Die Tochter des Magiers
Manchmal genügt das«, erwiderte er mit
einem schroffen Schulterzucken. »Also habe ich ihn bezahlt. Wann immer
eine Aufforderung von ihm kam, habe ich ihm die Summe, die er wollte,
geschickt.«
»Jetzt mal langsam«, sagte sie entsetzt. »Soll das heißen, er
hat dich die ganze Zeit über erpreßt, auch noch nachdem wir zusammen
waren? Und du hast mir nie etwas gesagt? Du hast mir nicht mal so viel
vertraut, um es mir zu sagen?«
»Herrgott! Ich habe mich geschämt! Ich habe mich darüber
geschämt, daß ich nicht genug Mut hatte, ihm zu sagen, er solle sich
zum Teufel scheren. Ich hatte Angst, er würde irgendwann doch noch
seine Drohung wahr machen und den Zeitungsschmierern erzählen, daß Max
mich …« Er brach ab und fluchte darüber, daß ihm das
herausgerutscht war.
Vor Scham und Wut wagte er es kaum, sie anzuschauen.
SIEBTES
KAPITEL
R oxanne holte tief Luft. Sie hatte Angst
vor seiner Antwort, denn sie ahnte, was er sagen würde. Aber sie mußte
es einfach wissen. »Daß Max dich was, Luke?«
Na gut, dachte er. Wozu jetzt noch was verschweigen? Sie
sollte sehen, daß er ihr vertraute. »Daß Max mich sexuell mißbraucht
hat.«
Sie wurde bleich wie ein Laken, doch ihre Augen funkelten
dunkel und gefährlich. »Das hätte er behauptet? Er hätte derartige
Lügen über dich und Dad erzählt?«
»Ich weiß nicht. Jedenfalls wollte ich das Risiko nicht
eingehen, also habe ich gezahlt. Und dadurch saß ich natürlich erst
recht in der Falle.«
Sie schloß die Augen. »Was könnte noch schlimmer sein?«
»Wie gesagt, Wyatt steckte hinter der ganzen Sache. Eigentlich
hätte ich mir gleich denken sollen, daß Cobb nicht gewitzt genug war,
allein eine solche Erpressungsgeschichte aufzuziehen. Wann immer sie
den Einsatz erhöhten, habe ich brav gezahlt, und genau das machte Wyatt
stutzig. Also forschte er ein wenig gründlicher nach, um
herauszufinden, wie ich es schaffte, bis zu einhunderttausend pro Jahr
zu zahlen, ohne mit der Wimper zu zucken.«
»Einhundert…« Allein schon der Gedanke daran verschlug ihr die
Sprache.
»Ich hätte zweimal soviel gezahlt, um dich behalten zu
können.« Als sie ihn anschaute, merkte er, daß dies nur die halbe
Wahrheit war. »Und um zu verhindern, daß du entdeckst, was für ein
Feigling ich war. Daß mich jemand in einer Falle gefangen hatte, aus
der ich mich nicht befreien konnte.« Er wandte sich ab. »Ich war
mißbraucht worden. Ich habe zwar nie gewußt, ob dieser Kerl, den Cobb
damals angeschleppt hatte, etwas für sein Geld bekommen hatte. Aber ich
war trotzdem mißbraucht worden.«
»Das wußte ich. Ich habe dir doch gesagt, daß ich es schon
immer gewußt habe.«
»Aber was es bei mir angerichtet hat – innerlich, das
hast du nicht gewußt. Die Narben auf meinem Rücken …« Er
zuckte die Schultern und wandte sich zu ihr um. »Die sind wie das
Tattoo, Roxy, nur eine Erinnerung daran, wo ich herkomme. Aber ich
wollte nicht, daß du mehr als diese Narben siehst. Wahrscheinlich war
es falscher Stolz, und ich habe weiß Gott dafür zahlen müssen.«
»Glaubst du wirklich, es hätte irgendwas an meinen
Empfindungen für dich geändert?«
»Aber mich hätte es zerstört. Wyatt hatte das genau verstanden
und es sich zunutze gemacht. Und weil er jeden meiner Schritte
beobachtete, kam er hinter unser Geheimnis. Er hatte monatelang Zeit,
die Falle aufzubauen. Und alles verlief für ihn wunschgemäß.«
Roxanne fühlte sich wie betäubt. »Er wußte genau, daß du in
jener Nacht kommst?«
»O ja, das wußte er, und er erwartete mich in seinem
Arbeitszimmer – mit gezückter Pistole. Ich dachte erst, er
wollte mich umbringen. Aber Sam hatte etwas anderes im Sinn. Er bot mir
einen Brandy an. Der eiskalte Dreckskerl bot mir einen Drink an und
erzählte seelenruhig, was er alles wußte. Er malte mir genüßlich aus,
wie es sein würde, wenn du und Max ins Gefängnis kämt. Er wußte, daß
Max das nicht überleben würde. Und er hat mich noch mit vielen anderen
Dingen gequält.« Luke preßte grimmig die Lippen zusammen. »Ich fühlte
mich hundeelend, was ich natürlich auf diese alptraumhafte Situation
schob. Aber in Wirklichkeit war es der Brandy.«
»Er hatte dir etwas hineingetan? Gott!«
»Während ich noch versuchte, mir meine Chancen auszurechnen,
kam Cobb herein. Ich erfuhr von ihrer Partnerschaft. Er forderte Cobb
auf, sich einen Drink einzuschenken. Und dann … dann erschoß
er ihn. Er richtete einfach die Waffe auf ihn, drückte ab und
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