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Die Tochter des Schmieds

Die Tochter des Schmieds

Titel: Die Tochter des Schmieds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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nicht, sagt Melike und muß gleichzeitig lachen.
    – Du lügst, sagt ihre Mutter, du lügst.
    – Nein, lacht Melike.
    Sie weiß, daß niemand ihr glauben wird, wenn sie so lacht, aber dieses Lachen, von dem sie nicht weiß, wo es herkommt, ist
     stärker als sie. Sie kann es nicht unterdrücken.
    Ihre Mutter geht noch einen Schritt auf sie zu, Melike macht die Tür auf. Die Luft ist eisig, sofort bekommt sie eine Gänsehaut,
     ihre Nackenmuskeln spannen sich, und sie beißt die Zähne aufeinander. Wenn ihre Mutter noch einen einzigen Schritt tut, wird
     sie rauslaufen.
    – Du kannst heute abend etwas erleben, sagt ihre Mutter und wendet sich ab. Sobald Arzu ihr den Rücken gekehrt hat, laufen
     Melike die Tränen herunter.
    Als sie wieder zu Hause sind, betet Gül zu Gott. Vergib mir, daß ich meine Oma mit kaltem Wasser übergossen habe. Der Teufel
     hat mir diese Idee in den Kopf gesetzt.
    Wenn Melike bockig ist oder etwas ausgeheckt hat oder sehr albern ist, sagt Timur immer:
    – Der Teufel hat dir wohl in die Nase gefurzt.
    Und genauso kommt Gül sich jetzt vor, als hätte der Teufel ihr in die Nase gefurzt und sie hätte sich an dem Geruch erfreut.
    – Wo ist Melike? fragt Timur beim Abendessen. Hat sie wieder etwas ausgefressen?
    Arzu erzählt, was passiert ist. Gül sieht ihren Vater an, während er zuhört. Sie wird nicht sagen, daß sie es war. Das würde
     nur dazu führen, daß er noch netter zu ihr ist und noch wütender auf Melike. Aber vielleicht ist er auch gar nicht wütend.
     Ganz kurz huscht ein Lächeln über sein Gesicht, als Arzu sagt:
    – Und dann hat sie das kalte Wasser über deine arme, alte Mutter gegossen.
    |138| Kurz, ganz kurz nur, sieht Timur aus wie ein kleiner Junge, der jemandem einen gelungenen Streich gespielt hat. Dann fährt
     er sich mit Daumen und Zeigefinger über seinen Schnurrbart, eine Geste, die Gül fremd vorkommt.
    – … hat sie sich selber angezogen und ist gegangen. Wir hatten sie noch gar nicht richtig gewaschen. Wegen ihr müssen wir
     nächste Woche noch mal ins Hamam, sie ist nicht sauber geworden.
    Wieder streicht der Schmied sich über seinen Schnurrbart, wobei die Hand seinen Mund verdeckt.
    – Die soll mir mal heimkommen, sagt er.
    Melike kommt durch den Stall in den Garten, und Gül schleust sie ins Zimmer, bevor sie jemand sehen kann.
    – Warst du bei Sezen? fragt Gül und deutet mit dem Kopf auf das Silberpapier in Melikes Hand.
    – Ja, sagt Melike.
    – Entschuldigung, sagt Gül.
    – Immer bin ich schuld, sagt Melike, und ihr steigen schon wieder Tränen der Wut in die Augen.
    Gül nickt, ja, es ist ungerecht, sie nimmt ihre Schwester in den Arm.
    – Vater wird dich nicht schlagen.
    – Das ist mir egal.
    – Ich weiß, sagt Gül, und auch ihr kullern leise die Tränen herunter. Bald liegen sie sich in den Armen und weinen gemeinsam,
     bis Gül sich zusammenreißt und aufhört.
     
    Einige Tage später soll Gül auf Emin achtgeben, während Arzu weg ist.
    – Es wird nicht lange dauern, sagt sie, doch Gül weiß, daß sie meist länger fortbleibt, als sie vorgehabt hat.
    Kurz nachdem Arzu gegangen ist, fängt Emin an zu weinen. Er liegt satt und frisch gewickelt auf dem Diwan, er müßte eigentlich
     schlafen, doch er schreit aus Leibeskräften und weint.
    Gül nimmt ihn auf den Arm, läuft mit ihm durch das Haus, |139| tätschelt seinen Rücken, doch Emin brüllt, daß die Adern unter der Haut durchschimmern. Wenn er schreit, wird sein Gesicht
     zunächst rosa, dann rot und schließlich violett. Erst wenn er Luft holen muß, bekommt er einen Stich ins Gelbliche, doch schon
     mit dem ersten Ton aus seinem Mund schillert er wieder rosafarben.
    – Ist schon gut, mein Kleiner, murmelt Gül, ist gut, mein Schatz, kein Grund zu weinen.
    Sie gibt ihm Küsse auf den Flaum auf seinem Kopf, doch Emin ist nicht zu beruhigen. Nach über einer Viertelstunde weiß Gül
     nicht mehr, was sie noch tun soll. Den Schnuller spuckt er aus, wenn sie ihn auf den Füßen schaukelt, schreit er noch mehr,
     essen mag er nicht, trinken auch nicht.
    Eine kurze Weile wird er still, Gül atmet durch, aber die Stille währt nur zwei Minuten, ihr Bruder scheint nur neue Kräfte
     gesammelt zu haben. Jetzt wird sein Kopf noch dunkler.
    Gül bekommt Angst. Was soll sie tun? Zu der Freundin ihrer Mutter mit dem Bruder auf dem Arm? Damit die Mutter dann sagt,
     daß sie nicht mal auf ein kleines Kind aufpassen kann? Gül bekommt Angst.
    Angst, eine alte Bekannte, die sie

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