Die Tochter des Samurai: Roman (German Edition)
Holzwänden wider. Nobu fing den scharfen Geruch von Seifenpulver auf, hörte Platschen, Singen und raues Gelächter, Rufe wie: »Eimerjunge, hierher! Ist ja so kalt, dass man sich die Eier abfriert. Heißes Wasser, schnell!« Andere Stimmen brüllten: »Nein, kaltes Wasser, bring kaltes Wasser. Es ist viel zu heiß!«
Moris knochiger Hintern verschwand die Treppe hinauf zum Umkleideraum der wohlhabenderen Kunden. Nobu eilte ihm nach. Hier gab es einen großen, mit Tatamimatten ausgelegten Raum voller Männer, die sich entweder auszogen oder ankleideten und lachend den neuesten Klatsch über die politischen Entwicklungen austauschten. Ein paar ältere Männer lagen ausgestreckt auf den Tatami und schnarchten sanft, zwei Jüngere waren in eine Partie Go vertieft. Hübsche junge Frauen mit glatten Wangen und glänzendem schwarzem Haar huschten mit Teetabletts und Kuchen herum, ignorierten die glotzenden Augen und stießen Hände weg, die beim Vorbeigehen nach ihnen grapschten.
Nobu musterte sie abschätzend. Badehausmädchen waren relativ billig, vor allem im Vergleich mit den stolzen Damen von Yoshiwara. Einige schrubbten Männern den Rücken, andere bedienten große Fächer, ließen kühle Luft durch den Raum wehen. Im Bad selbst mussten noch andere sein, die Rücken schrubbten und einschäumten. Er lächelte vor sich hin. Ein ordentliches Bad – danach würde er sich besser fühlen.
Gerade war er dabei, seinen Obi abzunehmen, als schnaubendes Lachen ertönte.
»Du bist mir ja ein Spaßvogel, General Yoshida!«, röhrte Mori. »Wo wolltest du denn hin? Du wirst hierbleiben und auf meine Kleider aufpassen. Hier, hilf mir, den Obi abzunehmen, und achte darauf, ihn ordentlich zu falten.« Rot vor Verlegenheit bemühte sich Nobu, das boshafte Glucksen der anderen Gäste zu überhören, als er Mori beim Auskleiden half. »Du kannst mein Lendentuch auswaschen, während du wartest. Sieh zu, dass es richtig sauber wird, und schlag alle Falten heraus, bevor du es zum Trocknen aufhängst. Und keine deiner Heldentaten, solange ich fort bin, hast du verstanden!«, waren Moris abschließende Spitzen, bevor er die Treppe zum Bad hinunterging.
Also wird es heute kein Bad für mich geben, dachte Nobu missmutig, als er Moris verdrecktes Lendentuch aufhob und sich nach dem Unterwäscheeimer umschaute. Er hockte sich neben den Eimer, drückte das eklige Tuch aus, verschloss die Ohren vor dem Stimmengewirr um sich herum, und das Bild der Frau, die er in der Ferne gesehen hatte, tauchte wieder vor ihm auf.
Dann wurde ihm klar, an wen sie ihn erinnert hatte: an Okatsu, Takas fröhliche, rundgesichtige Dienerin. Aber natürlich konnte sie es nicht gewesen sein. Was hätte Okatsu hier zu suchen gehabt, in Moris heruntergekommenem Viertel? Die Residenz der Kitaokas befand sich auf der anderen Seite der Stadt. Er musste an sie gedacht haben, weil er Eijiro am Tag zuvor gesehen hatte.
Draußen priesen Straßenhändler ihre Waren an. »Klöße, süße Klöße«, sang der eine.
»Tofu, Tofu!«, rief ein anderer.
»Gegrillter Aal, bester Aal, frisch gegrillt, gewürzt mit der Spezialsoße des Kandawaga-Restaurants, nach dessen Geheimrezept, überliefert seit Generationen …« Der saftige Geruch von gegrilltem Aal stieg Nobu in die Nase, und er merkte, wie hungrig er war.
Viel später tauchte Mori wieder auf, rot und glühend wie ein gekochter Oktopus. Dampf stieg in kleinen Wölkchen von seinem Kopf auf. Für eine Weile machte er es sich im Umkleideraum bequem, rauchte träge eine Pfeife nach der anderen und scherzte mit den anderen Gästen. Die Schatten wurden schon länger, als er endlich zum Gehen bereit war.
Nobu half ihm beim Ankleiden, folgte ihm die Straße entlang zum Haus zurück und versuchte nicht daran zu denken, wie ungewaschen und klebrig er sich fühlte. Erstaunt bemerkte er, dass Shige, Moris Mätresse, an der Tür stand. Sie war eine stattliche, gutherzige Frau mit großen Zähnen, stets umweht von einer Wolke Gesichtspuder und Haaröl.
»Da bist du ja, junger Nobu«, rief sie und nickte aufgeregt. »Du wirst nie erraten, was passiert ist. Du hattest Besuch! Eine vornehme Dame, eine Dienerin aus einem dieser großen Regierungshäuser. Sie hat eine Weile gewartet, aber du bist nicht zurückgekommen, und nun ist sie gegangen.«
Nobu starrte sie an. Wer um alles in der Welt hatte ihn besuchen wollen? Doch wohl nicht Okatsu, mit einer Nachricht von Taka? Setze keinen Preis für dein Dachsfell fest, bevor du den Dachs
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