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Die Tochter des Magiers

Die Tochter des Magiers

Titel: Die Tochter des Magiers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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kannte
sich schließlich in Illusionen aus.
    Sie hatte bereits über zweihundert Dollar eingenommen, obwohl
sie darauf achtete, die einzelnen Mitspieler nicht allzusehr zu
schröpfen. Eigentlich ging esihr nicht um das
Geld – auch wenn sie es genauso zu schätzen wußte wie ihr
Vater. Sie machte es, weil sie Spaß daran hatte.
    Erneut warf sie die drei Karten auf den kleinen Klapptisch.
Von einem beleibten Mann in einem Hawaiihemd nahm sie einen Einsatz
über fünf Dollar entgegen, drehte die Karten um und begann sie
geschickt hin und her zu schieben. »Passen Sie genau auf die schwarze
Königin auf. Nicht blinzeln. Nicht niesen. Dauernd beobachten. Dauernd
beobachten.« Ihre kleinen Hände bewegten sich blitzschnell. Und
natürlich war die Königin längst weggesteckt.
    Sie nahm weitere fünfzig Dollar ein und zahlte zwanzig wieder
aus, um die Leute bei Laune zu halten. Irgendwo ganz in der Nähe
spielte ein einsamer Straßenmusiker auf seiner Trompete. Roxanne
beschloß, daß es Zeit war, Schluß zu machen.
    »Das wär's für heute. Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren.
Noch einen schönen Aufenthalt in New Orleans.« Sie wollte gerade die
Karten einsammeln, als jemand ihr Handgelenk packte.
    »Noch ein Spiel. Ich bin bis jetzt nicht dazu gekommen, mein
Glück auf die Probe zu stellen.«
    Es war ein Junge von achtzehn oder neunzehn Jahren mit einer
drahtigen Figur. Er trug verblichene Jeans und ein bedrucktes T-Shirt.
Sein struppiges Haar war goldblond und umrahmte wie ein etwas
verwilderter Heiligenschein das schmale, scharfgeschnittene Gesicht.
Seine dunkelbraunen Augen schauten sie durchdringend an.
    Er erinnerte sie irgendwie an Luke – nicht vom
Aussehen her, sondern weil auch er diese unterdrückte Aggressivität
ausstrahlte und man ihm ohne weiteres zutrauen konnte, daß er gemein
war. Seiner Sprechweise nach schien er nicht aus New Orleans zu
stammen, aber woher er kam, ließ sich nicht sagen.
    »Zu spät«, erklärte sie freundlich.
    Doch er ließ nicht los. Statt dessen lächelte er sie an, so
daß seine strahlend weißen Zähne blitzten, und Roxanne überlief
plötzlich ein merkwürdiges Prickeln. »Nur ein Spiel«, bat er. »Ich habe
dich die ganze Zeit beobachtet.«
    Wie gewöhnlich konnte sie einer direkten Herausforderung
einfach nicht widerstehen. Obwohl sie instinktiv spürte, daß sie es
besser bleiben lassen sollte, siegte ihr Stolz.
    »Gut, für eins habe ich noch Zeit. Der Wetteinsatz beträgt
fünf Dollar.«
    Bereitwillig zog er einen Geldschein aus der Gesäßtasche und
warf ihn auf den Tisch.
    Roxanne legte die Karten aus, zwei rote Königinnen und
dazwischen eine schwarze. »Behalte die schwarze Dame im Auge.« Sie
drehte die Karten um und entschied sich im Bruchteil einer Sekunde, sie
nicht mit einem flinken Handgriff verschwinden zu lassen, sondern die
Herausforderung anzunehmen. Immer schneller schob sie die Karten hin
und her, ohne dabei einen Blick von dem Jungen zu wenden.
    Sie hatte genügend Erfahrung, um zu erkennen, daß das Spiel
ihm nicht neu war. Doch nun war es für einen Rückzieher zu spät, jetzt
ging es um ihre Ehre.
    Obwohl sie nicht hingeschaut hatte, wußte sie genau, wo sich
die schwarze Königin befand. »Und – wo ist sie jetzt?«
    Ohne zu zögern, tippte er auf die linke Karte. Ehe sie sie
umdrehen konnte, packte er wieder ihre Hand. »Das mache ich.« Er deckte
die Herz-Königin auf.
    »Scheint so, als seien meine Hände flinker als deine Augen.«
Hastig drehte er die übrigen Karten auf und war sichtlich verblüfft,
daß die schwarze Königin genau dort lag, wo sie am Anfang gewesen
war – in der Mitte.
    »Scheint so«, murmelte er. Mürrisch schaute er zu, wie sie
seinen Fünfer und die Karten einsteckte.
    »Mehr Glück beim nächsten Versuch.« Sie klappte den Tisch
zusammen, klemmte ihn sich unter den Arm und wollte gehen.
    Aber so leicht gab er nicht auf. »He, Mädchen«, rief er und
lief neben ihr her. »Wie heißt du?«
    Sie warf ihm einen Seitenblick zu. »Roxanne. Warum?«
    »Wollte esnur gern wissen. Ich bin Sam.
Sam Wyatt. Du bist gut. Wirklich gut.«
    »Weiß ich.«
    Er lachte, aber insgeheim überdachte er rasch seine
Möglichkeiten. Wenn er es schaffte, sie in eine weniger belebte Gegend
zu locken, konnte er sich seine fünf Dollar zurückholen und ihr auch
noch den Rest abnehmen. »Du bist ganz schön geschickt. Wie alt bis
du – zwölf?«
    Roxanne schnaubte entrüstet.
    »Mann, das war ein Kompliment, Süße.«
    Sie schien

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