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Die Tochter des Magiers

Die Tochter des Magiers

Titel: Die Tochter des Magiers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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die
Achterbahn sausten. Heute konnte er überall mitfahren.
    Beim Anblick der kleinen Gestalt in Jeans und einem weiten
Hemd, die in einiger Entfernung vorbeihastete, blieb er stehen und
fluchte ärgerlich.
    »Roxanne! He, Rox!« Er lief hinter ihr her und ergriff ihren
Arm. »Was zum Teufel machst du hier draußen?« Sie schaute ihn wütend
an. Er hatte gut reden. Sie war es leid, dauernd im Bett zu liegen und
sich elend zu fühlen, während er an ihrer Stelle auf der Bühne stand.
Die Tage waren endlos, in den Nächten quälte sie der Juckreiz, und bald
würden sie in New Orleans sein, und die Sommersaison war vorbei. »Ich
will Riesenrad fahren.«
    »Von wegen.«
    Ein ärgerliches Rot überzog ihr blasses Gesicht. »Du hast mir
nichts zu sagen, Luke Callahan, kapiert? Ich fahre jetzt auf dem
Riesenrad.«
    »Hör mal, du kleiner Schwachkopf …« Aber noch ehe er
ausreden konnte, hatte sie ihn schon fest in den Bauch geboxt und
rannte davon. »Gottverdammt, Roxy!« Er erwischte sie nur, weil sie
anstehen mußte. Luke wollte sie aus der Warteschlange ziehen, aber
diesmal fing sie an, ihn zu beißen. »Mensch, bist du verrückt geworden?«
    »Ich will mit dem Riesenrad fahren, klar?« Sie verschränkte
trotzig die Arme vor der Brust. Die bunten Lichter spielten über ihr
gesprenkeltes Gesicht.
    Sollte sie doch machen, was sie wollte. Schließlich war er
nicht für sie verantwortlich. Aber er blieb trotzdem an ihrer Seite,
obwohl er beim besten Willen nicht wußte, warum. Er griff sogar nach
seinem Geld, um für beide zu bezahlen. Doch der Mann an der Kasse, der
Roxy gut kannte, winkte sie durch.
    Wie eine Prinzessin, die eine Audienz gewährte, nickte sie
Luke zu. »Du kannst mitfahren, wenn du willst.«
    »Tausend Dank.« Er ließ sich neben sie auf den Sitz fallen und
wartete, daß sich der Sicherheitsbügel schloß.
    Als das Rad sich in Bewegung setzte, begann Roxanne nicht etwa
zu kreischen wie die anderen, sondern lehnte sich zurück, schloß die
Augen und lächelte. Noch Jahre später würde Luke sich an diesen Moment
mit einem wohligen Gefühl erinnern.
    Erst nach einer Weile brach sie das Schweigen.
    »Ich bin es so leid, ewig im Bett zu liegen, wo ich die
Lichter nicht sehen kann und erst recht nicht die Leute.«
    »Es ist doch immer dasselbe.«
    »Es ist jeden Abend anders.« Sie öffnete ihre Augen und beugte
sich vor. Der Wind zerzauste ihr Haar. Sie sah aus wie eine Hexe, die
durch die Lüfte ritt. »Siehst du diesen dürren Mann dort unten, den mit
dem Strohhut? Ich habe ihn noch nie gesehen. Und das Mädchen in Shorts
mit dem dicken Pudel auf dem Arm, das kenn ich auch nicht. Alles ist
immer wieder ganz anders.« Sie bog den Kopf zurück und schaute zu den
Sternen. »Ich habe immer geglaubt, wir würden geradewegs bis zum Himmel
fahren, bis ich ihn anfassen und ein Stück mit hinunternehmen könnte.«
Sie lächelte, da sie inzwischen alt genug war, um sich über diese
kindischen Gedanken zu amüsieren … aber auch noch Kind genug,
um sich zu wünschen, es wäre wahr.
    »Würde dir groß was nützen hier unten.« Luke lächelte
ebenfalls. Es war lange her, seit er auf einem Riesenrad gefahren war,
so lange, daß er sich kaum noch an das Gefühl erinnern konnte, wenn
einem das Herz in die Hose rutscht und der Magen bis in die Kehle
steigt.
    »Du warst gut heute in der Vorstellung«, sagte Roxanne
plötzlich. »Ich habe gehört, wie Daddy mit Lily darüber geredet hat.
Sie haben gedacht, ich schlafe.«
    »Ja?« Er bemühte sich, möglichst gleichgültig zu klingen.
    »Er hat gesagt, daß er es dir gleich angesehen hat, und du
hättest ihn nicht enttäuscht.« Roxanne streckte ihre Arme aus. Der
kühle Luftzug fühlte sich wunderbar auf ihrer juckenden Haut an. »Ich
glaube, du gehörst jetzt mit zu unserer Nummer.«
    Das Kribbeln, das Luke überlief, hatte nichts mit der raschen
Abwärtsbewegung des Riesenrads zu tun. »Hab ich wenigstens eine
Beschäftigung, solange ich hier bin«, erwiderte er und zuckte scheinbar
unbekümmert die Schultern. Doch als er zu ihr hinüberschaute, sah er,
daß sie ihn abschätzend musterte.
    »Er hat gesagt, du hättest für dein Alter schon viel zuviel
erlebt und gesehen. Was meint er damit?«
    Max weiß es, dachte Luke erschrocken und fühlte sich
gleichzeitig gedemütigt und zornig. Irgendwie weiß er es. Luke spürte,
daß er blaß geworden war, aber seine Stimme blieb ruhig. »Keine Ahnung,
wovon du redest.«
    »Blödsinn, erzähl schon.«
    »Das geht dich nichts

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