Die Tochter des Samurai: Roman (German Edition)
ist nicht das Richtige für meine Tochter«, sagte der General. »Du brauchst einen strammen jungen Samurai wie meine tapferen Burschen, die vor der Tür Wache halten. Wenn wir zurückkommen, werden wir den passenden Ehemann für dich finden.«
Schweigen trat ein. Taka erriet, dass ihre Mutter sich fragte, genau wie sie, ob er je zurückkommen würde. Der General hob seine langstielige Pfeife aus dem Tabakkasten, nahm einen Zug und blies eine dicke Wolke wohlriechenden Rauch aus.
»Ich wünschte, du würdest mich deiner Frau vorstellen«, sagte Fujino in ihrem nüchternsten Ton. »Du weißt, dass ich ihr von Diensten sein kann – ihr bei den Kindern helfen, im Haus, mich auf jede Weise nützlich machen, wo du jetzt fortgehst.«
Taka schüttelte den Kopf. Im Haus helfen? Theoretisch war es natürlich das, was Geishas taten. Viele der Mütter ihrer Schulkameradinnen waren Samurai-Frauen gewesen, und in deren Häusern hatten oft Geishas ausgeholfen.
Aber Fujino war selbst eine große Dame gewesen, verantwortlich für ein Haus voller Dienstboten. Trotz ihres sachlichen Tons war ihre Traurigkeit spürbar. Taka fragte sich, warum ihr Vater Fujino nie geheiratet hatte. Sie wusste, dass in alter Zeit Samurai immer arrangierte Ehen mit Frauen aus guten Samurai-Familien eingegangen waren, doch in der Generation ihres Vaters hatte sich das geändert. Sie waren Revolutionäre, hatten die alten Bräuche abgelehnt und auch diese Gepflogenheit verworfen. Viele seiner Kameraden aus den Kämpfen in den Straßen Kyotos hatten ihre Geishas geheiratet. Nur er nicht.
Aber diese Kameraden waren dieselben, für die er nur noch Verachtung übrighatte, da sie seiner Meinung nach die Revolution verraten hatten und ihre neue Macht dazu missbrauchten, in die eigene Tasche zu wirtschaften. Sie waren diejenigen, die den Samurai-Stand und dessen Ethos zerstörten.
Vielleicht hatte er sich deswegen entschlossen, den traditionellen Weg einzuschlagen. Vielleicht hatte er das Gefühl gehabt, dass er, als Kagoshima-Samurai, eine Frau aus seinem Heimatort wählen sollte. Während der Zeit in Kyoto war er nur mit Fujino zusammen gewesen. Er hatte erst später geheiratet, als er nach Kagoshima ins Exil ging, und er hatte seine neue Frau nie mit nach Tokyo gebracht. Sie war immer in dieser tropischen, südlichen Stadt geblieben. Während seiner Zeit als Ratgeber und Oberbefehlshaber waren es Taka, ihre Mutter und ihre Geschwister gewesen, mit denen er in der großen Residenz in Tokyo zusammengelebt hatte.
Taka schaute ihn an, wollte fragen: Warum? Warum hast du sie nicht geheiratet? Doch das wagte sie nicht.
Sein Blick war auf Fujino gerichtet. Taka überlegte, ob er sich wohl dieselbe Frage stellte. »Du warst da, als wir in Kyoto gekämpft haben«, sagte er leise. »Es gab immer nur dich, nur dich.«
»Das ist lange her.«
Diese beiden fülligen, nicht mehr ganz jungen Menschen zusammen zu sehen, war bewegend und anrührend. Taka hatte immer geglaubt, nur Menschen ihres Alters würden Leidenschaft empfinden. Fujino war stets so ruhig, so gefasst, dass Taka gemeint hatte, ihre Mutter würde Takas Zuneigung für Nobu nie verstehen, wäre nie von derart starken und überwältigenden Gefühlen mitgerissen worden.
Doch sie hatte sich geirrt. Sie hatte die beiden bisher nur als ihre Eltern betrachten, hatte nie geglaubt, dass sie Menschen waren wie sie, mit Gefühlen wie den ihren. Jetzt erkannte sie jedoch, dass sie einander mindestens so viel bedeuteten wie Nobu ihr, wenn nicht sogar mehr.
Sie war so aufgeregt gewesen, ihren Vater zu sehen, dass sie einfach drauflos geplappert und kostbare Zeit vergeudet hatte, wo dies doch die einzige Chance der beiden war, zusammen zu sein. Mit einer raschen, gemurmelten Entschuldigung wich sie zur Tür zurück. Als sie die Tür aufschob, sah sie, dass ihr Vater nach der Hand ihrer Mutter griff. Fujino wischte eine Träne weg.
27
In der Dunkelheit des Vorraums zog Taka eine dicke Jacke an und wickelte sich einen Schal um Kopf und Gesicht. Die Strohsandalen ihres Vaters standen ordentlich nebeneinander, wo er sie abgestreift hatte, und mit einem plötzlichen Stich fiel ihr ein, wie er ruhig dazusitzen pflegte und für seine großen Füße selbst die Sandalen flocht. Sie wünschte, sie könnte ihn für immer dabehalten. In ihrem Leben war eine große Lücke entstanden, seit er so überstürzt nach Kagoshima abgereist war.
Rasch schlüpfte sie in ein Paar hölzerne Getas. Sie musste das Haus verlassen, wusste
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