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Die Tochter des Teufels

Die Tochter des Teufels

Titel: Die Tochter des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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in mir! Und ich habe Helena. Du wirst unsterblich sein, Niki …«
    An einem sonnigen Maitag betrat Nadja Gurjewa den Boden Frankreichs. Das Ziel ihrer langen Reise, um den halben Erdball herum, war erreicht.
    Und sie brachte nichts mit als sich, ihr Kind und das Bild Nikolais … und ihr heißes Herz und den wilden Mut, zu leben.
    Zu leben in der Stadt des Lichtes. In Paris.
    Du wirst Paris erobern, Nadjuscha … das waren die letzten Worte Nikolais. Paris wird dir zu Füßen liegen …

ZWEITER TEIL

11
    »Sie bekommen fünfhundert Francs extra, wenn Sie mir den Weg zur Garderobe zeigen«, sagte Gérard Cassini, lehnte sich in seinen Sessel zurück und sah wieder auf die Bühne. Um sein Angebot zu bekräftigen, holte er eine Brieftasche aus feinstem Krokodilleder aus seinem Frack, entnahm ihr eine Fünfhundertfrancnote, legte sie auf den Tisch und schob sein Sektglas darüber.
    Der Oberkellner Pierre Bonnet drückte das Kinn an den Kragen, bekam feuchte Hände und schwieg.
    Auf der mit Straußenfedern und goldenem Flitter dekorierten Bühne geschah gerade etwas, was seit Monaten ganz Paris in Atem hielt. Über dem Eingang des weltberühmten Moulin Rouge schrie es als riesiges Leuchtplakat in die Nacht; die elegantesten Kavaliere lockte es an, als seien sie Motten, die zum Licht fliegen.
    Es tanzt La Russe.
    Der große Star des Moulin Rouge, dem Paris zu Füßen liegt.
    La Russe, die Geheimnisvolle. Die schönste Frau der Welt, die niemand kennt.
    La Russe, die die Herzen verhext.
    »Es gibt Dinge, Monsieur Cassini, die man auch mit Geld nicht kaufen kann«, sagte der Oberkellner Bonnet und goß dabei neuen Champagner in das Glas, unter dem die fünfhundert Francs lagen.
    »Das ist eine Sage, Pierre.« Der Mann in dem eleganten Frack griff wieder in die Tasche und legte eine neue Banknote auf den Tisch. »Lassen Sie La Russe den schönsten Strauß roter Rosen bringen, den Sie auftreiben können. Und in der Pause führen Sie mich hinter die Bühne.«
    »Die Rosen werden sofort besorgt – das andere ist unmöglich.« Oberkellner Bonnet stellte die Champagnerflasche in den Eiskühler zurück. »Ich wäre morgen arbeitslos, Monsieur. Ich flöge sofort aus meiner Stellung. Und Frankreich hat so viel Arbeitslose, daß man auf mich ohne Zögern verzichten könnte.«
    »Ich engagiere Sie als Diener, Bonnet.« Cassini starrte auf die hell erleuchtete Bühne. In einem Meer von Straußenfedern, die von fast völlig nackten Girls wie wogende Wellen geschwenkt wurden, tanzte, als einzige bekleidet, eine berauschend schöne Frau. Ihr langes Abendkleid aus einem grünschillernden Stoff umschloß den schlanken Leib wie eine Schlangenhaut. So eng war dieses Kleid, daß man das Spiel der Muskeln darunter sah, wenn sie sich im Rhythmus der Musik bewegte. Mehr tat sie nicht … sie stand inmitten der Pfauenfeder-Girls, eine goldene Maske vor dem schmalen Gesicht, die langen schwarzen, bis zu den Hüften reichenden Haare aufgelöst, und ihr Körper bewegte sich wie eine Schlange, ein grandioses Spiel von Muskeln und Formen war es, die Demonstration einer Schönheit, die Musik trinken kann und sie durch alle Muskeln rinnen läßt wie einen feurigen Strom.
    Gérard Cassini klatschte laut, als die Musik schwieg und die herrliche Frau starr, das Gesicht mit der goldenen Maske stolz erhoben, in den Saal blickte. Dann gingen alle Lichter aus, nur ein einsamer Scheinwerfer tauchte La Russe in einen Lichtkegel, sie hob die Arme … und jetzt begann sie zu gehen, nur zu gehen … aber es war wie das lautlose Schleichen einer Wildkatze …
    Nichts rührte sich im Saal … das Muskelspiel dieser fleischgewordenen Göttin wirkte wie eine Hypnose.
    La Russe tanzte dem Höhepunkt entgegen … wie eine Schlange, die sich schälen will, begann ihr Körper zu zucken und sich zu winden, unruhig glitten ihre Hände über den schillernden Leib, die Musik wurde wilder und wilder, die schwarzen Haare flogen wie zerfetzte Schleier … und dann griffen die vor Erregung zitternden Finger an den Ausschnitt des Kleides, sie zogen und zerrten daran, als ersticke diese herrliche Frau in der engen, glitzernden Haut … ein Trommelwirbel … in dem maskierten Gesicht riß der Mund auf, ein stummer Schrei war es, aber jeder im Saal hörte ihn und zuckte unter ihm zusammen, so nah, so greifbar war jedem diese nach Befreiung schreiende Schlange … Wann zerreißt sie das Kleid … wann fetzt sie diese enge Haut herunter … jetzt, mein Gott, jetzt … wie sie zittert

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