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Die Tochter des Teufels

Die Tochter des Teufels

Titel: Die Tochter des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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breiten Küchentisch. Die Köchin kreischte auf, als man ihren blutenden Herrn durch die Hintertür hereintrug und General de Polignon mit seinem Spazierstock alles, was auf dem Tisch stand, auf den Kachelboden fegte.
    »Tücher her!« brüllte er, rannte zur Tür und schrie in das stille Haus hinein. »Personal her! Diener! Bettücher, Handtücher und Laken, schnell! Und sie –«, er wandte sich wieder an die Köchin, die zitternd, die Hände gefaltet, neben dem Herd stand und Stanislas und die starre Nadja anblickte, »Sie bringen Wasser! Kochendes Wasser! Verdammt, steht nicht so herum!«
    Der Diener und ein Stubenmädchen stürzten in die Küche, die Arme voll Laken und Handtücher aus Frottierstoff. Vorsichtig hoben der Arzt, Baron de Signy und der alte General den Körper Stanislas' hoch, und der Diener deckte die Laken und die Handtücher über den Tisch.
    Von diesem Augenblick an war es still. Wie versteinert stand das Personal an den Wänden; Nadja saß neben dem Tisch auf einem Stuhl, General de Polignon hatte seinen schwarzen Gehrock ausgezogen und half in Hemdsärmeln dem Arzt. Baron de Signy stand an der Hintertür. Draußen, im Wirtschaftshof, wartete Jean Gabriel. Er stand neben seinem Wagen und starrte auf die Küchenfenster, aber er wagte es nicht, das Haus zu betreten. Mit leerem Blick starrte er geradeaus und dachte an Nadja, die jetzt neben dem Sterbenden saß.
    Ich habe sie verloren, endgültig verloren, dachte er. Nicht Stanislas habe ich ins Herz geschossen, sondern mir selbst. Ich habe mich getötet.
    »Die Kugel ist noch drin!« sagte der ehemalige Oberstabsarzt und legte die Sonde zur Seite, mit der in der Wunde herumgetastet hatte. »Sie ist von einem Rippenbogen abgeprallt und hat die Herzspitze verletzt. Und dort sitzt sie nun. Wenn man sofort operieren könnte …«
    »Wer hält Sie davon ab, Oberstabsarzt?« fragte de Polignon steif. »Sie haben doch alles bei sich.«
    »Aber doch nicht, um den Thorax zu öffnen!«
    »Wieso? Auf was waren Sie denn eingestellt?«
    »Auf Fleischwunden. Die Öffnung des Thorax, die Operation am freiliegenden Herzen, meine Herren, das ist eine Operation, die nur die größten Chirurgen beherrschen, und selbst denen mißlingt sie zu neunzig Prozent. Vielleicht könnte es Professor Latour … aber Monsieur Stanislas ist auf keinen Fall mehr transportfähig.«
    »Das heißt … er muß sterben!« sagte Nadja klar. Der Klang ihrer Stimme ließ alle zusammenzucken. General de Polignon exerzierte nervös mit seinem Spazierstock. Der Arzt schwieg. Die Köchin begann zu schluchzen.
    Durch die Hintertür kam, gegen den stummen Widerstand des Barons de Signy, der einfach zur Seite gedrückt wurde, eine staubbedeckte, schwitzende Gestalt. »Kann ich helfen?« fragte sie.
    Nadja sah sich um. »Boris Michailowitsch … er stirbt … er muß sterben, weil ihn niemand operieren kann …« Sie lehnte den Kopf gegen die Tischkante. Die kalte, blasse Hand Stanislas' lag neben ihr. »Was soll ich tun? Mein Gott, was soll ich tun? Wenn jetzt Väterchen hier wäre! Er würde ihn retten können, glaubst du es? Väterchen Grigori würde ihn retten! Er konnte es!«
    Saparin schwieg. Hier half auch kein Rasputin mehr, dachte er.
    »Was geschieht?« fragte de Polignon knapp.
    »Wir müssen warten und beten!« sagte der Arzt. »Es ist fürchterlich, Messieurs, aber Schicksal …«
    »Ich werde fliegen«, sagte Saparin und starrte auf das gelblich werdende Gesicht Stanislas'. »Auf zehn Strafmandate kommt es nicht mehr an, und wenn ich meine Lizenz als Taxifahrer verliere, auch gut! Ich hole Professor Podolskij …«
    »Wer ist Professor Podolskij?« fragte der ehemalige Oberstabsarzt laut.
    »Wladimir Diogenowitsch Podolskij war der Chef der Krankenhäuser von Sewastopol! Wenn der Zar auf der Krim war, betreute er den Zaren und den Zarewitsch. Dreimal hat er Stichverletzungen am Herzen genäht … immer nach einem Duell!«
    »Hier ist eine Kugel, die entfernt werden muß! Da hilft auch Ihr Professor Wladimir Dio – Himmel noch mal, wer soll den Namen aussprechen!« Der Oberstabsarzt stand in strammer Haltung vor dem Sterbenden. »Seien wir stark genug, Schicksale zu ertragen. René Stanislas stirbt wie ein Held in vorderster Front.«
    »Damit ist ihm nicht gedient.« Nadja sprang auf, der Stuhl polterte auf den Kachelboden. »Boris Michailowitsch … holen Sie Professor Podolskij! Schnell! Schnell! Laß dir Flügel wachsen, Borja …«
    Saparin schluckte. Borja, dachte er. Sie

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