Die Tochter des Magiers
und
schüttelte sie. »Ich habe überhaupt nicht nachgedacht, genau das ist es
ja. Ich wollte dich. Ich habe dich seit Jahren begehrt, es hat mich
regelrecht aufgefressen.«
Sie warf herausfordernd den Kopf zurück, doch gleichzeitig
verbreitete sich in ihr eine wohlige Wärme. Seit Jahren. Er hatte sie
seit Jahren begehrt. »Und deshalb stellst du dich jetzt so an? Nur weil
du dir mit deiner dummen verdrehten Logik eingeredet hast, es sei so
was wie – emotionaler Inzest?«
Er wollte etwas erwidern, aber es kam ihm plötzlich selbst
lächerlich vor. »Ja – und?«
Auf alles mögliche war er gefaßt gewesen, doch nicht darauf,
daß sie zu lachen begann, bis ihr die Tränen über die Wangen liefen und
sie sich wieder aufs Bett fallen ließ. »Ach, du armer Schwachkopf.«
Es war regelrecht demütigend, daß eine nackte Frau, die sich
seinetwegen vor Lachen krümmte, ihn so sehr erregte, daß er sich
beinahe erneut auf sie gestürzt hätte.
»Ich finde das nicht besonders komisch.«
»Ehrlich? Das ist doch zum Brüllen.« Sie strich sich kichernd
das Haar aus dem Gesicht. »Und außerdem schrecklich nett. Wolltest du
meine Ehre schützen, liebster Luke?«
»Halt die Klappe.«
Sie wischte sich lachend die Tränen fort. »Denk mal nach,
Callahan. Denk bloß mal eine Minute lang richtig nach. Da stehst du,
zerfressen von Schuldgefühlen vor mir, weil du eine Frau geliebt hast,
die mit allen erdenklichen Mitteln versucht hat, dich zu verführen.
Eine Frau, die du fast dein Leben lang kennst – die aber,
wohlgemerkt, nicht mit dir verwandt ist, sondern alleinstehend und alt
genug, um zu wissen, was sie will. Findest du das nicht auch komisch?«
»Nicht besonders«, brummte er mürrisch und stopfte die Hände
in die Taschen.
»Du hast wohl deinen Sinn für Humor verloren?«
Sie schlang ihr Arme um ihn. Ihre nackten Brüste schmiegten
sich an seinen Körper, und sie merkte zufrieden, daß ihn unwillkürlich
ein Schauder überlief. Aber er erwiderte die Umarmung nicht. »Tja, wenn
du so denkst, werde ich dich wohl jedesmal verführen müssen. Und ich
glaube, ich bin gerade dabei.« Sie biß ihn leicht auf die Lippe und
lächelte, da sie seine Reaktion nur zu deutlich spürte.
»Laß das«, entgegnete er – allerdings wenig
überzeugend. »Es gibt noch andere Gründe.«
»Okay.« Sie strich mit einem Finger über seinen Rücken und
küßte spielerisch seinen Hals. »Laß hören.«
»Verdammt, du warst noch Jungfrau.« Er packte ihre Arme und
schob sie von sich.
»Das hat dich gestört? Ich habe immer gedacht, alle Männer
würden das besonders genießen – das
Raumschiff-Enterprise-Syndrom, weißt du?«
»Was?«
»Na ja, Neuland zu erobern, das noch nie jemand betreten hat.«
»Herrgott.« Er unterdrückte ein Lachen. »Schau mal, Roxanne,
der springende Punkt ist, daß ich die ganze Sache nicht richtig
angefangen habe.«
»Ach nein?« fragte sie neugierig. »Ich kann mir nicht denken,
daß es derart verschiedene Methoden gibt.«
Luke war fassungslos. Himmel hilf, sie war nicht nur Jungfrau,
sondern einfach unmöglich – und außerdem verdammt erotisch in
all ihrer Unschuld. »Was zur Hölle war denn bloß los mit all diesen
Collegeboys? Haben sie nicht gewußt, was sie mit dir anfangen sollen?«
»Ich denke doch – wenn ich es gewollt hätte.« Sie
lächelte selbstbewußt. »Aber ich habe immer nur dich gewollt.«
Nichts hatte ihn je so gerührt wie diese Worte. Sanft
streichelte er über ihr Haar. »Ich habe dir weh getan. Wenn du bleibst,
werde ich dir wahrscheinlich wieder weh tun. Du hast keine Ahnung, wie
ich bin, du weißt nichts über mich und …«
»Ich weiß alles.« Vorsichtig streichelte sie die Narben auf
seinem Rücken. »Ich weiß es seit Jahren, seit dem Tag, an dem du es Max
erzählt hast. Ich habe euch belauscht – und um dich geweint.
Nicht.« Sie zog ihn fest in ihre Arme, ehe er sich abwenden konnte.
»Glaubst du wirklich, daß ich dich deswegen verachten würde, was dir
als Kind angetan worden ist?«
»Ich will kein Mitleid«, stieß er hervor.
»Ich rede nicht von Mitleid. Aber von Verständnis. Denn ich
habe dich mein ganzes Leben lang geliebt – und dagegen kannst
du dich nicht wehren.«
Er zuckt hilflos die Schultern. »Ich weiß nicht, was ich sagen
soll.«
»Sag gar nichts. Sei einfach bei mir.«
Es blieb wenig Zeit, das Gefühl zu
genießen, in Lukes Armen aufzuwachen, und erst recht keine, den Morgen
über zu faulenzen. Roxanne kuschelte sich noch für
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