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Die Tochter des Schmieds

Die Tochter des Schmieds

Titel: Die Tochter des Schmieds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Würde sie auf dem Rücken liegenbleiben, oder würde sie sich auf den Bauch drehen? Auf den Bauch,
     entscheidet sie zuerst, aber dann könnte sie nicht sehen, wie die Decke sie erdrückt. Sie kann sich nicht entscheiden, und
     schließlich schläft sie doch noch mal ein, auf der Seite liegend, die Beine bis zur Brust angezogen.
     
    Es kommt ein Sommer, in dem Gül zuweilen vor Hitze nicht schlafen kann. Vielleicht ist es nicht die Hitze, vielleicht ist
     es dieser Geschmack im Mund nach schwarzen Daunen und etwas Metallischem. Vielleicht ist es nicht der Geschmack von Daunen
     oder von Blut oder von einer alten Münze, vielleicht ist es ein Geruch wie von bröckelndem, schlecht gewordenem Schafskäse.
     Es kommt ein Sommer, in dem Gül manchmal morgens aufwacht und glaubt, heute würde alles auseinanderfallen.
    Gül liebt den Sommer, die Zeit, in der sie so viel frei hat, in der sie mit den anderen in den großen Gärten herumstreifen
     kann. Die Zeit, in der ihr Vater sie manchmal mitnimmt, wenn er Insektenschutzmittel auf die Bäume sprüht mit einer Maschine,
     die er sich auf den Rücken schnallt. Gül muß dann abseits stehen und trägt die große Dose mit dem Schutzmittel. |198| Die Zeit, in der man nicht frieren muß, in der die Wäsche schneller trocknet, die Zeit, in der abends manchmal die ganze Straße
     Radio hört. Gül mag den Sommer, doch dieses Jahr kommt er ihr vor wie eine Zeit der Auflösung.
    Melike und Sibel spielen oft mit Yıldız, während Gül sich nicht so gut versteht mit dem Mädchen, das Onkel Abdurahman diesen
     Sommer im Haushalt hilft. Möglicherweise liegt es daran, daß Yıldız elf oder zwölf Jahre alt ist, während Gül bald fünfzehn
     wird. Mittlerweile sagen fast alle Kinder auf der Straße Gül Abla zu ihr, sie ist eine junge Frau, und alle paar Wochen hält
     ein anderer Mann um ihre Hand an. Würden die Männer jemanden zu Gül schicken, so wie Timur seinerzeit seine Schwester zu Fatma
     geschickt hat, würden sie erzählt bekommen, daß Gül tatsächlich schon knospende Brüste hat.
    Und sie hat, anders als ihre Mutter in ihrem Alter, bereits zweimal ihre Tage bekommen. Beim erstenmal ist sie bei Esra, als
     sie auf das Klo geht und das Blut sieht. Leise schleicht sie ins Nähzimmer und sagt:
    – Esra Abla, ich bin krank, ich muß nach Hause.
    Und Esra sieht Gül aufmerksam an, zieht die Augenbrauen zusammen und fragt:
    – Blutest du?
    Gül sieht zu Boden.
    – Weißt du nicht, was das ist?
    Gül gibt keine Antwort.
    – Das wirst du von nun an öfter haben, du bist jetzt eine Frau geworden, du bist nicht krank.
    Und sie erklärt Gül, daß alle Frauen Tücher benutzen, um das Blut aufzufangen. Gül fragt sich, warum sie dann noch nie die
     Tücher ihrer Mutter gesehen hat.
    Von diesem Tag an wäscht Gül ihre Tücher heimlich, wie ihre Mutter es wohl auch tut, und verliert kein Wort darüber.
    Es ist bekannt, daß sie fleißig ist, tüchtig, und außerdem kann sie nähen. Daß ihre Nase schief zusammengewachsen ist, interessiert
     niemanden. Die Männer sind nicht auf Schönheit aus, eine Frau muß kochen können und einen Haushalt führen.
    |199| In der Öffentlichkeit spricht Gül nicht viel, was ihr als vornehme Zurückhaltung ausgelegt wird, als eine Form der Reife.
     Sie weiß nicht, warum die meisten das Offensichtliche nicht sehen: Sie ist schüchtern.
    Fünf junge Männer kommen im Laufe des Sommers mit ihren Eltern, doch Gül möchte noch nicht von zu Hause weg. Es fällt ihr
     nicht schwer, bei jedem einen Vorwand zu finden, warum er ihr nicht gefällt. Doch in Wirklichkeit haben sie alle denselben
     Makel: Sie sind Fremde.
    Güls Vater lächelt jedesmal, wenn sie einen ablehnt, er setzt sie nicht unter Druck, wie andere Väter das tun.
    – Ich werde dir einen schmieden müssen, sagt er eines Tages. Du hast an allen etwas auszusetzen.
    Doch er sagt es mit einem gutmütigen Lächeln und unterdrücktem Stolz.
     
    Timur hat eine Tür für Abdurahmans Sommerhaus geschmiedet, eine Tür mit Schnörkeln und Verzierungen, die beweist, daß er sein
     Handwerk versteht und nicht nur ein besserer Hufschmied ist.
    – Wer hat die Tür gemacht? fragt der Glaser, als er kommt, um auszumessen, wie groß die Scheibe sein muß.
    – Wieso fragst du? will Abdurahman wissen.
    – Bei manchen Türen muß man aufpassen, sagt der Glaser, da setzt man das Glas ein, und es hat noch ein wenig Spiel an irgendwelchen
     versteckten Stellen. Wenn dir die Tür mal heftig zuknallt,

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