig zog er
die Schlüssel aus der Tasche, um die Tür zu seiner geräumigen Kabine zu
öffnen.

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