Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tochter des Magiers

Die Tochter des Magiers

Titel: Die Tochter des Magiers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
Vom Netzwerk:
Stücke, war aber stets auf der Hut,
nicht den Zuschlag zu erhalten. Lily bedauerte sie jedesmal, wenn sie
ausstieg.
    Als letztes kam der Ring. Roxanne klappte den Katalog auf und
betrachtete das Foto, das sie dunkel umrandete hatte. Sie seufzte
leise, als die Beschreibung verlesen wurde.
    »Aus Bogotá«, flüsterte sie Lily aufgeregt zu. »Grasgrün, von
absolut makelloser Farbe und Transparenz, zwölfeinhalb Karat.«
    »Er paßt zu deinen Augen, Schatz.«
    Roxanne lächelte und beugte sich gespannt vor.
    Das Erstgebot betrug fünfzigtausend, wodurch bereits die Spreu
vom Weizen getrennt wurde. Nach dem dritten Gebot hob Roxanne ihre
Karte und stieg ein.
    Als man bei siebzigtausend angekommen war, entdeckte sie ihn.
Er saß auf einem anderen Platz als abgesprochen, wirkte kunstverständig
und sehr vornehm und hatte nicht die geringste Ähnlichkeit mit Luke.
Das lange braune Haar war zu einem Zopf zurückgekämmt, und ein
Schnurrbart zierte seine Oberlippe. Er trug eine runde Brille mit
Goldrand und einen maßgeschneiderten dunkelblauen Anzug, dazu ein
rosafarbenes Hemd.
    Ohne eine Miene zu verziehen, bot er stetig, nur mit einem
flüchtigen Fingerzeig. Roxanne hielt mit, vielleicht länger als klug
war, und überbot ihn noch, als sich außer ihnen niemand mehr meldete.
Völlig versunken in dieses herausfordernde Spiel, hob sie ihre Karte,
obwohl inzwischen bereits einhundertzwanzigtausend erreicht worden
waren.
    Erst die auffällige Stille, die nach ihrem letzten Gebot
eintrat, brachte sie in die Realität zurück. Lily griff entsetzt nach
ihrer Hand.
    »Oje.« Roxanne erschrak und war ausnahmsweise einmal dankbar,
daß sie leicht errötete. »Ich habe ganz den Kopf verloren.«
    »Einhundertfünfundzwanzigtausend«, meldete sich Luke mit
kühler Stimme, in der ein französischer Akzent lag. Als er den Zuschlag
erhielt, stand er auf, wandte sich an Roxanne und verbeugte sich. »Ich
bitte um Verzeihung, mademoiselle , daß
ich eine so schöne Frau enttäuschen muß.« Er schlenderte nach vorn,
nahm seine Brille ab und begann sie mit einem schneeweißen Leinentuch
zu polieren. »Ich möchte das Stück untersuchen.«
    »Monsieur Fordener, die Auktion ist noch nicht beendet.«
    » Oui , aber ich
inspiziere stets, was ich erwerbe, n'est-ce pas ? Den Ring, wenn ich bitten darf.«
    Während Luke den Ring ans Licht hielt, räusperte sich der
Auktionator und wollte weitermachen.
    »Einen Moment!« Lukes Stimme klang so scharf wie ein
Peitschenknall. Seine Augen hinter den runden Brillengläsern waren
eisig kalt. »Das ist Betrug, eine … eine Beleidigung!«
    »Monsieur.« Der Auktionator zerrte nervös an seiner Krawatte.
Unruhe entstand im Publikum. »Die Clideburg-Sammlung ist eine der
besten der Welt. Ich bin sicher, Sie …«
    »Ja, ich bin auch sicher.« Luke hielt eine Juwelierlupe in der
Hand. »Dies …« Er hob den Ring hoch und machte eine
dramatische Pause. »Ist Glas. Voilà, schauen Sie nur«, forderte er den
Auktionator auf. »Überzeugen Sie sich selbst.« Er reichte ihm die Lupe.
    »Aber … aber …«
    »Einen Moment.« Luke zog einen Aluminiumstift aus seiner
Tasche. Sämtlichen Besuchern, die sich mit Edelsteinen auskannten, war
diese Methode zur Unterscheidung echter Steine von Imitationen
vertraut. Mit der Spitze des Stifts fuhr Luke über den Stein, hielt ihn
hoch und zeigte die silbrig glänzende Linie.
    »Ich werde Sie verhaften lassen. Ich sorge dafür, daß Sie im
Gefängnis sitzen, noch ehe der Tag vorüber ist. Glauben Sie, sie können
Fordener betrügen?«
    »Nein. Nein, Monsieur! Ich verstehe das nicht!«
    »Aber ich. Nous sommes trompés ! Wir sind hereingelegt worden!«
    In dem Chaos, das auf seine Worte folgte, wagte es Roxanne,
seinen Blick zu suchen. Erstklassige Vorstellung, dachte sie. Nun würde
sich bald der Vorhang zum letzten Akt heben.

ZEHNTES
KAPITEL
    A lle Zeitungen sind voll davon.« Roxanne
knabberte an einem Croissant, während sie die Schlagzeilen überflog.
»Es ist das größte Ding, das seit Ollie North in Washington passiert
ist.«
    »Größer«, behauptete Luke und schenkte sich noch einen Kaffee
ein. »An Täuschungsmanöver und Lügen in der Politik sind die Leute
gewöhnt. Hier geht es um einen Juwelenraub, und zwar einen ganz
grandiosen, wenn ich das selbst sagen darf. Das beschäftigt die
Fantasie der Menschen natürlich weit mehr.«
    »Die Polizei ist ratlos«, las Roxanne und grinste. »Man läßt
jeden einzelnen Stein überprüfen und hat einen der

Weitere Kostenlose Bücher