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Die Tochter des Teufels

Die Tochter des Teufels

Titel: Die Tochter des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Fehler ein, und Nadja mußte ihn suchen. Der Wagen blieb plötzlich stehen und gab keinen Laut mehr von sich.
    »Du bist ein Lump, Boris Michailowitsch!« rief Nadja lachend aus dem Fenster, bückte sich und drehte den Benzinhahn wieder auf. »Man muß klüger sein, um eine Nadja Gurjewa zu übertölpeln!«
    Kurzum … es fehlte nicht an Ablenkung nach den Tagen und Wochen der Verzweiflung. Auch Moulin Rouge meldete sich wieder mit einem verlockenden Angebot. Aber Nadja lehnte ab. Sie wollte nicht mehr tanzen. »Mein Körper gehört mir!« sagte sie entschieden, als Saparin sie ein ›dummes Vögelchen‹ nannte. »Ich kann uns anders ernähren als durch Schmierigkeiten.«
    So war das Leben Nadjas im herbstlichen Paris, als sie mit der kleinen Helena den Zirkus Orlando besuchte. Es war die Nachmittagsvorstellung, Hunderte von Kindern saßen um die Manege, die Kapelle spielte, von den Stallungen wehte der herbe Geruch exotischer Tiere in die große Halle. Ein dummer August schoß Purzelbäume durch den mit Sägemehl vermischten Manegensand, und die Kinder jubelten und klatschten.
    Dann rollte die Vorstellung ab. Rassige Pferde tanzten, Seelöwen balancierten mit bunten Bällen, unter dem Hallendach flogen Trapezkünstler über- und untereinander von einem schwingenden Trapez zum anderen, ein Zauberer holte Tauben aus einem Zylinder und ließ eine Frau in einer Kiste verschwinden. Jongleure zauberten Schwerelosigkeit mit flammenden Fackeln, Chinesen drehten Teller auf dünnen, biegsamen Bambusstöckchen, dann marschierten die Elefanten ein, graue Kolosse aus der Urzeit, und Helena staunte mit offenem Mund über diese Tiere mit den langen Nasen, wie sie Nadja zuflüsterte.
    In der Pause bauten die Zirkusarbeiter einen Gitterkäfig in der Manege auf. »Was kommt jetzt?« fragte Helena. »Mamuschka, kommen jetzt die wilden Tiere?«
    »Ja, mein Engel, gleich kommen die Löwen.«
    Die Lichter in der Halle erloschen. Nur der große runde Käfig lag im gleißenden Scheinwerferlicht. Eine Stimme aus der Dunkelheit, die über viele Lautsprecher dröhnte, sprach zu den Besuchern.
    »Und jetzt sehen Sie die beste Löwendressur der Welt. Orlandos in der Freiheit geborene und von Frank Castor dressierte Berberlöwen. Achten Sie auf den Löwen mit der dunklen Mähne. Vor einem Jahr lebte er noch im Atlasgebirge. Frank Castor hat ihn selbst gefangen und dressiert.«
    Ein Scheinwerfer schwenkte zu einer Tür im Gitterkäfig. Lächelnd betrat ein schlanker mittelgroßer Mann die Manege und verneigte sich. Er trug hohe braune Stiefel, weiße Reithosen und ein blütenweißes Hemd. Auf den blonden Haaren saß keck, etwas nach hinten in den Nacken geschoben, ein weißer Tropenhelm. In der Hand hielt er eine Lederpeitsche und eine hölzerne Stange.
    Nach dem Applaus peitschte er durch die Luft, es knallte wie ein Pistolenschuß, ein Zirkusdiener klappte die Tür zum Laufgang auf … und da hörte man schon von draußen das dumpfe Brüllen der Raubtiere und das Klappern des Laufgangs, wenn ihre schweren Körper gegen die Gitter prallten.
    »Sie kommen, Mamuschka …«, flüsterte Helena aufgeregt. »Die Löwen kommen …«
    Es waren neun mächtige Berberlöwen mit breiten, zottigen Mähnen, keine Veteranen, sondern junge Löwen, die noch von der Freiheit ihrer afrikanischen Bergschluchten träumten. Brüllend trabten sie in die Manege und sprangen auf ihre breiten Holzpodeste, dehnten die Muskeln, schüttelten die Köpfe, rissen die Mäuler auf und zeigten ihre Reißzähne.
    Frank Castor, der Dompteur, stand in der Mitte der Manege und wartete ruhig, bis jeder Löwe seinen Platz eingenommen hatte. Dann rollte er die Podeste zu einer Pyramide zusammen und schlug mit der Peitsche in den Sand. Der Löwe mit der dunklen, fast schwarzen Mähne, den der Sprecher vorhin genannt hatte, sprang in den Sand und kam langsam, schleichend fast, mit glitzernden grünen Augen auf Castor zu.
    »Macht er ihn jetzt tot?« flüsterte Helena heiser.
    »Pst!« mahnte Nadja. Gebannt starrte sie auf den Löwen, der unaufhaltsam näher kam, unbeeindruckt von den Kommandos, die ihm Frank Castor zurief. Zwei Meter vor seinem Dompteur duckte er sich. Totenstill war es in der weiten Halle … Zwei Feuerwehrleute standen dicht am Gitter. In den Händen hielten sie zwei Spritzen, bereit, sofort die Hähne zu öffnen und mit Wasserdruck die Löwen in Schach zu halten, wenn sie gefährlich wurden.
    »Ali … hierher!« rief Frank Castor. »Ali! Allez! Ali!«
    Der herrliche

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