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Die Tochter des Magiers

Die Tochter des Magiers

Titel: Die Tochter des Magiers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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manchmal glaubte zu verblöden. Im
dritten Stock erblickte er seinen Partner und zeigte ihm einen Vogel.
    Das half allerdings auch nicht besonders gegen die Langeweile.
    Er summte vor sich hin und überlegte, ob er die Karten für das
nächste Spiel nicht ein wenig präparieren sollte, als er auf Monitor
sechs etwas entdeckte. Er blinzelte verblüfft. Das konnte nur eine
Einbildung sein. Ratlos starrte er auf den Bildschirm.
    Es war eine Frau – aber keine richtige. Eine blasse,
wunderschöne Gestalt in einem wallenden, weißen Gewand mit langem
silbrigen Haar. Sie verblaßte und war im nächsten Moment wieder
da – und, Herrgott, er konnte durch sie hindurchsehen! Ja, sie
war durchsichtig. Sie lächelte ihm zu und winkte sogar.
    »Carson«, keuchte McNulty in sein Funksprechgerät, aber sein
Kollege antwortete nicht. »Carson, du Mistkerl, melde dich.« Die Frau
war immer noch da. Sie schwebte einige Zentimeter über dem Boden. Jetzt
sah er auch seinen Partner, der die Runde im zweiten Stock begann.
    »Carson, hörst du nicht!«
    Verärgert schob er das Sprechgerät wieder in seinen Gürtel.
Sein Mund war trocken, sein Herz hämmerte vor Aufregung, aber er wußte,
daß er seinen Job los war, wenn er die Sache nicht überprüfte.
    Roxanne schaltete den Projektor aus, und
das Hologramm von Alice verschwand. Nachdem sie ihre Ausrüstung wieder
verstaut hatte, hastete sie zum Überwachungsraum. Jetzt zählte jede
Sekunde.
    Trotzdem machte sie sich ganz ruhig an die Arbeit. Sie nahm
das Band aus Kamera vier und vertauschte es mit ihrer eigenen Kassette.
Dann programmierte sie den Computer neu, wie Jake es ihr erklärt hatte.
Die Kamera war nun außer Betrieb, aber der Monitor würde weiterhin die
gewohnten Bilder zeigen. Der einzige Unterschied war, daß die Wächter
in Wirklichkeit ein präpariertes Band betrachteten. Es dauerte einige
kostbare Momente, um Kamera sechs zurückzuspulen und das aufgezeichnete
Hologramm zu löschen. Selbst Jake hatte keine narrensichere Lösung
dafür gewußt, daß diese verfluchten dreißig Sekunden, in denen Alices
Bild erschienen war, auf den Aufzeichnungen fehlten. Spätestens wenn
der Einbruch entdeckt worden war und man die Bänder sorgfältig
untersuchte, würde die fehlende Zeitspanne auffallen.
    Aber wenn alles gutging, war das schon kein Problem mehr.
    »Sie müßte jetzt fertig sein.« Luke
beobachtete den Sekundenzeiger und nickte Jake zu: »Los.«
    »Mit Vergnügen.« Jake, der froh war, wieder sicheren Boden
unter den Füßen zu haben, griff nach einer Apparatur, die aussah wie
eine multifunktionale Fernbedienung. Er tippte auf der winzigen
Tastatur. Irgendwo in einiger Entfernung begann ein Hund zu heulen.
    »Diese hohen Frequenzen«, erklärte Jake, »machen jeden Köter
im Umkreis einer halben Meile verrückt. Aber länger als fünfzehn
Minuten – siebzehn höchstenfalls – hält dieses Baby
nicht durch.«
    »Das genügt. Bleib hier oben.«
    »Darauf kannst du wetten.« Er winkte Luke fröhlich zu. »Hals-
und Beinbruch, Kamerad.«
    Mit einem übermütigen Lächeln schwang sich Luke hinab. Seine
Füße hatten kaum den Fenstersims berührt, als die Scheibe hochgeschoben
wurde.
    »Was kann romantischer sein als ein Mann, der sich an einem
Seil zu deinem Fenster hereinschwingt?« Roxanne trat etwas zur Seite,
um ihm Platz zu machen.
    »Das zeige ich dir, wenn wir wieder im Hotel sind.« Er nahm
sich einen Moment Zeit, um sie leidenschaftlich zu küssen, und spürte
daß die Aufregung sie genauso gepackt hatte wie ihn. Es war lange her,
seit sie bei einem nächtlichen Unternehmen zusammengearbeitet hatten.
»Irgendwelche Probleme?«
    »Kein einziges.«
    »Dann wollen wir mal.«
    »Und ich sage dir, ich habe jemanden
gesehen«, versicherte McNulty.
    »Ja, klar.« Carson deutete auf die Reihe der Monitore. »Eine
schwebende Frau – eine durchsichtige, schwebende
Frau! Deshalb hat sie wohl auch keinen Alarm ausgelöst, was? Wo ist sie
denn jetzt?«
    »Sie war da, verdammt.«
    »Und hat dir zugewinkt, ja? Nun laß mich nachdenken.« Carson
tippte sich mit einem Finger ans Kinn. »Vielleicht ist sie irgendwo
durch eine Wand spaziert. Könnte sein, daß ich sie deshalb auf meiner
Runde nicht entdeckt habe. Und deshalb hast du sie auch nicht mehr
gesehen, als du deinen Posten verlassen hast, um Gespenster zu
jagen – du armer Irrer.«
    »Spul das Band zurück.« McNulty drückte kurzerhand selbst den
Knopf. »So, und jetzt mach dich auf was gefaßt.« Zweimal ließ er

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