Die Tochter des Samurai: Roman (German Edition)
Samurai nach einem Ehemann umschauen, und auch ihre Mutter hatte von der kaiserlichen Garde gesprochen. Vielleicht sollte sie nicht an Heirat denken und lieber ihrem Herzen folgen, wie ihre Mutter es getan hatte.
Taka wollte den Augenblick noch etwas ausdehnen. »Sie haben meinem Vater seit Jahren gedient.«
»Seit ich ein Junge war. Ich bin nicht weit von hier aufgewachsen. Meine Eltern lebten in der Nähe Ihres Vaters, wir waren Nachbarn. Ich habe an seiner Seite kämpfen gelernt und bin mit ihm nach Kyoto gegangen.«
»Sie müssen meinen Bruder gekannt haben«, sagte Taka leise. Vom Aussehen her war er etwa im selben Alter, wie Ryutaro es gewesen wäre, wenn er überlebt hätte.
»Ryutaro war mein bester Freund. Wir haben miteinander gefochten, als wir Jungen waren, nachdem er hierher zu Ihrem Vater kam. Er war furchtlos, hat sich immer in Gefahr gebracht, um einem Kameraden beizustehen, aber er war auch bescheiden. Der perfekte Samurai. Wir haben Seite an Seite gekämpft, als er in der Schlacht von Toba Fushimi fiel. Diesen Tag werde ich nie vergessen.« Er seufzte schwer.
Der Mond war aufgegangen, überflutete mit seinem Licht die dunklen Straßen und den kleinen Inari-Schrein. Taka konnte die Atemwölkchen des Leibwächters sehen.
»Das Leben ist seltsam«, sagte er. »Man weiß nie, wohin es einen treibt. Als ich Kagoshima verließ, glaubte ich, nie zurückzukehren, und doch bin ich wieder hier. Der Kreis hat sich geschlossen. Und nun sind auch Sie hier in Kagoshima.«
Er verstummte. Sie spürte, wie ihn ein Zittern überlief. Er hatte außergewöhnliche Augen, bleich und stechend. Dann ergriff er zu ihrem Schreck ihre Hand. Sie spürte die Berührung seiner Finger auf den ihren, als er sie einen Moment lang festhielt, sie anhob und an seine Lippen drückte.
Genauso abrupt ließ er sie wieder los und fuhr sich mit der Hand über die Stirn. »Ich hatte nie erwartet, ausgerechnet mit Ihnen zusammen zu sein, und das auch noch in dieser Nacht«, murmelte er.
An den Straßen um sie herum gingen allmählich die Lichter aus, die Musik verklang, und die Menge begann sich zu zerstreuen, als die Geishas mit ihren Liebhabern in die Nacht verschwanden. Eine erregte Spannung lag in der Luft.
Der Wächter strich ihr zart über die Wange. »Ich kenne nicht mal Ihren Namen.«
»Taka«, sagte sie so leise, dass er sich vorbeugen musste, um sie zu verstehen.
»Otaka-sama«, murmelte er und benutzte die Höflichkeitsform. »Erinnern Sie sich an den meinen?«
»Kuninosuké-sama.« Sie fühlte sich wie in Trance. Es war lange her, seit sie einem Mann so nahe gewesen war. Sie konnte seinen Schweiß riechen, spürte seinen heißen Atem auf ihrem Gesicht.
Nun ergriff er ihre beiden Hände. »Ich bin ein einfacher Soldat. Ich weiß, ich könnte Ihrer nie würdig sein, aber ich wünschte mir, daran glauben zu können, dass Sie von Zeit zu Zeit an mich denken, wenn ich in den Bergen bin.«
Zitternd sah Taka ihn an. Er würde am nächsten Tag aufbrechen, und sie würde ihn vermutlich nie wiedersehen. Was immer heute Nacht geschah, es würde nichts hinterlassen, keine karmische Spur. Es gab nur die Gegenwart.
Seine Hand lag auf ihrer Schulter. Sie wusste, dass sie ihn abwehren sollte, doch sie hatte jeden Willen verloren. Sie ließ sich an ihn ziehen. Dann war sie in seinen Armen, ihr Gesicht an seine Jacke gedrückt. Sie spürte die harten Muskeln seiner Brust und das Klopfen seines Herzens durch die dicke Baumwolle.
»Otaka-sama. Sie sind wie ein Vogel«, flüsterte er.
Er drückte seine Lippen auf ihren Kopf, ihre Ohren und ihr Gesicht. Ihre Knie zitterten. Seine Finger strichen durch ihr Haar und fanden die zarte Haut an ihrem Nacken, streichelnd und besänftigend, als wäre sie wirklich ein kleiner Vogel. Sie schmiegte ihren Körper an seinen. Umschlossen von seinen Armen, merkte sie, wie sie wieder lebendig wurde.
Traurigkeit stieg in ihr auf und auch Wut. Nobu sollte es sein, dachte sie, Nobu, an den sie sich drängte, nicht dieser Mann, nicht Kuninosuké. Sie überlegte kurz, wo Nobu wohl sein mochte, was er tat, und sehnte sich nach seinem schlanken Körper und der sanften Stimme. Er ist nie zurückgekommen, sagte sie sich. Sie würde ihn nie wiedersehen und sollte sich besser damit abfinden. Die Sache war aussichtslos. Außerdem betrog sie ihn ja nicht, tat nichts Falsches. Kuninosuké würde am nächsten Tag abmarschieren, in eine unbekannte Zukunft, vielleicht in den Tod. Da war es nur richtig, dass sie ihm
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