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Die Tochter des Schmieds

Die Tochter des Schmieds

Titel: Die Tochter des Schmieds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Mutter, trödelt im Garten herum und ist erstaunt,
     wie still und leblos alles ist, wenn die anderen alle in der Schule sind. Sie ist es gewohnt, allein im Garten zu sitzen,
     doch auf einmal fühlt sie sich nicht mehr nur allein, sondern einsam.
    Eine Woche, nahezu eine Woche, vergeht so, es ist Freitag, die Männer sind mittags beim Freitagsgebet in der Moschee gewesen,
     gegen Abend klopft es an der Tür des Schmieds, und Melike öffnet. Als Gül Onkel Abdurahman in der Tür erkennt, läuft sie schnell
     weg. Sie läuft, ohne nachzudenken, geradewegs ins Zimmer, in das Onkel Abdurahman gleich gebeten werden wird. Wohin?
    Gül macht die Tür des Wandschranks auf, sie paßt gerade so hinein. Wenn sie die Knie ganz an die Brust zieht, das Kinn auf
     die Knie senkt, kann sie mit Mühe die Tür von innen geschlossen halten. Ihre Mutter hat gesehen, daß sie sich versteckt hat,
     aber ehe sie fragen kann, was das soll, steht schon Abdurahman im Zimmer und grüßt.
    – Ist Timur da? fragt er.
    – Ja, sagt Arzu, Melike, ruf deinen Vater mal aus dem Stall.
    Im Schrank kann Gül hören, wie Onkel Abdurahman im Zimmer herumgeht. Sie hat Angst, daß er sie entdecken wird, doch da erkennt
     sie schon die schweren Schritte ihres Vaters. Timur und Abdurahman begrüßen sich, Arzu geht Tee aufsetzen, Melike, Sibel und
     Nalan kommen ins Zimmer. Sie mögen den Mann mit dem Vollbart, der ihnen oft Süßigkeiten schenkt. Heute scheint er keine dabeizuhaben.
    |152| – Ich habe gehört, deine Tochter geht nicht mehr zur Schule, wendet er sich an den Schmied, ohne sich mit Höflichkeiten aufzuhalten.
     Er ist alt, ihm verzeiht man diese Direktheit.
    Abdurahman spricht sehr laut, als wisse er, daß Gül in der Nähe ist und zuhört. Vielleicht nickt der Schmied, Gül hört nur,
     wie Onkel Abdurahman nach einer Pause fortfährt:
    – Es ist noch nicht zu spät, wir können sie immer noch zur Schule schicken. Die kleine Sibel hier hat es ja auch geschafft,
     dabei hatte sie die ersten sechs Wochen verpaßt. Und sieh, sie ist in den meisten Fächern Klassenbeste. Und Gül ist auch ein
     kluges Mädchen, es ist keine Schande, daß sie bei den Abschlußprüfungen durchgefallen ist. Dieses Jahr wird sie bestimmt ein
     gutes Abschlußzeugnis bekommen. So etwas ist wichtig heutzutage. Die Zeiten ändern sich, bald werden alle die Mittelschule
     und sogar die Oberschule besuchen. Es wird immer mehr junge Menschen geben, die etwas lernen wollen, studieren. Die Zeiten
     ändern sich, Schmied, die Welt dreht sich, und wir werden sie unseren Kindern überlassen. Und dafür sollten die Kinder gut
     ausgebildet sein. Schmied, sagt er noch mal, aber Gül kommt es so vor, als würde er sie meinen.
    – Ja, sagt Timur, die Welt dreht sich, in der Stadt soll schon bald jeder Elektrizität haben, die Welt dreht sich, und man
     rechnet hin und her und versucht etwas auf die Seite zu legen, aber am Ende hat man nichts, das Wert hätte.
    – Schmied, ich rede über deine Tochter.
    – Ja, sagt er, ja, wir haben ihr nicht verboten, in die Schule zu gehen.
    – Sie braucht sich nicht zu schämen, daß sie sitzengeblieben ist. Gül sollte die Schule auf jeden Fall zu Ende bringen.
    Wo ist sie überhaupt? Warum stellt er diese Frage nicht? Gül tut der Arm weh, mit dem sie die Tür zuhält. Sie hört die kleine
     Melodie von Löffel und Glas, als die Männer den Zucker in ihren Tee rühren.
    Abdurahman trinkt in aller Ruhe seinen Tee aus, unterhält sich mit dem Schmied über dies und das, vergißt aber nicht, |153| immer wieder mal einzuflechten, daß Gül die Schule zu Ende machen sollte.
    Schließlich holt er aus seiner Tasche vier kleine Schokoladentafeln, die in Silberpapier eingewickelt sind, gibt jedem Mädchen
     eine, und die letzte gibt er Sibel und sagt: Das ist für deine Schwester.
    Güls Knie schmerzen, ihr Arm ist taub, ihr Rücken tut weh, sie horcht auf die sich entfernenden Schritte. Doch bevor sie weiß,
     ob sie schon hervorkommen kann, sagt ihr Vater:
    – Jetzt komm raus da, Gül.
    Sie haben nichts gesagt, denkt Gül, als sie die Tür des Wandschranks losläßt. Weder ihr Vater noch ihre Mutter. Ein Wort,
     ein Wort hätte genügt, und sie hätte vor Onkel Abdurahman gestanden und versprochen, ab Montag wieder in die Schule zu gehen.
     Sie wollen also nicht, daß sie die Schule beendet. Sie wird zu Hause bleiben.
     
    Als sie schließlich Ende September wieder ins Stadthaus ziehen, findet Gül es sehr langweilig, zu Hause zu sein. Jetzt

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