Die Tochter des Magiers
Kotzbrocken.«
»Vermassel die Sache nicht«, sagte Luke leise und ließ
blitzschnell Sams goldenen Manschettenknopf mit Monogramm in Jakes
Tasche gleiten.
»Kannst mir vertrauen.«
»Und hör um Himmels willen auf zu grinsen. Du bist ein
Kellner.«
»Ich bin eben ein fröhlicher Kellner«, erwiderte Jake, aber er
bemühte sich, eine etwas ernstere Miene aufzusetzen, als er weiterging.
Eine Stunde später reichte Jake Luke eine
Plastiktüte, in der der Manschettenknopf und ein einzelnes rotblondes
Haar steckten.
»Paß aber auf, daß es nicht allzu offensichtlich aussieht.«
»Keine Sorge.« Luke bezwang seine Erregung, als er die Tüte
hochhielt, um das elegante Schmuckstück mit den schwungvollen Initialen
SW zu betrachten. Wenn alles gutgeht, dachte er, wird dieser kleine
Knopf Sam Wyatt endgültig das Genick brechen.
»Hast du die Ausrüstung überprüft?« fragte er Jake.
»Noch mal und noch mal. Wir sind bereit. Sieh her.« Er zog ein
Gerät hervor, das nicht größer als seine Handfläche war. »Mouse«,
flüsterte er. »Hörst du?«
Nach einer kurzen Pause dröhnte Mouses Stimme aus dem Sender.
»Jawohl, Jake. Glasklar.«
Grinsend reichte Jake das Gerät an Luke weiter. »Wie auf dem
Raumschiff Enterprise, was?«
Luke nickte zufrieden. »Ich gebe es nur ungern zu, Finestein,
aber du bist gut. Wir haben fünfzehn Minuten, also setz dich langsam in
Bewegung.«
»Bin längst startbereit. Das wird eine fabelhafte Sache,
ehrlich.«
»Wir wollen besser nicht den Tag vor dem Abend loben«,
murmelte Luke und schaute auf seine Uhr. »Roxanne wartet schon. Gehen
wir.«
»Die Pferde gesattelt und los, Kamerad.« Jake kicherte vor
sich hin, als sie zur Tür gingen.
»Amateur«, schnaubte Luke, aber er mußte ebenfalls grinsen. Es
würde eine aufregende Nacht werden.
Das dreistöckige Gebäude der Hampstead
Galerie lag hinter imposanten Eichen verborgen. In dieser kühlen
Herbstnacht kurz vor Halloween raschelten die gelbbraunen Blätter im
Wind, der schon den kommenden Winter ankündigte. Nebelschwaden trieben
über die Straßen. Keinerlei Wolken verdeckten das Licht des Halbmonds
am klaren Nachthimmel. Aber noch hing das Laub an den Ästen und sorgte
für schützenden Schatten.
Washington war keine Stadt mit pulsierendem Nachtleben. Hier
regierte die Politik, und Politiker legten Wert auf
Diskretion – besonders in einem Wahljahr. Um ein Uhr nachts
herrschte nur spärlicher Verkehr. Die meisten Bars waren bereits
geschlossen.
Von nächtlicher Idylle konnte jedoch auch in dieser Stadt
keine Rede sein. Es gab Drogenhöhlen, und Dealer gingen an den
Straßenecken ihren Geschäften nach. Ebenso die Prostituierten und die
Süchtigen, die sich das Geld für den nächsten Schuß verdienen mußten.
Und auch Morde waren etwas so Alltägliches in dieser Wiege der
Demokratie wie leere Wahlversprechungen.
Doch in der Gegend, in der die Hampstead Galerie lag, war
alles ruhig.
Luke stand hinter dem Gebäude im Schatten einiger stattlicher
Pfeiler. »Es funktioniert doch hoffentlich, Mouse?« Der Sender um
seinen Hals übertrug jeden Atemzug.
»Klar«, tönte Mouses ruhige Stimme durch den Minilautsprecher.
»Es hat eine Reichweite von dreißig Metern.«
»Na hoffentlich«, wiederholte Luke. Er hielt etwas in den
Händen, das aussah wie eine Armbrust.
Genau das war es auch gewesen, nur hatte Mouse sie
entsprechend präpariert. Lukes Finger schwebten über dem Abzug. Er
dachte kurz an Roxanne, die bereits im dritten Stock des Gebäudes
lauerte, und drückte ab. Mit jungenhaftem Vergnügen beobachtete er, wie
der Enterhaken die Wand hinaufschoß und das Seil hinter sich herzog.
Der winzige Motor summte leise wie eine schnurrende Katze. Er hörte ein
Klicken, als der Haken auf das Dach traf, und schaltete den Motor ab,
ehe er behutsam an dem Seil zog. Es straffte sich, da die Zinken sich
sofort in die verwitterten Backsteine gegraben hatten.
Mit eine kräftigen Ruck zog Luke es noch einmal fest und
hängte sich dann mit seinem ganzen Körpergewicht daran. »Es hält. Gute
Arbeit, Mouse.«
»Danke.«
»Los, Finestein, du zuerst.«
»Ich?« piepste Jake. Er verdrehte entsetzt die Augen, bis nur
noch das Weiße zu sehen war. Sein Gesicht hatte er großzügig mit
schwarzer Schuhcreme eingerieben. Er sah aus wie ein Schmierenkomödiant
in einer drittklassigen Revue. »Warum ich?«
»Weil du es nie bis nach oben schaffst, wenn ich dir nicht in
den Hintern trete.«
»Ich stürze bestimmt ab«, behauptete
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