Die Tochter des Magiers
führenden
Mineralogen herbeigerufen. Als die Galerie die Sammlung erwarb, sind
natürlich alle üblichen Tests gemacht worden mit Hilfe eines
Polarisationsmikroskops, einem Dichroskop, Benzollösungen,
Röntgenstrahlen …«
»Angeberin.«
»Immerhin habe ich vier Jahre lang studiert.« Sie legte die
Zeitung beiseite und reckte sich genüßlich. Es war einfach wundervoll,
ein wenig zu faulenzen und die Ruhe zu genießen, ehe die nächsten
Aufregungen begannen.
Über den Rand seiner Tasse hinweg beobachtete Luke, wie der
Morgenrock, unter dem sie splitternackt war, sich öffnete. »Warum
beenden wir das Frühstück nicht im Bett?«
Roxanne lächelte. »Das klingt …«
»Mama!« Atemlos kam Nate aus dem angrenzenden Zimmer
hereingeschossen. »Ich hab's geschafft! Ich hab meine Schuhe
zugebunden.« Er stützte sich mit einer Hand auf den Tisch, um das
Gleichgewicht zu halten, und legte seinen Fuß auf ihr Knie. »Siehst du?
Ganz allein.«
»Unglaublich. Der Junge ist ein Wunderkind.« Sie betrachtete
den ziemlich lockeren Schnürsenkel, der sich bereits wieder auflöste.
»Das ist heute wahrhaftig ein ganz besonderer Tag.«
»Laß mich auch mal sehen.« Luke packte Nate um die Taille und
zog ihn auf sein Knie. »Okay, raus mit der Sprache. Wer hat dir
geholfen?«
»Niemand.« Mit großen Augen schaute Nate zu seinem Vater auf.
Ohne daß er etwas davon merkte, knüpfte Luke rasch die Schleife neu.
»Ich schwör's.«
»Na, dann bist du wohl schon fast erwachsen. Wie wär's mit
Kaffee?«
Nate verzog das Gesicht. »Nee. Der schmeckt eklig.«
»Tja, was denn dann?« Luke ließ den Jungen auf seinen Knien
hüpfen und überlegte. »Weißt du, Rox, mir scheint, ein Kind, das schon
selbst seineSchuhe zubinden kann, ist auch in der
Lage, sich um einen Hund zu kümmern.«
»Callahan«, zischte Roxanne, während Nate begeistert jubelte.
»Du würdest ihn doch füttern, nicht wahr, Strolch?«
»Klar doch«, nickte Nate eifrig und mit glühenden Wangen.
»Jeden einzelnen Tag. Und ich würde ihm auch alles
beibringen … Sitz und Platz und Pfötchen geben und …«
Ihm kam ein Einfall. »Und dir deine Hausschuhe zu holen, Mama.«
»Die er zweifellos erst zerfressen würde.« Aber sie hätte aus
Stein sein müssen, um den lachenden blauen Augen und dem verschmitzten
Lächeln auf den Gesichtern von Vater und Sohn widerstehen zu können.
»Ich habe aber keine Lust, irgendeinen überzüchteten kleinen Kläffer im
Haus zu haben.«
»Wir wollen ja auch einen großen häßlichen Köter, nicht wahr,
Nate?«
»Ja. Einen großen häßlichen Köter«, griff Nate prompt das
Stichwort auf. Er schlang seine Arme um Lukes Hals und schaute seine
Mutter flehentlich an. »Daddy sagt, es gibt eine Menge armer Welpen im
Tierheim, die niemand haben will. Und dort ist es wie im Gefängnis.«
»Das ist wirklich niederträchtig von dir, Callahan«, sagte
Roxanne leise. »Wahrscheinlich findest du, wir sollten einen von dort
holen.«
»Das wäre doch sehr anständig, Rox. Hab ich recht, Nate?«
»Klar.«
»Wir werden sehen«, begann sie, aber Nate sprang bereits
jubelnd von Lukes Knien und umarmte sie ungestüm. »Ihr beiden habt euch
gegen mich verschworen.« Über seinen Kopf lächelte sie Luke liebevoll
zu. »Aber daran muß ich mich wohl gewöhnen.«
»Das muß ich gleich Alice erzählen!« Nate raste davon und rief
mit einem Blick über die Schulter: »Danke, Dad. Vielen Dank.« Luke
konnte nicht verhindern, daß ein Grinsen sein Gesicht überzog, aber er
hielt es für taktisch klüger, so zu tun, als sei er plötzlich an seinem
Frühstück interessiert.
»Du wirst ihn noch ganz verwöhnen.«
Er zuckte die Schultern. »Na und? Man ist nur einmal vier
Jahre alt. Außerdem ist es ein tolles Gefühl.«
Sie stand auf und setzte sich auf seinen Schoß. »Ja, das
stimmt. Es ist ein sehr gutes Gefühl.« Mit einem zufriedenen Seufzer
schmiegte sie sich an ihn. »Wir müssen uns anziehen. Vor uns liegt noch
einiges an Arbeit.«
»Ich wünschte, wir könnten den Tag mit Nate verbringen. Nur
wir drei.«
»Dafür haben wir noch viele Tage Zeit, wenn diese ganze Sache
erst vorbei ist.« Sie lächelte verschmitzt. »Ich würde gar zu gern
sehen, was Tannenbaum jetzt gerade macht.«
»Er ist ein alter Hase.« Luke küßte sie auf die Nasenspitze.
»Es dauert sicher keine Stunde mehr, bis er uns anruft.«
»Ein Jammer, daß wir nicht dabei sein können. Es ist bestimmt
eine einmalige Vorstellung.«
Harvey Tannenbaum war mit
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